Alle aktuellen Krisen haben eines gemeinsam: Je weniger jetzt dagegen getan wird, desto teurer wird in der Zukunft die Beseitigung der Folgen sein.
Kommentar zu den EtatverhandlungenEin solider Haushalt sieht anders aus
Nach den Haushaltsverhandlungen ist vor den Haushaltsverhandlungen. Die Etatplanung für 2025 und die kommenden Jahre, die das Bundeskabinett am Mittwoch nach wochenlangen Verhandlungen beschlossen hat, hat so viele Löcher wie der berühmte Schweizer Käse. Allein im kommenden Jahr ist noch ein Defizit von acht Milliarden Euro zu decken. 2028 beträgt das Loch schon knapp 40 Milliarden Euro – in der Etatplanung heißt das allerdings beschönigend „Handlungsbedarf“.
Ein solider Haushalt sieht anders aus. Ein Etat, der angemessen auf den größten geopolitischen Einschnitt seit dem Ende des Kalten Kriegs reagiert, auch. Bundesfinanzminister Christian Lindner wird in die Geschichte eingehen als der Minister, der trotz eines Kriegs mitten in Europa, trotz weltweiter Krisen mit Rekord-Flüchtlingszahlen, trotz des voranschreitenden Klimawandels und trotz einer teilweise ruinösen Infrastruktur hierzulande einen Haushalt zu verantworten hat, der die deutsche Schuldenbremse einhält. Bravo! Es ist befremdlich, dass Lindner darauf auch noch stolz ist.
Richtig ist, dass Schulden zulasten der künftigen Generationen gehen, weshalb der Haushalt nicht leichtfertig ausgeweitet werden darf. Doch alle aktuellen Krisen haben eines gemeinsam: Je weniger jetzt dagegen getan wird, desto teurer wird in der Zukunft die Beseitigung der Folgen sein. Russlands Machthaber Wladimir Putin muss jetzt durch umfangreiche Militärhilfen für die überfallene Ukraine gestoppt werden, ansonsten greift er noch nach anderen Ländern.
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Wer jetzt die Entwicklungshilfe kürzt, muss sich nicht wundern, wenn sich immer mehr Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen und sich China und Russland in den von uns vernachlässigten Regionen breitmachen. Und wer jetzt nicht mehr für den Klimaschutz tut, wird später Billionen aufwenden müssen, um mit den hohen Temperaturen, mit Fluten, Dürren und Hurrikans klarzukommen – wenn es überhaupt gelingt. Die jetzt aufgenommenen Schulden werden rückblickend wie Peanuts erscheinen.
Unterstützung für die Ukraine
Doch man muss gar nicht in die fernere Zukunft schauen. Bereits in wenigen Monaten wird die Haushaltsplanung der Ampel Makulatur sein. Es wird immer wahrscheinlicher, dass Donald Trump die Wahlen in den USA gewinnt und wieder als Präsident ins Weiße Haus einzieht. Dann steht zu befürchten, dass er die Ukraine im Stich lässt und die Grundpfeiler der Nato infrage stellt, womit massive Kosten auf Deutschland zukommen. Für diesen Fall hat die Koalition keinerlei Vorsorge getroffen, die zumindest in einem klaren Commitment der Ampelparteien bestehen könnte, im Fall der Fälle doch eine Notlage zu erklären und die Schuldenbremse auszusetzen. Nur so lassen sich neue Haushaltsspielräume schaffen.
Die Nutzung der Ausnahmeregelung für Ausgaben im Zusammenhang mit der Ukraine hätte die Koalition im Übrigen längst beschließen können. Das Argument von Lindner, ein derartiges Vorgehen wäre verfassungswidrig, schließlich habe der Krieg schon vor mehr als zwei Jahren begonnen und sei damit kein unvorhersehbares Ereignis mehr, ist nicht nachvollziehbar. Kriege verlaufen nicht geradlinig. Sie werden im Zweifel immer teurer, je länger sie dauern. Das wissen auch die Verfassungsrichter.
Die Koalition hat noch nicht einmal dafür Sorge getragen, dass die Nato-Quote beim Wehretat von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in den kommenden Jahren durchgängig eingehalten wird. Vielmehr gibt es 2028 im Verteidigungsetat ein riesiges Loch – pardon „Handlungsbedarf“ – von fast 30 Milliarden Euro. Die Zusage von Bundeskanzler Olaf Scholz, der Haushalt schaffe Sicherheit und Stabilität in unruhigen Zeiten, entpuppt sich als leeres Versprechen.