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Oster-Debakel, MaskenaffäreCDU in der Krise – Armin Laschets großer Absturz

Lesezeit 6 Minuten
Laschet Header CDU

Armin Laschet

  1. Die Umfragewerte der Union sinken angesichts der Corona-Politik und der Maskenaffäre.
  2. Armin Laschet ist auf der Skala der beliebtesten Politiker der große Verlierer.
  3. Zwei Monate nach seiner Wahl ist der neue Parteichef in der Krise.

Köln/Düsseldorf – Der Moment des Triumphs ist noch nicht so lange her. Der digitale CDU-Parteitag in den leeren Berliner Messehallen endet mit den Klängen der Nationalhymne, und Armin Laschet lächelt. Er hat gewonnen. Der NRW-Ministerpräsident ist neuer Vorsitzender der CDU. Mit einer emotionalen Rede hat er seinen ärgsten Widersacher Friedrich Merz, aber auch den zweiten Konkurrenten, Norbert Röttgen, klar aus dem Feld geschlagen. Auch der Weg ins Kanzleramt scheint damit geebnet.

Eine der schwersten politischen Krisen

Zweieinhalb Monate später steckt Armin Laschet in einer der schwersten Krisen seiner politischen Karriere. Die Einbindung seines Konkurrenten Merz in die Parteiarbeit, die viele Beobachter nach dem Sieg Laschets in der Stichwahl am 16. Januar als größte Baustelle des neuen CDU-Chefs sahen, ist mittlerweile sein geringstes Problem. Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem Berg von Pleiten, Pannen und Planlosigkeit, der sich vor dem Aachener aufgetürmt hat.

Die Masken-Affäre in der CDU/CSU, die schweren Fehler im Corona-Krisenmanagement der unionsdominierten Bundesregierung, dazu die miserablen Umfragewerte setzen Laschet gewaltig unter Druck. Im jüngsten „Politbarometer“ der Forschungsgruppe Wahlen stürzt Laschet auf der Beliebtheitsskala ab und landet nur noch auf Platz sieben. Die CDU muss zudem ihren bislang unangefochtenen Spitzenplatz im Parteienranking erstmals an die Grünen abgeben.

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Laschet Runde

Armin Laschet nimmt im Bundesrat an der Sitzung der Länderkammer teil. 

Eine Momentaufnahme, gewiss. Aber für Laschet als den neuen Frontmann seiner Partei gleichwohl ein Menetekel. Von ihm, der sich so gerne in der Rolle des Moderators und Brückenbauers sieht, werden plötzlich ganz andere Eigenschaften verlangt: Kampfgeist, Führung. Und damit Härte.

Debakel der „Osterruhe“

In der Union rumort es spätestens seit der jüngsten Bund-Länder-Runde, die auf die Idee der „Osterruhe“ kam. Aus Sicht mancher Abgeordneter und Funktionsträger geraten Laschets Karrierepläne in Gefahr. Gerade jetzt müsste er seinen Führungsanspruch deutlich machen und mit Blick auf die Bundestagswahl im September klare Kante vorgeben. Der Ruf nach einem Befreiungsschlag wird lauter.

Doch Laschet zaudert. In knapp zehn Wochen als Parteichef hat er seine Rolle noch nicht gefunden. Die direkte Konfrontation mit der Kanzlerin meidet er, obwohl Merkel in den letzten Monaten ihrer Amtszeit, zunehmend erschöpft von der Corona-Dauerkrise, immer mehr als „Lame Duck“ erscheint.

Als Laschet Ende Februar gefragt wurde, ob es nicht angebracht wäre, im Streit über Lockdown und Lockerungen eine klare Ansage zu machen, antwortete er im ZDF: „Ich bin nicht bereit, diese ernsthafteste Krise, in der unser Land seit 70 Jahren steht, parteipolitisch zu missbrauchen.“ Das sollte heißen: Erst das Land, dann die Partei. Mancher in der CDU sieht das angesichts des dramatisch schwindenden Rückhalts für die Union und der quälenden Frage der Kanzlerkandidatur anders.

Gereizt und missmutig

Laschets Auftritt im Düsseldorfer Landtag am Mittwoch hatte da fast etwas Sinnbildhaftes: Gereizt und missmutig verteidigte der Regierungschef im Plenum zunächst die „Osterruhe“ – um wenig später, nach Merkels überraschender Rolle rückwärts, dankbar die Kurskorrektur der Kanzlerin zu loben. Das Desaster um die Beschlüsse der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten und -präsidentinnen aus der Nacht zum Dienstag hat auch die CDU Nordrhein-Westfalens in vorösterliche Unruhe versetzt. In der Landtagsfraktion wird befürchtet, dass sich der NRW-Regierungschef nicht mehr aus dem Abwärtsstrudel der Bundesregierung befreien kann. „Der Armin muss so schnell wie möglich aus dem sinkenden Boot aussteigen und sich von Merkel emanzipieren“, sagt ein Mitglied des CDU-Landesvorstands.

Laschet mit Tafel

Armin Laschet zeigt Anfang März eine Infotafel, die Lockerungen und Verschärfungen der Corona-Politik erläutert.

