Berlin/Düsseldorf – Armin Laschet trat nicht vor die Kameras. Landtagswahl-Ergebnisse würden schon immer durch die Generalsekretäre bewertet, heißt es bei der CDU. Eine Verabredung, die dem neuen Parteivorsitzenden durchaus recht sein dürfte. Der Aspirant auf die Kanzlerkandidatur bei der Union nahm sich am Sonntag Zeit, sich in seinem Berliner Büro auf die Gremiensitzungen am nächsten Tag vorzubereiten. Außerdem steht am Montagabend ein wichtiger TV-Termin an. Der Ministerpräsident von NRW ist Gast in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Laschet?“. Ein Auftritt, der gut geplant sein sollte.
Was bedeuten die Landtagswahlergebnisse in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg für die Karriere-Pläne von Armin Laschet? Bei den ersten Wahlen, nachdem der Politiker aus Aachen die Wahl zum CDU-Vorsitzenden gewonnen hatte, schrammte die CDU an einem Debakel vorbei. Die Raffke-Affären in der Unionsfraktion im Bundestag waren alles andere als Rückenwind für die christdemokratischen Spitzenkandidaten Susanne Eisenmann und Christian Baldauf. Bis zuletzt hatten die Wahlkämpfer in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf Hilfe durch die Briefwahl gehofft. Viele Stimmen waren schließlich weit vor Bekanntwerden der Masken- und der Aserbaidschan-Lobbyismusaffäre abgegeben worden. Aber auch ohne Skandale war die Ausgangslage für die Partei von Armin Laschet in beiden Ländern schwierig.
Wird Laschet auch Kanzlerkandidat der Union?
Normalerweise wären die Landtagswahlen nach dem Wechsel im Parteivorsitz die erste Bewährungsprobe des neuen Vorsitzenden, sagte Thomas Jäger, Professor für Politikwissenschaft an der Kölner Universität, dem „Kölner Stadt-Anzeiger . Das sei diesmal aber anders. „Die schlechten Ergebnisse werden entweder den Tumulten um »Beraterhonorare« zugerechnet oder den Misserfolgen bei der Corona-Politik.“ Laschet werde „nicht böse darüber sein, das Ergebnis mit Blick auf die Corona-Politik der Bundesregierung und das Verhalten einiger Bundestagsabgeordneter erklären zu können“. Die CDU habe „dann wegen Spahn, Altmaier, Nüßlein und Löbel“ verloren – und nicht wegen des neuen CDU-Chefs.
Fest steht: Nach den Landtagswahlen wird in der Union jetzt schnell die alles entscheidende Frage in diesem Superwahljahr gestellt werden. Wird Laschet auch Kanzlerkandidat der Union? Oder überlässt er diese einmalige Chance dem CSU-Chef Markus Söder? Aus dem Konrad-Adenauer-Haus verlautet, Laschet wolle die Kanzlerkandidatur unbedingt übernehmen.
„Froh, dass wir Armin Laschet dabei an der Spitze haben“
Der schärfste Konkurrenz in der K-Frage, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, prescht nicht nach vorn, hält die Debatte aber fleißig am Kochen. Der CSU-Politiker hätte wohl dann eine große Chance, die Kandidatur angetragen zu bekommen, wenn es in der CDU eine nennenswerte Opposition gegen Laschet geben würde. Die Merz-freundliche CDU in Baden-Württemberg sollte nach der Schlappe nicht mehr die Autorität besitzen, einen Aufstand zu organisieren. Im größten CDU-Landesverband NRW stehen die Reihen dicht geschlossen hinter dem Ministerpräsidenten.
Herbert Reul, NRW-Innenminister und Chef der CDU-Region Bergisches Land, stellte im Gespräch mit unserer Redaktion klar: „Armin Laschet ist und bleibt ein hervorragender Kanzlerkandidat. Daran haben die Ergebnisse vom Sonntag nichts geändert.“ Gegen starke amtierende Ministerpräsidenten habe die CDU es natürlich schwer. Deshalb müsse man diese Landtagswahlen losgelöst von der Bundesebene betrachten. „Natürlich hat uns als Union das Fehlverhalten mancher Parteifreunde bundesweit geschadet.“ Es sei „gut und richtig“, dass Armin Laschet hier „konsequent eingegriffen“ habe. „Den Schaden konnte er damit natürlich nur noch begrenzen. Jetzt geht es darum, Glaubwürdigkeit und Vertrauen für die CDU zurückzugewinnen. Ich bin froh, dass wir Armin Laschet dabei an der Spitze haben“, sagte Reul.
