Kirchveischede – Als der Kandidat für den CDU-Bundesvorsitz in die Schützenhalle von Kirchveischede einzieht, schmettert der „Musikverein Bilstein“ den Marsch „Preußens Gloria“. 600 CDU-Mitglieder erheben sich von den Stühlen und klatschen mit. Der Politische Aschermittwoch der NRW-CDU findet seit 19 Jahren in dem kleinen Dorf im Sauerland statt. Der Kreis Olpe ist eine Hochburg der Union. „Und von Friedrich Merz“, sagt der frühere CDU-Landtagsabgeordnete Theo Kruse schmunzelnd. Einen Tag nach seiner Bewerbung für den CDU-Bundesvorsitz tritt Laschet am Mittwochabend erstmals vor der CDU-Basis auf. Schon lange vor Beginn der Veranstaltung muss die Polizei die Zufahrt zu der auf einem Berg gelegenen Schützenhalle sperren, weil alle Parkplätze belegt sind. Der Machtkampf in der CDU um den Bundesvorsitz hat mehr Anhänger angelockt als in den Vorjahren.
Allerdings sind nicht alle Unions-Mitglieder über die Zuspitzung begeistert. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich Norbert Röttgen, Merz und Laschet auf eine Teamlösung geeinigt hätten“, sagt der frühere NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der interne Streit drohe der Union zu schaden. „Ich habe erlebt, wie wir die Macht in Düsseldorf 2010 nach nur fünfjähriger Regierungszeit wieder an Rot-Grün verloren haben“, warnt der langjährige Vorsitzende der CDU-Region Südwestfalen. „Das darf uns nicht mehr passieren.“
„Die AfD ist nicht der konservative Stammtisch der CDU“
Es dauert zwölf Minuten, bis Laschet seinen Kontrahenten Merz indirekt angreift. Es sei „schön gesagt“, wenn man die AfD halbieren wolle. Die AfD sei aber nicht der „konservative Stammtisch“ der CDU, warnt der Ministerpräsident. Die Union müsse sich klar von den Rechtspopulisten abgrenzen. Sonst bestehe die Gefahr, dass die CDU – wie die SPD – den Status der Volkspartei verliere.
Weitere Attacken bleiben aus. Die Namen seiner Mitbewerber nimmt Laschet nicht in den Mund. Stattdessen setzt er auf Angriffe gegen den Lieblingsgegner der konservativen Sauerland-CDU: die Grünen. Erwartungsgemäß erntet Laschet viel Beifall für seine Attacken gegen die Öko-Partei. Er will offenbar den Eindruck zerstreuen, er sei übertriebener Fan von Schwarz-Grün.
Angriff auf die Grünen
Zunächst nimmt Laschet die Regierungszeit von SPD und Grünen ins Visier. Sieben Jahre lang hätten die Grünen die Wirtschaft in NRW mit einer übertriebenen Umweltbürokratie gefesselt. NRW müsse aber Industrieland bleiben, ruft Laschet in den Saal. „Dafür benötigen wir aber Rahmenbedingungen, die dies möglich machen.“ Wer sich um Arbeitsplätze kümmere, diene auch dem sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft.
Auch mit der aktuellen Führung der Grünen geht Laschet hart ins Gericht. Statt sich um die Probleme der Menschen zu kümmern, springe die Parteispitze nur auf jeden „Anti-Zug“ auf. Politik sei aber „mehr als Wohlfühlen“: „Die Grünen sprechen über den Dreitage-Bart von Robert Habeck, aber nicht über die 800000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie. Da müssen wir sie stellen.“
Der Erfolg der CDU bei künftigen Wahlen hänge jetzt von der Geschlossenheit ab, mahnt Laschet. Er habe im NRW-Kabinett 2017 die unterschiedlichsten Strömungen in der Union vereint, stellt er fest. „Ich würde mir wünschen, dass wir diese Breite im Bundeskabinett spiegeln könnten. Diese Veränderung brauchen wir. Wenn wir das schaffen, werden wir den nächsten Kanzler stellen.“
Laschets Rede dauert 40 Minuten. Er geht zu seinem Tisch zurück und stellt sich auf einen Stuhl, um dem Publikum zu danken. Die CDU-Anhänger wirken zufrieden. „Das war ein ordentliches Auswärtsspiel“, so ein Landwirt aus Meschede. Der „geniale Schachzug“, Spahn an seine Seite zu holen, werde wohl zum Sieg reichen.