Nach dem TV-Duell lag der Fokus auf dem desaströsen Auftritt von Joe Biden. Nun sorgt eine Bemerkung von Donald Trump für viele Fragen.
Wirbel um Bemerkung im TV-DuellWas weiß Donald Trump über den „Traum“ von Wladimir Putin?
Nach der ersten TV-Debatte zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem Herausforderer Donald Trump widmeten sich die meisten Berichte dem katastrophalen Auftritt Bidens, der unkonzentriert, erschöpft und mitunter nicht wie der Herr der Lage wirkte. Die Inhalte des Duells rückten schnell in den Hintergrund – auch eine Aussage von Donald Trump, die viel Sprengstoff birgt und nun verspätet doch noch für einigen Wirbel sorgt.
Als es um Russlands illegalen Krieg gegen die Ukraine ging, deutete der Republikaner an, ein bisher nicht bekanntgewordenes Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin geführt zu haben – und zwar, so klang es, noch vor Russlands Einmarsch in die Ukraine.
Was wusste Donald Trump wann über Wladimir Putins Kriegspläne?
Es sei dabei um den chaotischen US-Abzug aus Afghanistan gegangen, erklärte Trump in der TV-Debatte. „Als Putin das sah, sagte er, weißt du was, ich glaube, wir werden einmarschieren und vielleicht meine – das war sein Traum. Ich habe mit ihm darüber gesprochen, seinen Traum“, fügte Trump an. Doch was sollte das nun heißen?
Biden verpasste die Gelegenheit – und ging nicht weiter auf Trumps Bemerkung ein. Bei amerikanischen Politikexperten kamen angesichts der Wortwahl jedoch schnell Fragen auf: Wusste Trump etwa von Putins Plänen zur Invasion der Ukraine? Und wenn ja, hat er weder die Ukraine noch das Weiße Haus davor gewarnt?
Bemerkung von Donald Trump im TV-Duell mit Joe Biden sorgt für Empörung
„Ich hoffe, dass Journalisten dieser Sache nachgehen werden“, zeigte sich der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, entsetzt ob der Worte Trumps. „Die amerikanischen Wähler haben ein Recht darauf, die Wahrheit über solche Gespräche zu erfahren“, forderte der US-Diplomat.
„Es ist klar, dass Trump dabei helfen wollte, Putins ‚Traum‘ Wirklichkeit werden zu lassen“, empörte sich auch Richard Stengel, ehemaliger Abteilungsleiter im US-Außenministerium, über Trumps offenbar gute Beziehung nach Moskau. „Deshalb ist er für alle freien Menschen überall auf der Welt ein Alptraum. Das steht hier auf dem Spiel“, fügte Stengel an.
Donald Trump über Russland und Nordkorea: „Mit einem klugen Präsidenten sind sie keine Feinde“
„Ich würde gerne mehr Einzelheiten über die Diskussion erfahren, die Putin mit Trump darüber führte, dass es sein Traum sei, in die Ukraine einzumarschieren“, schrieb auch die amerikanische Russland-Expertin Olga Lautman bei X.
Während Trumps Aussagen über „Putins Traum“ zunächst unter dem Radar blieben, legte der Republikaner, der sich bereits mehrfach fast schon bewundernd über den Kremlchef geäußert hat, prompt nach. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem TV-Duell behauptete Trump nicht zum ersten Mal, die USA seien eher durch „Feinde im Inneren“ bedroht – womit er seine politischen Gegner meint – als durch ausländische Mächte wie China, Russland oder Nordkorea.
„Wir müssen aufhören, so zu tun, als wäre Trump einfach Trump“
Diese drei Länder seien „nicht wirklich Feinde“, erklärte Trump. „Wenn man einen klugen Präsidenten hat, sind sie keine Feinde“, behauptete der Republikaner. Ein „kluger Präsident“, werde diese Länder „dazu bringen, Großes zu leisten“, führte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Chesapeake aus.
