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CO2-Preis wird mehr als verdoppeltBund und Länder erzielen Durchbruch beim Klimapaket

Lesezeit 5 Minuten
Klimapaket CO2

Qualm strömt aus dem Schornstein einer Industrieanlage. 

Berlin – Ein höherer CO2-Preis beim Heizen und Tanken, im Gegenzug eine weitere Anhebung der Pendlerpauschale und Entlastungen beim Strompreis in Milliardenhöhe: Das sind Kernpunkte eines Grundsatzkompromisses von Bund und Ländern im Konflikt um das Klimapaket der Bundesregierung. Damit ist auch der Weg frei für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr Anfang 2020. Für Steuerausfälle sollen die Länder mehr Geld vom Bund bekommen.

Bei den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag sind aber noch einige Punkte offen. So könnte auch die Mehrwertsteuer für Fernbusse gesenkt werden. Außerdem geht es um die Ausgestaltung eines Steuerbonus' bei der energetischen Sanierung von Wohnhäusern. Eine Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses kam am Montagvormittag zusammen.

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Vertreter von Bund und Ländern einigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Montag auf einen Grundsatzkompromiss bei den „dicksten Brocken“ - dem CO2-Preis, der Pendlerpauschale und finanziellen Entlastungen der Länder. An einer Bund-Länder-Runde nahmen mehrere Ministerpräsidenten sowie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) teil, dazu Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.

Wie aus einem Papier hervorgeht, soll der CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden zum 1. Januar 2021 mit 25 Euro pro Tonne starten - bisher war ein Einstiegspreis von 10 Euro vorgesehen. Der CO2-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln. Ein Preis von 10 Euro pro Tonne CO2 hätte Benzin um etwa 3 Cent pro Liter verteuert, so Berechnungen von Experten. Ein Einstiegspreis von 25 Euro würde nun bedeuten, dass Benzin um etwa 7,5 Cent teurer wird.

Der CO2-Preis soll nach der Einigung schrittweise bis 2025 auf 55 Euro erhöht werden, wie aus dem Bund-Länder-Papier hervorgeht, das der dpa vorliegt. Die Bundesregierung hatte bisher 35 Euro für 2025 vorgesehen. 2026 soll ein Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 55 Euro pro Emissionszertifikat und einem Höchstpreis von 65 Euro festgelegt werden. Die Bundesregierung werde bis zum Frühjahr 2020 einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes einbringen.

Vor allem die Grünen hatten einen Einstiegspreis von 10 Euro als zu niedrig angesehen, weil er nicht wirksam sei. Sie forderten Nachbesserungen und wollten andernfalls eine Anhebung der Pendlerpauschale nicht mitmachen. Für die Union und die SPD sei der Punkt Pendlerpauschale jedoch extrem wichtig gewesen, hieß es.

Pendlerpauschale soll nochmal erhöht werden

Die Einigung sieht nun vor, dass die Pendlerpauschale ab 2024 noch einmal steigt - um auszugleichen, dass Diesel und Benzin über den CO2-Preis teurer werden. Nach den bisherigen Planungen sollte ab 2021 die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer - also für längere Strecken - um 5 Cent pro Kilometer steigen. Ab 2024 soll die Pauschale nun um weitere 3 Cent auf dann insgesamt 8 Cent pro Kilometer ab dem 21. Entfernungskilometer erhöht werden.

Die gesamten Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis sollen zur Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms verwendet und so den Bürgern zurückgegeben werden. Dies bedeute für 2021 eine Senkung der EEG-Umlage von 5,4 Milliarden Euro, wie die dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Je höher der CO2-Preis dann steigt, desto höher sind die Entlastungen bei der EEG-Umlage. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil beim Strompreis.

Zudem habe die Runde eine Einigung auf das Bund-Länder-Finanztableau erzielt, hieß es. Die Länder sollen demnach für den Zeitraum von 2021 bis 2024 insgesamt 1,5 Milliarden Euro als Ausgleich erhalten. Damit sei eine faire Einnahmenverteilung zwischen Bund und Ländern erreicht, hieß es.

Der Bundesrat hatte bei Steuergesetzen des Klimapakets der Bundesregierung sein Veto eingelegt. Die Länder wollten eine andere Verteilung von Einnahmen und Lasten. Mit dem Durchbruch seien nun die Kernfragen gelöst, hieß es in Verhandlungskreisen.

Am Mittwoch soll der gesamte Vermittlungsausschuss erneut tagen. Eine Einigung bis zu diesem Mittwoch war nötig, damit die offenen Teile des Klimapakets noch im Bundestag und dann am Freitag im Bundesrat beschlossen werden können. Nur so kann die Mehrwertsteuerentlastung bei der Bahn wie geplant zum 1. Januar wirksam werden.

Mit dem Durchbruch zum CO2-Preis sei auch der Weg für die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr Anfang Januar frei, hieß es in Verhandlungskreisen. Das soll mehr Bürger dazu bringen, vom Auto oder dem Flugzeug auf die Bahn umzusteigen.

„Klima-Blockade abgewendet“

CSU-Chef Markus Söder bezeichnete den Kompromiss als vernünftige und vertretbare Einigung. „Damit ist die drohende Klima-Blockade abgewendet. Jetzt kann der Klimaschutz in Deutschland durchstarten“, sagte Söder der dpa in München. „Für die CSU war wichtig: Der höhere CO2-Preis wird eins zu eins an die Bürger zurückgegeben. Denn über die Senkung der EEG-Umlage sinkt der Strompreis deutlich“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Besonders wichtig für den ländlichen Raum sei, dass die Pendlerpauschale nicht nur erhalten bleibe, sondern sogar noch eine Schippe draufgelegt werde.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schrieb auf Twitter: „Das war ein hartes Verhandeln am 3. Advent: Die Blockade des Klimapakets ist beendet.“ Die Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis würden vollständig in die Senkung der EEG-Umlage fließen. Dies sei eine “Entlastung für Mittelstand und private Haushalte“.

Kritik kam von der Industrie und aus der Opposition. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einer Einigung auf dem Rücken von Geringverdienern und Pendlern. Der CO2-Preis treffe kleine und mittlere Einkommen und schone diejenigen mit der dicken Geldbörse. Der Industrieverband BDI kritisierte, ein höherer CO2-Preise drohe die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland drastisch zu verschlechtern. Die betroffenen Industrieunternehmen müssten entlastet werden. Umweltverbände kritisierten den Kompromiss hingegen als unzureichend. Ein Einstiegspreis von 25 Euro pro Tonne CO2 sei immer noch viel zu niedrig, erklärten sie. (dpa)