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Versprochene ZeitenwendeBundeswehrverband beklagt fehlendes Tempo bei Modernisierung der Truppe

Lesezeit 3 Minuten
Boris Pistorius (SPD, M), Bundesminister der Verteidigung, spricht mit Soldaten des KSM (Kommando Spezialkräfte Marine) bei einer Demonstration an Bord der Fregatte Hessen. Pistorius ist für einen Antrittsbesuch bei der Marine auf dem Marinestützpunkt Eckernförde.

Boris Pistorius (SPD, M), Bundesminister der Verteidigung, spricht mit Soldaten des KSM (Kommando Spezialkräfte Marine). 

Der Bundeswehrverband kritisiert zu langsame Investitionen in die Streitkräfte.

Ein Jahr nach der Ankündigung des Sondervermögens für die Bundeswehr beklagt der Deutsche Bundeswehrverband ein zu schleppendes Tempo bei der Modernisierung der Truppe.

„Ob bei Material, Personal oder Infrastruktur, es braucht in dieser Legislaturperiode eine echte, in der Truppe spürbare Wende, sonst war's das mit der Zeitenwende“, sagte Verbandschef André Wüstner der „Bild am Sonntag“. Bislang habe sich für die Soldatinnen und Soldaten „noch nichts spürbar verbessert“.

Sondervermögen von 100 Milliarden Euro

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am 27. Februar 2022 - drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine - in einer Rede im Bundestag von einer „Zeitenwende“ gesprochen. Er kündigte damals zugleich ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro an, um die über Jahre zusammengesparte Bundeswehr wieder für die Landes- und Bündnisverteidigung fit zu machen.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will bis Ende des Jahres 30 der 100 Milliarden Euro ausgeben, wie er dem Deutschlandfunk sagte. Bei den anstehenden Haushaltsberatungen wolle er zudem versuchen, zehn Milliarden Euro zusätzlich für den Verteidigungsetat zu erhalten.

Das Zwei-Prozent-Ziel werde Deutschland dennoch auch 2024 wohl noch nicht erfüllen. Die Nato-Staaten hatten schon 2014 vereinbart, die Verteidigungsausgaben bis 2024 in „Richtung zwei Prozent“ des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Im vergangenen Jahr lagen Deutschlands Ausgaben laut einer Nato-Aufstellung bei knapp 1,5 Prozent.

Pistorius Zuversicht wird nicht von allen geteilt

Pistorius warb für langfristiges Denken: „Ob wir das im nächsten Jahr schaffen oder nicht, ist nicht die zentrale Frage“, sagte er im Deutschlandfunk. „Wir müssen uns auf den Weg machen, dass wir das im Durchschnitt der nächsten Jahre erreichen.“

Das ist auch im Sinne von Bundeswehrverbandschef Wüstner, der von einem langen Konflikt mit Russland ausgeht. „Es wäre naiv zu glauben, dass der Krieg in diesem Jahr vorbei sein wird“, sagte er der „BamS“. Innenpolitisch bereite Russlands Präsident Wladimir Putin seine Bevölkerung auf einen langfristigen „Systemkonflikt“ vor.

André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbands besucht das deutsche Einsatzkontingent Counter Daesh mit Bundespräsident Steinmeier auf der jordanischen Luftwaffenbasis. Auf dem Programm der fünftägigen Reise  in den Libanon und Jordanien stehen unter anderem ein Treffen mit Jordaniens König, der Besuch eines Flüchtlingslagers sowie Begegnungen mit hochrangigen libanesischen Politikern.

André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbands.

„Die NATO und Deutschland müssen sich strategisch auf eine Dekade an Bedrohung ausrichten.“ Wüstner dringt daher auf eine schnellere Aus- und Aufrüstung der Bundeswehr: In ihrem aktuellen Zustand sei sie weder für voll einsatzfähig noch abwehrbereit.

Neue Lücken durch Ukraine Unterstützung

Durch die Material-Lieferungen an die Ukraine seien zudem weitere Lücken entstanden, die bislang nicht ansatzweise geschlossen worden seien. So sei für die an Kiew abgegebenen Panzerhaubitzen bis heute „keine einzige“ für die Bundeswehr nachbestellt worden, sagte Wüstner der Zeitung.

Auch die 18 Leopard-2-Kampfpanzer, die Deutschland an die Ukraine liefern werde, „müssen in den nächsten Wochen nachbestellt werden“, forderte er. „Wir müssen die Ukraine weiter unterstützen und gleichzeitig die Bundeswehr selbst schneller ausrüsten.“

Pistorius will unter anderem die Beschaffung beschleunigen. Zunächst müsse er aber prüfen, „welche Vorschriften wir eigentlich anwenden in der Beschaffung aus Zeiten von vor Beginn des Krieges Putins gegen die Ukraine“. Erst dann lasse sich einschätzen, an welcher Stelle es schneller gehen könne. (AFP)