Aber wie? Etwa durch einen Wechsel ins Bundeskabinett? Dieses Szenario gilt als äußerst unwahrscheinlich und behagt in Düsseldorf nur wenigen. Vor zwei Wochen wurden die Chancen für eine solche Option von einem Mitglied des Landesvorstands mit lediglich zehn Prozent bewertet. Auch der Bonner Politikwissenschaftler Volker Kronenberg rät von einem vorzeitigen Wechsel nach Berlin ab: „Laschet ist klüger und erfahrener als seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Deren Fehler war es, als CDU-Vorsitzende ein Ministeramt im Bund zu übernehmen und sich damit in die Kabinettsdisziplin unter Merkel einbinden zu lassen.“

Markus Söder bleibt Laschets Gegner in der K-Frage

Nach der Wahl zu Kramp-Karrenbauers Nachfolger war allen im Laschet-Lager eigentlich klar: Als Gegner im Kampf um die Kanzlerkandidatur wartet nun Markus Söder, der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident. Noch immer gilt, dass die beiden Kontrahenten die K-Frage zwischen Ostern und Pfingsten untereinander klären wollen. Dabei gehe es darum, wer die „größten Erfolgsaussichten“ habe, „und das bemisst sich nicht an Umfragen“, erklärt Laschet mantra-artig. Aber womöglich geht es in erster Linie gar nicht mehr darum, welcher Unionspolitiker nächster Kanzler werden soll. Sondern darum, ob die Union die Wahl überhaupt noch gewinnen kann.

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Wie groß ist Laschets Anteil an der rasanten Talfahrt seiner Partei? Der Kölner Politik-Professor Thomas Jäger vertritt dazu eine klare Auffassung: „Laschet hat es verpasst, nach den Wahlniederlagen der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Führung zu übernehmen. Das wäre nur gelungen, wenn er darauf gedrungen hätte, das Kabinett in Berlin umzubilden. Als Symbol eines politischen Neuanfangs und der Emanzipation von Merkel hätte er damit zugleich Führungsstärke gezeigt“, sagt der Wissenschaftler im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Beim »Osterruhe«-Debakel gehörte er in den Beratungen der Länderchefinnen und -chefs mit der Kanzlerin nicht einmal zum engen Kreis“, gibt Jäger zu bedenken. Merkel bleibe deshalb „das Gesicht“ der CDU. Laschet habe zudem dokumentiert, dass er nicht verstehe, wie die deutsche Wirtschaft organisiert sei. „Sonst hätte es den Beschluss selbst zu nachtschlafender Stunde nicht geben können“, so Jäger.

Laschets Schicksal hängt am Umgang mit Corona

Laschets Schicksal scheint mehr denn je eng an die Entwicklung der Pandemie gekoppelt zu sein. Über das Schneckentempo der Impfkampagne sind insbesondere Ältere, die sehnlichst auf einen Termin warten, tief enttäuscht. Viele von ihnen sind Stammwähler der Union. Bleiben sie trotz aller Empörung über das Impfchaos loyal? Oder kehren sie der Partei, der sie jahrelang vertraut haben, den Rücken?

„Sollte die dritte Welle aus dem Ruder laufen, würde das Laschets Ausgangsposition massiv verschlechtern“, sagt die Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki von der Uni Duisburg-Essen mit Blick auf die kommenden Monate. Bislang gibt es in der CDU-Bundestagsfraktion keinen Widerstand gegen Laschets Kanzler-Pläne. „Die Aussicht auf ein schlechtes Wahlergebnis macht jetzt aber vielen Abgeordneten Angst“, sagt ein Mitglied der CDU-Landesgruppe NRW. „Sie fürchten, ihr Mandat zu verlieren, wenn die Union mit Laschet ein Ergebnis unter 30 Prozent erzielt.“ Glaubt man der Demoskopie, könnte die Union mit Söder ein besseres Ergebnis holen. „Sollte eine Gruppe einflussreicher Abgeordneter in Opposition zu Armin treten, hätte er ein dickes Problem“, so der Parlamentarier.

Kanzler-Chance wird Laschet nicht abschlagen

Vorerst dürfte Söders Vorteil in den Umfragen Laschet jedoch nicht davon abhalten, selbst antreten zu wollen. Die einmalige Chance, ins Kanzleramt einzuziehen, will er nicht liegen lassen. Nach den beiden jüngsten Landtagswahlen appellierte er an die Kampfbereitschaft seiner Partei: „Es ist nicht gottgegeben, dass wir den nächsten Kanzler stellen. Wir müssen kämpfen“. Es sollte wohl auch heißen: Ich werde kämpfen.

Doch derzeit steht Laschet auf der Rolltreppe abwärts. Die Bewegung nach unten könnte die Entscheidung der K-Frage in der Union forcieren, früher als in Laschets Dramaturgie vorgesehen. Söder, so glauben viele, werde sich nur auf die Kandidatur einlassen, wenn ihm der Sieg im September so gut wie sicher ist. „Je mehr Söder an der CDU-Spitze oder an den CDU-Ministern in Berlin herumkritisiert, je klarer erkennbar wird doch für alle, dass er gar nicht ernsthaft Unionskandidat werden will“, sagt der Politologe Volker Kronenberg. Es reiche Söder, „als Kandidat gehandelt und für kanzlertauglich befunden zu werden“.

Das Vertrauen der Menschen ins Corona-Krisenmanagement von Bund und Ländern ist derweil weiter im Sinkflug. „Als Kanzler-Aspirant steht Laschet nun vor der Quadratur des Kreises, diesen Vertrauensverlust auszugleichen, ohne dass es zu dramatischen Verwerfungen in der eigenen Partei kommt“, fasst Kronenberg zusammen. Die Bitte der Kanzlerin um Verzeihung – für Laschet ist sie nicht wiederholbar.