Der Kanzler will sich als verlässlicher Partner afrikanischer Staaten präsentieren. Doch Milliardeninvestitionen erhalten diese vor allem aus Fernost.
Gipfeltreffen in Berlin„Vielleicht hat China einfach dem Potenzial Afrikas vertraut“
Ein Wort ist es, das sich in den Gipfel drängt. Es kriecht durch Lob und Zusicherungen, durch Berichte von hohen Wachstumszahlen und Partnerschaft. Wagemut ist das Wort.
Wagemut ist ein altmodisches und zugleich forderndes Wort. Ein afrikanischer Gast von Bundeskanzler Olaf Scholz, Moussa Fadi, verwendet den Ausdruck im Foyer des Kanzleramts. „Vielleicht waren die Chinesen etwas wagemutiger“, sagt der frühere tschadische Premier Fadi, Kommissionspräsident der Afrikanischen Union. Und spielt damit auf die Milliardeninvestitionen, die China in Afrika tätigt und dadurch eine enge Bindung zu vielen Ländern aufgebaut hat.
Neben Fadi sind Vertreter von über einem Dutzend afrikanischer Staaten zu Gast. Aus Europa sind Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der niederländische Regierungschef Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei. Der fünfte Afrika-Gipfel der G20 namens „Compact with Africa“ beginnt.
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Chinas Milliarden für Afrika – „Wir sind schlug genug, die besten zu wählen“
Olaf Scholz schwärmt vom Optimismus junger Unternehmer in Ghana, von deren Entschlossenheit und Selbstbewusstsein. Gesprochen wird über mehr Unternehmensinvestitionen, über den Ausbau und den Export von Strom aus erneuerbaren Energien.
Viel ist bei europäischen Diplomaten von der Allgegenwart Chinas weltweit die Rede, das mit viel Geld Häfen, Flughäfen, Bahnlinien und Häuser baut, Rohstoffe exportiert, Kredite vergibt. Bei seinem Besuch im nigerianischen Lagos hatte Scholz neulich die erste Hochbahn in der von chronischen Autostaus verstopften Stadt zu Gesicht bekommen.
„Vielleicht hat China einfach dem Potenzial Afrikas vertraut“, gibt Fadi zu bedenken. Es reiche nicht, wenn europäische Politiker auf angeblich schlechte Qualität chinesischer Bauwerke hinwiesen. Sie müssten Alternativen anbieten. „Wir sind schlau genug, die besten zu wählen“, sagt er.
Ägypten hat den Ausbau seines Bahnnetzes an Siemens vergeben – nicht an China. Darauf sind sie in der Bundesregierung stolz. Um noch mehr solche Angebote geht es in Berlin, am Vormittag bei einer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) organisierten Investorenkonferenz, am Nachmittag im Kanzleramt.
Scholz kündigt an, Deutschland werde bis 2030 vier Milliarden Euro für den Ausbau von grüner Energie zahlen – und versichert, das Bundesverfassungsgerichts-Urteil, das vergangene Woche einen Teil des Haushalts gekippt hat, ändere an dieser Investition nichts. „Diese Planungssicherheit wird verlässliche Investitionen anreizen“, verkündet Scholz. Und die erzeugte Energie solle nicht nur exportiert werden, nach Europa, nach Deutschland. Sie solle auch vor Ort mehr Menschen mit Energie versorgen.
Energie als Schlüssel für Afrika
600 Millionen der 1,45 Milliarden Menschen in Afrika hätten keinen Zugang zu Strom, erinnert AU-Kommissionschef Faki. „Der Schlüssel ist die Energie“, findet er. Sie helfe bei der Industrialisierung und bei der Produktion von Nahrungsmitteln – und schaffe damit Stabilität. Die Stabilität wiederum sorge dafür, dass die Migration abnehme. „Tausende sind im Mittelmehr gestorben“, sagt Faki. „Diese Jugendlichen sollen nicht so enden, sie sollen in Afrika bleiben.“
Er erinnert daran, dass Deutschland seine gute wirtschaftliche Entwicklung nach dem II. Weltkrieg auch der Wirtschaftshilfe der USA im Rahmen des Marshall-Plans zu verdanken habe. So einen Marshall-Plan brauche es nun auch für die afrikanischen Länder. „Wenn man Entwicklung sicherstellt, dann kommt der Frieden von selbst“, sagt Faki.
Kanzler Scholz zählt auf: Die Bundesregierung erleichtere Investitionen deutscher Unternehmen durch günstige staatliche Garantien. Rohstoffe sollten in Projekten mit deutscher Beteiligung nicht mehr sofort exportiert, sondern noch in Afrika verarbeitet werden. Und die Förderung von Start-ups werde ausgeweitet, „insbesondere für solche, die von Frauen geführt werden“. Und er weist darauf hin, dass deutsche Unternehmen Produkte bauten, „die viele Jahre halten“. Nur zur Sicherheit, falls mal wieder eine Kaufentscheidung fällig sein sollte.