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Deutschland und Marokko vereinbaren Neustart

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Rabat – Deutschland und Marokko haben einen Schlussstrich unter eine monatelange diplomatische Krise gezogen und einen Neustart ihrer Beziehungen vereinbart.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr Amtskollege Nasser Bourita verständigten sich bei einem Treffen in der marokkanischen Hauptstadt Rabat auf eine gemeinsame Erklärung, die eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit auf allen Feldern vorsieht. Beide sprachen von einem „neuen Kapitel” im deutsch-marokkanischen Verhältnis.

Die Differenzen im Umgang mit der Westsahara, einem von Marokko besetzten Wüstengebiet am Atlantik, bleiben aber grundsätzlich bestehen. Marokko beansprucht die dünn besiedelte Region für sich, während die internationale Gemeinschaft das nicht anerkennt. Baerbock und Bourita unterstützten nach ihrem Gespräch aber gemeinsam die Bemühungen der Vereinten Nationen, den Konflikt zu lösen.

Lösung des Westsahara-Konflikts über die UN

„Marokko sucht keine Lösung außerhalb der Vereinten Nationen”, sagte der marokkanische Außenminister. Baerbock betonte wie wichtig es ihr sei, dass beide Seiten diesen Weg gehen wollten. „Dass es in Nuancen Unterschiede gibt, das ist meistens so, wenn man am Anfang von Prozessen steht.”

Der Streit über die Westsahara hatte die Beziehungen der beiden Länder im vergangenen Jahr in eine tiefe Krise gestürzt. Auf dem Höhepunkt zog Marokko im Mai seine Botschafterin für mehrere Monate aus Berlin ab.

Trump hat Krise ausgelöst

Marokko warf Deutschland vor, sich feindselig zu verhalten. Das Auswärtige Amt wies die Anschuldigungen zurück. Ausgelöst wurde die Krise letztlich von Donald Trump. Der damalige US-Präsident hatte Ende 2020 in der Zeit zwischen seiner Abwahl und der Vereidigung seines Nachfolgers Joe Biden die Souveränität Marokkos über die Westsahara bestätigt. Deutschland kritisierte diese Entscheidung und berief eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats dazu ein, was die Regierung in Rabat verärgerte. Hinzu kam, dass Marokko 2020 nicht zur Berliner Libyen-Konferenz eingeladen wurde.

Im Februar hatte eine Videokonferenz zwischen Baerbock und Bourita das Eis gebrochen. Nun sollen die Beziehungen mit der beschlossenen Erklärung mit insgesamt 59 Punkten auf eine neue Grundlage gestellt werden. Unter anderem sieht sie eine vertiefte Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien, der Produktion von grünem Wasserstoff, der Bekämpfung der Klimakrise, aber auch in der Sicherheitspolitik vor. „Marokko ist ein enorm wichtiger Partner, nicht nur für Deutschland, sondern für die gesamte Europäische Union”, sagte Baerbock. Bourita sprach von „einer neuen Phase der Beziehungen”.

Nur 14 Kilometer zwischen Marokko und Europa

Marokko ist das Land auf dem afrikanischen Kontinent, das Europa geografisch am nächsten ist. An der engsten Stelle der Straße von Gibraltar zwischen Spanien und Marokko sind beide Kontinente nur 14 Kilometer voneinander entfernt. Deswegen ist Marokko auch in Sicherheits- und Flüchtlingsfragen ein wichtiger Partner. Das Land ist ein Viertel größer als Deutschland, hat aber weniger als halb so viele Einwohner (etwa 36 Millionen). Marrakesch oder Agadir an der Atlantikküste sind beliebte Reiseziele deutscher Touristen.

Seit dem Abzug der Spanier 1975 hält Marokko den größten Teil der Westsahara besetzt. Die von Algerien unterstützte Befreiungsbewegung Polisario strebt dort seit Jahrzehnten nach Unabhängigkeit. Seit 1991 gilt ein Waffenstillstand, der von einer UN-Mission überwacht wird. Immer wieder kommt es zu Gefechten.

Kleiner Erfolg Baerbocks mit Blick auf den Ukraine-Krieg

Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt drückten Baerbock und Boutari in der Erklärung „ihre tiefe Besorgnis aus über die Auswirkungen der russischen Invasion der Ukraine im Hinblick auf die Verschärfung der weltweiten Nahrungsmittelkrise”. Für die deutsche Seite gilt das schon als Erfolg. Zahlreiche afrikanischen Länder haben sich bei der Verurteilung des Kriegs in der UN-Vollversammlung im März mit Rücksicht auf Russland enthalten. Marokko nahm gar nicht erst teil. Westliche Staaten bemühen sich nicht zuletzt deswegen nun verstärkt um die Beziehungen zu Afrika, um den Kontinent nicht dem russischen und chinesischen Einfluss zu überlassen.

© dpa-infocom, dpa:220825-99-505804/6 (dpa)