Vier Wochen nach dem Sturz von Assad wollen Deutschland und Frankreich in Damaskus ein Zeichen setzen.
Außenministerin in DamaskusEklat bei Treffen von Baerbock mit neuem syrischen Machthaber
Außenministerin Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot sind vom syrischen De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa empfangen worden. Der Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) begrüßte die im Auftrag der EU angereisten Außenminister im früheren Palast des vor rund vier Wochen gestürzten Langzeit-Machthabers Baschar al-Assad in der Hauptstadt Damaskus.
Syrischer Machthaber verweigert Handschlag für Annalena Baerbock
Al-Scharaa empfing Baerbock und Barrot am Eingang zum Palast am Anfang eines langen roten Teppichs. Während der Islamist, wie bei der Begegnung mit Frauen für ihn üblich, Baerbock nicht per Handschlag begrüßte, streckte er Barrot die Hand entgegen. Nachdem der Franzose zunächst zur Begrüßung seine rechte Hand auf die Herzgegend gelegt hatte, ergriff er dann doch kurz die Hand Al-Scharaas.
Al-Scharaa war früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani bekannt. Die Gruppe HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Al-Scharaa hatte sich von Al-Kaida und der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) losgesagt. Bis heute gibt es aber Berichte, denen zufolge die HTS-Führung den Kontakt zu Al-Kaida hält.
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Handschlag-Eklat bei Besuch von Annalena Baerbock in Syrien
Baerbock hatte schon zu Beginn ihres Besuches in Syrien erklärt, sie werde die HTS weiter an ihren Taten messen. Bei aller Skepsis dürfte man aber jetzt nicht die Chance verstreichen lassen, die Menschen in Syrien an diesem wichtigen Scheideweg zu unterstützen.
Aus ihrer Partei bekam Baerbock Lob für die Reise nach Damaskus. Das sei „richtig so“ erklärte Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger auf der Plattform X. Anders sieht man das unterdessen bei der AfD. Die Rechtspopulisten nahmen den verweigerten Handschlag als Anlass für eine Attacke auf die Außenministerin und behaupteten, dass Baerbock „das Geld der Steuerzahler vermutlich trotzdem gerne an die neuen syrischen Machthaber“ verteile. Dem widersprach die Außenministerin kurz darauf.
Baerbock: Europa kein Geldgeber für „neue islamistische Strukturen“
Nach dem Treffen mit Al-Scharaa forderte Baerbock von der neuen islamistischen Führung in Syrien die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen. Zusammen Barrot habe sie das Angebot der Europäischen Union unterbreitet, dabei mitzuhelfen, dass „das zukünftige Kapitel Syriens ein friedliches und freies wird“, sagte Baerbock am Freitag in Damaskus. Europa werde jedoch „nicht Geldgeber neuer islamistischer Strukturen sein“, warnte sie.
Vor ihrem Aufeinandertreffen mit Al-Scharaa hatte Baerbock in Syrien auch das berüchtigte Foltergefängnis Saidnaja besucht. „Den Horror mancher Orte kann man sich einfach nicht vorstellen. Menschen sind hier in der Nähe von Damaskus durch die Hölle gegangen und wurden umgebracht mit Methoden, die man sich in einer zivilisierten Welt nicht vorstellen kann“, kommentierte die Außenministerin ihren Besuch in dem Gefängnis, in dem unter der Herrschaft des geflohenen Ex-Diktators Baschar Al-Assad tausende politische Gefangene gefoltert und getötet wurden.
Baerbock über verweigerten Handschlag: „War mir jedenfalls klar“
Auch den verweigerten Handschlag kommentierte Baerbock nach dem Treffen. „Schon als ich angereist war, war mir jedenfalls klar, dass es hier offensichtlich nicht gewöhnliche Handschläge geben wird“, sagte die Grünen-Politikerin auf die Frage einer Journalistin. Aber ebenso klar habe man den islamistischen Gastgebern gemacht, dass man diese Praxis missbillige, so Baerbock.
Vor allem habe man im Gespräch klargemacht, dass Frauenrechte ein Gradmesser dafür seien, wie frei eine Gesellschaft ist. Ganz so schwierig habe da am Ende des Gesprächs ein Handschlag nicht mehr gewirkt. Aus Delegationskreisen war zu hören, dass al-Scharaa am Ende des Gesprächs noch mal die Hand ausgestreckt habe, es dann aber nicht mehr zu einem Handschlag gekommen sei. (mit dpa)