Es besteht der Verdacht, dass Algorithmen den Livestream so beworben haben, dass die AfD einen unfairen Vorteil bei der Bundestagswahl erhielt.
EU-Beamte prüfenVerstieß der Musk-Weidel-Livestream gegen europäisches Recht?
Nach dem Gespräch zwischen Elon Musk und AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel auf der Plattform X untersucht die EU-Kommission mögliche Rechtsverstöße. Es steht der Verdacht im Raum, dass Musks Plattform X gegen das EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstoßen habe. So könnten die Algorithmen den Livestream mit Weidel so beworben haben, dass die AfD einen unfairen Vorteil bei der bevorstehenden Bundestagswahl erhielt, wie EU-Justizkommissar Michael McGrath dem irischen Fernsehen sagte. „Es geht um die Frage, ob es sich um eine illegale Verstärkung bestimmter Inhalte handelt“, so McGrath. „Bei der Durchführung von Wahlen müssen wir sicherstellen, dass unsere Wahlen frei, fair und ohne unerlaubte Einmischung durchgeführt werden.“
Musk hatte bereits mit mehr als 250 Millionen US-Dollar Donald Trumps Wahlkampf unterstützt und seine mehr als 200 Millionen Follower auf X mit Dutzenden Beiträgen jeden Tag aufgerufen, für Trump zu stimmen. Mit ähnlichen Methoden macht Musk nun auch in Europa Stimmung und erhöht damit den Druck auf die EU-Kommission, die Wirksamkeit ihrer Digitalgesetze unter Beweis zu stellen.
Es geht um das System hinter der Plattform – nicht um Inhalte
Zwei bis drei Beamte des 150-köpfigen Teams aus EU-Beamten, das Verstöße gegen das DSA-Gesetz überwacht, hatten nach Angaben der EU-Kommission den Livestream verfolgt. Das Ziel: Gesetzesverstöße für mögliche Strafen dokumentieren. „Wir schauen nicht auf die Inhalte, sondern auf die Systeme hinter der Plattform“, erklärte ein Sprecher. Es gehe etwa um den Algorithmus und die Empfehlung einzelner Beiträge.
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Zugleich arbeitet die Kommission mit externen Fachleuten zusammen, die Hass und Hetze in den Sozialen Netzwerken bei größeren Events wie diesem beobachten. In Brüssel weiß man um die Bedeutung des Musk-Weidel-Livestreams. Die Kommission sieht Musk nicht als normalen Nutzer, verwies in der Vergangenheit immer wieder auf seine enorme Reichweite und dass seine Beiträge besonders häufig anderen Nutzern angezeigt werden. Es laufen bereits mehrere Untersuchungen der EU-Kommission gegen X wegen möglicher Verstöße. Ob auf Basis der gesammelten Informationen beim Gespräch mit Weidel ein weiteres Verfahren eröffnet wird, stand zunächst nicht fest.
Auch die Bundestagsverwaltung prüft die Rechtmäßigkeit des Streams
Die EU-Kommission lässt zu allen größeren Online-Events Berichte erstellen, um mögliche Gesetzesverstöße zu dokumentieren. Auch zum Gespräch mit Musk soll es einen Bericht geben. Wann die Ermittlungen gegen X abgeschlossen werden, ist derzeit nicht bekannt. Kommt die EU-Kommission aber zum Schluss, dass X gegen das EU-Gesetz verstößt, drohen Bußgelder von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens. In der kommenden Woche beleuchtet das EU-Parlament in einer Plenardebatte, wie die EU-Kommission mit Hilfe des DSA-Gesetzes schärfer gegen, Desinformation, Hassrede und Wahlbeeinflussung auf Online-Plattformen vorgehen kann. Wenig überraschend: Die AfD und andere extrem rechte Parteien wollen das DSA-Gesetz abschaffen.
Auch die Bundestagsverwaltung prüft die Rechtmäßigkeit des Livestreams mit Musk, wie sie am Donnerstag mitteilte. Es geht um den Vorwurf der illegalen Beeinflussung des Bundestagswahlkampfs. Die Verwaltung in Berlin prüft, ob Musks Livestream und die damit verbundene Reichweite für AfD-Inhalte als illegale Parteispende einzustufen ist. „Die Bundestagsverwaltung führt im vorliegenden Fall derzeit eine Sachverhaltsklärung durch“, so ein Sprecher. Kritiker wie die Organisation LobbyControl sehen den Livestream als politische Werbung an, da solche enormen Reichweiten normalerweise für sehr viel Geld verkauft würden.