Die Corona-Politik gilt als Grund
Oliver Wittke, Vorsitzender des CDU-Bezirks Ruhr, sieht das ähnlich. „Der Wahlausgang hat mit den Unebenheiten in der Corona-Politik zu tun“, sagte der Politiker aus Gelsenkirchen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In Baden-Württemberg sei „die schlechte Performance der Landespartei“ hinzugekommen. „Armin Laschet kann man das Ergebnis der Länderabstimmungen jedenfalls nicht in die Schuhe schieben.“
Nützt die Schlappe Laschet möglicherweise sogar? Eine Idee, die Isabelle Borucki, Politikwissenschaftlerin von der „NRW School of Governance“ an der Uni Duisburg-Essen, nicht für abwegig hält. „Die Masken-Affäre bietet Laschet die Chance, von seiner eigenen Performance nach der Wahl als CDU-Chef abzulenken. Ohne den Skandal wären die Wahlergebnisse wohl auch mit ihm nach Hause gegangen“, sagte Borucki dem „Kölner-Stadt-Anzeiger. Man hätte kritisieren können, der „Laschet-Effekt“ sei ausgeblieben: „Durch die Masken-Affäre kann er sich jetzt als Aufklärer in Szene setzen. Das dürfte ihm innerhalb der CDU sogar eher den Rücken stärken“, so die Politologin.
Laschet hatte schon vor der Wahl kundgetan, dass die Ergebnisse der Landtagswahlen nicht auf sein Konto gingen. Schließlich sei er noch nicht einmal 100 Tage Parteichef. Grundsätzlich wollen Bundespolitiker und Bundesparteichefs nicht in Mithaftung für Ergebnisse in den Ländern genommen werden. Aber dass die Bundespolitik keine Auswirkung auch auf die Bundesländer hätte, stimmt erfahrungsgemäß eben auch nicht.Gerade die CDU in Baden-Württemberg hatte das vor zehn Jahren schmerzhaft zu spüren bekommen, als kurz vor der Landtagswahl der Super-GAU in Fukushima das alles beherrschende Thema war. Die Atompolitik der Kanzlerin und damaligen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel galt als bitter gescheitert. Die Grünen mit Winfried Kretschmann an der Spitze brachen die jahrzehntelange Regentschaft der CDU. Davon hat sich die Südwest-CDU bis heute nicht erholt. Und nun ist sogar fraglich, ob sie bei einem Wahlsieg von Kretschmann nicht ganz aus der Regierung fliegt, wenn der die Christdemokraten gegen SPD und FDP austauschte, um für den Bund ganz neue Perspektiven zu eröffnen.
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Eine Fortsetzung der Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz unter Malu Dreyer (SPD) als Ministerpräsidentin wäre weiteres Wasser auf diese Mühlen. Zumindest erschien es als unwahrscheinlich, dass Dreyer im Falle eines Wahlsieges ihre bisherige Koalition aufgeben und ein Bündnis mit der CDU eingehen würde. Ebenso, dass Baldauf eine Chance hätte, selbst Ministerpräsident zu werden. In der CDU heißt es, es wäre schon eine Schadensbegrenzung für Laschet, wenn die CDU in Baden-Württemberg am Regierungsruder bliebe.
Ein bisschen Wehmut kam in der Partei schon in den vorigen Wochen in Erinnerung an 2017 auf. Damals startete das kleine Saarland mit der damaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem mehr als 40-Prozent-Sieg in das Superwahljahr. In Schleswig-Holstein nahm danach Daniel Günther der SPD die Staatskanzlei ab und mit diesem Rückenwind gewann Laschet in NRW gegen die SPD.
Der zweite und letzte Test vor der Bundestagswahl am 26. September wird die Landtagswahl Sachsen-Anhalt im Juni sein. Übernimmt Laschet die Kanzlerkandidatur, wird sehr genau wahrgenommen werden, welchen Einfluss sein Wirken bei der einzigen Landtagswahl im Osten hat.
Und dann ist er auch schon deutlich länger als 100 Tage CDU-Chef.