Unter großen Schmerzen hat sich das Bundeskabinett auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt. Trotzdem fehlen noch Milliarden.
Bundeshaushalt 2025Christian Lindner präsentiert „großartige“ Pläne trotz Milliarden-Defizit
Christian Lindner fühlt sich sichtlich wohler als bei dem gemeinsamen Auftritt mit Bundeskanzler und Vizekanzler vor knapp zwei Wochen. Er hat am Mittwoch die Bühne für sich allein und damit die Deutungshoheit über den vom Kabinett gerade beschlossenen Gesetzentwurf zum Bundeshaushalt 2025. Und über seine eigene Leistung als Finanzminister.
Olaf Scholz und Robert Habeck stoßen an ihre Grenzen
Der FDP-Chef will Zweifel an den von ihm als großartig empfunden Plänen zerstreuen: Bei einem Umfang von 480 Milliarden Euro sind Rekord-Investitionen von 78 Milliarden eingespeist. Ambitionierter Klimaschutz, Ausbau der Infrastruktur, Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato für die Verteidigung, Hilfe für die Ukraine, mehr für die Bildung. Und das alles unter Einhaltung der Schuldenbremse. Parallel dazu die Wachstumsinitiative, mit der die Wirtschaft angekurbelt, das Wachstum um 0,5 Prozent erhöht, sechs Milliarden Euro mehr an Steuern eingenommen und Deutschland von den hinteren Plätzen im Ranking der Volkswirtschaften mit den besten Standortfaktoren geholt werden soll. Die Bundesrepublik rangiert auf Platz 24. Vor zehn Jahren war es Platz sechs.
Lindner, blaues Jackett, weißes Hemd, keine Krawatte, oft in Lächeln im Gesicht, betont: „Wir haben keine Mühe gescheut, auch an die Grenzen der Kompromissfähigkeit innerhalb des Kabinetts heranzugehen.“
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An ihre Grenzen sind vor allem Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) gestoßen. Denn sie hätten angesichts der internationalen Krisenlage die Schuldenbremse lieber noch einmal ausgesetzt und noch viel mehr investiert. In die Verteidigung zum Beispiel, weil Russland dramatisch aufrüstet oder in den Klimaschutz, weil sich das Klima dramatisch wandelt. Die Kosten der Schadensbeseitigung für Unwetterkatastrophen würden vermutlich nicht in dem zu befürchtenden Maße ansteigen, würde mehr Vorsorge getroffen.
Christian Lindner: „Erhebliche Anstrengungen liegen vor uns“
Lindner weiß selbst, dass dieser Mittwoch nur eine Momentaufnahme ist. „Erhebliche Anstrengungen liegen vor uns“, sagt er. Das parlamentarische Verfahren werde „intensiv“. Für Abgeordnete von SPD und Grünen ist die Frage der Schuldenbremse noch nicht geklärt. In die Haushaltsberatungen bis Ende November fällt die US-Präsidentschaftswahl. Sollte Donald Trump gewinnen und Drohungen im Wahlkampf zu drastisch reduzierten amerikanischen Beiträge zur Nato und Ukraine-Hilfe wahrmachen, wird Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas mit der deutlichen Erhöhung seiner Beiträge vorangehen müssen. Lockert Lindner dann die Schuldenbremse?
Er wolle „keine hypothetische Betrachtung anstellen“, erklärt er in der Pressekonferenz. Dabei können sich auch FDP-Mitglieder nicht vorstellen, dass er auch dann nicht reagieren würde, „wenn Berlin der Himmel auf den Kopf fällt“. Lindner versichert zumindest: „Fiskalische Stabilität ist ein Faktor der Sicherheitspolitik.“ Womit auch gleich die Frage nach der Haltbarkeit der Ampel gestellt wird. Hält sie im anstrengenden parlamentarischen Verfahren? „Ich habe von Verantwortung gesprochen in diesen international unsicheren Zeiten, Stabilität und Sicherheit zu signalisieren und und diesem Anspruch sollten sich alle stellen“, sagt er. War das ein Ja? Antwort Lindner: „Das haben alle so verstanden in diesem Raum.“
Bundeshaushalt 2025: Loch von acht Milliarden Euro
Auf Lindner selbst kommen nun vier stressige Wochen zu. Der Gesetzentwurf soll am 16. August dem Bundestag zugleitet werden. Es klafft noch ein Loch von acht Milliarden Euro, das aus Zeitgründen noch nicht gestopft werden konnte. Innerhalb der Regierung wird nun über drei Ideen beraten.
Erstens: Ungenutzte Mittel aus der Gasbreisbremse bei der deutschen Förderbank KfW nutzen. Allerdings: Eine solche Operation ähnelt stark jenen Buchungstricks, mit denen die Ampel vor dem Bundesverfassungsgericht auf die Nase gefallen war.
Zweitens: Man könnte die milliardenschweren Zahlungen des Bundes an die staatliche Autobahngesellschaft nicht als Zuschuss, sondern als Darlehen verbuchen. Kredite als Anschubfinanzierung gelten als „finanzielle Transaktion“ und eine solche wird nicht auf die Schuldenbremse angerechnet, weil das Geld nur geliehen ist und zurückfließen soll. Nur wie zahlt die
Drittens: Die gleiche Idee gibt es bei der Deutschen Bahn. In beiden Fällen allerdings müsste das zusätzliche Kapital eine Rendite erwirtschaften, was das Kostenproblem bei der Bahn und der Autobahngesellschaft erhöht.
Jeder der drei Wege birgt Risiken und Probleme, mindestens einen aber wird die Ampel beschreiten müssen, bevor die Regierung den Haushaltsentwurf offiziell an den Bundestag weiterleitet.
Über eine Frage freut sich Lindner aber sehr: Ob er überhaupt Lust habe, nach der Bundestagswahl 2025 Bundesfinanzminister zu bleiben. „Ich habe enorme Lust“, sagt er schnell. Die ganze gute Arbeit, die er da geleistet habe, - die Begrenzung der Sozialausgaben, die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger - würden doch andere nur zerstören wollen. Wären SPD und Grünen für ihn nach dem ganzen Ampel-Stress weiterhin Partner? Lindner schmunzelt und schweigt. Die FDP müsste ja auch erst einmal über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. (rnd)