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Faktencheck: AKW-Weiterbetrieb von vielen Faktoren abhängig

Lesezeit 4 Minuten

Berlin – Die Atomkatastrophe von Fukushima vor elf Jahren scheint schon weit weg. In Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der deutschen Angst vor einem Energieengpass setzen einige Parteien wieder auf die Atomkraft. Wie sinnvoll ist es, die Meiler länger zu betreiben?

Die drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke (AKW) können einfach weiter am Netz bleiben, um Versorgungsengpässe auszugleichen.

Nein, so einfach ist es nicht.

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Eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten über Ende 2022 hinaus ist von mehreren Faktoren abhängig. Dabei stellt sich die Frage, ob der Aufwand den Ertrag rechtfertigt. Ein Überblick:

Um welche AKW geht es?

für Solare Energiesysteme im laufenden Jahr mit bislang 17,8 Terawattstunden (TWh) zu 6,4 Prozent beteiligt (Stand: 21. Juli, 12.30 Uhr).

Zum Vergleich: Mit Erdgas wurden demnach bisher 10,0 Prozent des Stroms (28,0 TWh) erzeugt. Mit 30,8 Prozent (86,0 TWh) sind Braun- und Steinkohle dabei. Der Großteil des Stroms kommt von erneuerbaren Energien: Wind (26,4 Prozent, 73,5 TWh), Sonne (13,0 Prozent, 36,3 TWh) und andere nachhaltige Energieträger machen zusammen einen Anteil von 51,7 Prozent (144,1 TWh) aus.

von mehr als vier Millionen solcher Haushalte reichen.

Klar ist: Die drei Meiler können maximal so viel Energie wie bisher liefern - und nicht mehr. Kerntechniker Thomas Walter Tromm vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) befürwortet dennoch eine Verlängerung von ein paar Monaten. Dann „käme man - ohne neue Brennelemente zu beschaffen - zumindest über den Winter”, sagt er.

Nach Ansicht des Kerntechnikers könnte der durch die drei Kernkraftwerke nach dem Jahreswechsel erzeugte Strom Erdgas in der Menge ersetzen, um pro Jahr etwa drei Millionen Einfamilienhäuser zu heizen.

Länger Strom durch weniger Strom?

Die Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft kommen in einer Prüfung aus dem Frühjahr zum Ergebnis, dass die drei AKW mit den vorhandenen Brennstäben nach dem 31. Dezember nur dann weiterlaufen könnten, wenn ihre Stromerzeugung vorher gedrosselt werden würde.

zur Laufzeitverlängerung ist deshalb von einem sogenannten „Streckbetrieb” die Rede. Das bedeutet laut Prüfung: „Die Atomkraftwerke würden dann im Sommer 2022 weniger Strom produzieren, um über den 31.12.2022 hinaus im ersten Quartal 2023 noch Strom produzieren zu können.” Weiter heißt es: „Insgesamt würde zwischen heute und Ende März 2023 netto nicht mehr Strom produziert.” Wenn also Politiker fordern, AKW nur für eine kurze Zeit weiterlaufen zu lassen, ginge das demnach auf Kosten der vorigen Stromproduktion.

Bei einem Weiterbetrieb hätte der Gesetzgeber zuerst das Atomgesetz zu ändern, wonach die drei Kernkraftwerke spätestens am 31. Dezember abgeschaltet werden müssen. Wenn man den behördlichen Aufwand schon mal betreibe, sagt KIT-Kerntechniker Tromm, sei es sinnvoll, „dann die Kernkraftwerke auch länger laufen zu lassen”.

Allerdings haben die AKW-Betreiber EnBW (Neckarwestheim 2), RWE (Emsland) und die Eon-Tochter PreussenElektra (Isar 2) Laufzeitverlängerungen bereits eine Absage erteilt.

Braucht es neue Brennstäbe?

Ein größeres Problem sind neue Brennstäbe. Im Prüfbericht des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums heißt es: Eine Verlängerung der Laufzeiten der AKW in Betrieb würde erst zusätzliche Strommengen bringen, „wenn diese mit neu hergestellten Brennstäben erneut gefüllt wären”. Die Ressorts gehen beim gesamten Bestell- und Herstellungsprozess von 18 bis 24 Monaten, bei einem beschleunigten Verfahren von 12 und 15 Monaten aus. Im Prüfbericht ist deshalb bei zusätzlichen Strommengen von „frühestens ab Herbst 2023” die Rede.

Wie steht es um die Sicherheit?

Auch wenn nach Einschätzung von Kerntechniker Tromm ein kurzfristiger Weiterbetrieb von einigen Monaten die Sicherheit nicht verringert, sind für eine Laufzeitverlängerung dennoch größere Maßnahmen notwendig.

Nach Angaben aus Umwelt- und Wirtschaftsministerium muss für jeden Meiler eine zuletzt 2009 stattgefundene umfangreiche Sicherheitsprüfung wiederholt werden. Dabei könne nicht abgeschätzt werden, ob oder was nachgerüstet und ersetzt werden müsse. Es sei eine Verlängerung der Laufzeiten um „mindestens drei bis fünf Jahre notwendig, um den Aufwand wirtschaftlich zu rechtfertigen”, heißt es.

© dpa-infocom, dpa:220723-99-127585/2 (dpa)