Erneut gab es dafür empörte Reaktionen: „Schockierend“ seien diese Worte, erklärte Ex-Botschafter McFaul. „Wir müssen aufhören, so zu tun, als wäre Trump einfach Trump. Das ist ernst. Er meint, was er sagt“, fügte der ehemalige US-Diplomat an.
Immer wieder lobende Worte von Donald Trump für Wladimir Putin
Es sind nicht die ersten fragwürdigen Bemerkungen des Republikaners über Putin und Russlands Krieg gegen die Ukraine. Mehrmals bereits behauptete Trump, mit ihm als Präsident wäre es nicht zum Krieg gekommen, ohne dabei zu erklären, auf welcher Grundlage diese Behauptung fußt.
Zudem behauptete der Republikaner, er könne den Krieg in nur einem Tag beenden – auch dafür legte er trotz einer Aufforderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nie konkrete Informationen darüber vor, wie dieser „Friedensplan“ aussehen solle.
Wolodymyr Selenskyj weist Trumps „Friedensplan“ zurück
In der letzten Woche waren dann schließlich Pläne aus Trumps Beraterkreisen durchgesickert, wonach die Ukraine die von Russland illegal besetzten Gebiete mindestens vorerst aufgeben solle. „Ich weiß nicht, wie der Krieg in 24 Stunden beendet werden kann, aber ich bin nicht Trump“, reagierte Selenskyj auf den kolportierten „Friedensplan“.
„Wenn die Idee darin besteht, unsere Territorien aufzugeben, dann ist das keine neue Idee“, fügte der ukrainische Staatschef an – und schob derartigen Überlegungen einen Riegel vor. Ein solcher Plan werde weder „weltweit“ noch „zwischen der Ukraine und Russland“ zu Frieden führen, stellte Selenskyj klar.
Trump könnte bereit sein, Putin einen Sieg zu bescheren
Anhaltspunkte dafür, dass Trump bereit sein könnte, Putin in der Ukraine einen Sieg zu bescheren, sind derweil nicht neu. So waren in der Vergangenheit bereits Überlegungen im Trump-Lager durchgesickert, die Ukraine durch Erpressung an den Verhandlungstisch mit Russland zu zwingen – und ihr keine weiteren Waffen mehr zu liefern.
Trumps gute Beziehungen nach Moskau sind ebenfalls nicht neu. Bereits im Rahmen der Sonderermittlungen zu einer möglichen Beeinflussung des US-Wahlkampfs im Jahr 2016 durch Russland brachten die beteiligten Staatsanwälte Erstaunliches ans Tageslicht.
So berichtete der Ermittler Andrew Weissmann in einem Buch über die Sonderermittlung über ein Treffen zwischen Trumps damaligem Wahlkampfmanager Paul Manafort mit einem „Verbündeten Putins“. Dabei sei es um einen geplanten Deal gegangen, der es Russland ermöglichen sollte, mit Trumps „stiller Zustimmung“ die Kontrolle über einen Teil der Ukraine zu übernehmen. „Es war ein sehr klares Zeichen dafür, was Wladimir Putin vorhatte“, erklärte Weissmann im letzten Jahr.
Viele Fragen bezüglich Trumps wahren Intentionen und Informationen über Russlands illegalen Krieg gegen die Ukraine bleiben also vorerst offen – und neue sind seit dem TV-Duell hinzugekommen. Die Nähe zwischen dem Republikaner und Kremlchef Putin wurde derweil am Wochenende auch visuell greifbar – und bekam zigtausende Ansichten in den sozialen Medien, wo ein Foto kursierte.
Auf dem Dulles International Airport nahe der US-Hauptstadt Washington parkte die oftmals als „Trump Force One“ bezeichnete Boeing-Maschine des ehemaligen US-Präsidenten direkt neben einer Iljuschin mit der Aufschrift „Russland“, die Berichten zufolge wohl von der russischen Botschaft in den USA genutzt wird. „Bestenfalls“ sei das nur ein Zufall, hieß es in US-Medien.