Berlin – Der Wiederaufbau der völlig zerstörten Bahnstrecken an der Ahr und in der Nordeifel wird mehrere Jahre dauern. Das hat die Deutsche Bahn am Donnerstag bei einer ersten Zwischenbilanz nach den schweren Unwettern in NRW und Rheinland-Pfalz mitgeteilt. Das betrifft Ahrtalbahn, die Eifelstrecke von Trier über Kall Richtung Köln, die Erfttal-Strecke zwischen Bad Münstereifel und Euskirchen und die Voreifelbahn von Euskirchen Richtung Bonn.
„Hier gehen wir von mehreren Jahren Bauzeit aus“, sagte Bernd Klöppel, Leiter der Infrastrukturprojekte der DB Netz AG in Nordrhein-Westfalen. „Genaueres können wir noch nicht sagen, weil die ingenieurtechnischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind.“
Gewaltiger Kraftakt erforderlich
Die Infrastruktur der Bahn sei „in dieser Dimension noch nie auf einen Schlag zerstört worden. Wir stehen vor einem gewaltigen Kraftakt“, sagte Volker Hentschel, Vorstand für Anlagen und Instandhaltungsmanagement der DB. Man habe im Vorstand eine Task Force eingerichtet, „Das ist absolute Chefsache bei der DB. Hang- und Dammrutsche, unterspülte oder überspülte Gleise hätten zu massiven Zerstörungen geführt. Besonders gravierend seien die Schäden an mehr als 50 Brücken.
Außerdem haben die Wasserfluten Stationen und Haltepunkte laut DB sowie die Technik stark in Mitleidenschaft gezogen: 180 Bahnübergänge, knapp 40 Stellwerke, mehr als 1000 Oberleitungs- und Signalmasten, Energieanlagen sowie Aufzüge und Beleuchtungsanlagen in den Bahnhöfen sind betroffen. „Nach erster Einschätzung gehen wir davon aus, dass die Wassermassen in unserem Netz und an den Bahnhöfen Schäden von rund 1,3 Milliarden Euro verursacht haben“, so Hentschel.
Die DB arbeite mit Hochdruck daran, möglichst viele Strecken schnell wieder befahrbar zu machen. Schon Ende letzter Woche hätten die Arbeiten dazu begonnen. Sie folgen einem klaren Prinzip: Schnell zu realisierende Reparaturen und Baumaßnahmen mit hohem Nutzen für die Fahrgäste und den Bahnverkehr haben Priorität.
80 Prozent bis zum Jahresende reparieren
Dafür sind von den DB-Bauteams im ersten Schritt vor allem auf den Hauptstrecken und Verbindungen mit kleineren Schäden behelfsmäßige Reparaturen durchgeführt worden. Gleichzeitig haben Fachkräfte beschädigte Oberleitungen ausgewechselt, Gleise gereinigt oder angeschwemmten Schutt entfernt. Die Arbeiten vor Ort sowie die Aufnahme der Schäden gehen unvermindert weiter.
„Unser Ziel ist es, dass wir etwa 80 Prozent der beschädigten Infrastruktur bis Jahresende wieder auf Vordermann bringen können. Die Bilder vor Ort zeigen jedoch sehr deutlich: einige Strecken sind auch heute noch überschwemmt oder komplett verschwunden. Dies alles wieder herzurichten wird Monate, wenn nicht Jahre dauern“, so Hentschel. Immerhin sei es gelungen, eine Vielzahl von Strecken wieder in Betrieb zu nehmen.
Dazu zählen die linke Rheinschiene, die Verbindung zwischen Dortmund und dem Düsseldorfer Flughafen und die für den Güterverkehr besonders wichtige Strecke von Köln über Aachen nach Belgien. „Im Fernverkehr sind alle Strecken wieder erreichbar“, so Hentschel.
Nach den ersten Reparaturen stehen nun aufwändigere Arbeiten an, die vom Austausch von Oberleitungs- und Signalmasten über den Bau neuer Bahnsteige, Brücken und Aufzüge bis zur Instandsetzung von Bahnübergängen reichen. Damit will die DB weitere spürbare Verbesserungen für den Schienenverkehr erzielen.
Neue Konzepte beim Hochwasserschutz
Für Strecken und Anlagen, die von den Wassermassen völlig zerstört wurden, ist ein längerer Planungs- und Bauzeitraum erforderlich. Gemeinsam mit Gemeinden, Ländern und dem Bund müssen hier mitunter völlig neue Verkehrskonzepte unter Berücksichtigung der jeweiligen landschaftlichen Gegebenheiten entwickelt werden.
„Wir müssen völlig neue Konzepte mit den Kommunen und den Ländern für den Wiederaufbau finden“, so Hentschel. Brücken könnten mit größeren Spannweiten errichtet werden, damit sich bei Hochwasser dort kein Treibgut verfangen kann. Auch das Verschieben von Strecken und Böschungen sei denkbar. In Flüsse ließen sich sogenannte Flusssteine einbauen, um die Fließgeschwindigkeit bei Hochwasser zu senken.
Auf künftige Witterungsextreme und Folgen des Klimawandels bereitet sich die DB nach eigenen Angaben mit einer Resilienz-Strategie vor. Grundlage ist eine von der DB beauftragte Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die wissenschaftliche Prognosewerte für 34 Verkehrsregionen in Deutschland erarbeitet hat.