Siegen – FDP-Landesparteichef Joachim Stamp hat sich beim Parteitag der Liberalen in Siegen für einen differenzierten Umgang mit dem Thema Kopftuch ausgesprochen. „Wir sollten Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen“, sagte der NRW-Integrationsminister. Auch „grundprogressive Frauen“ würden zum Teil ein Kopftuch tragen. „Bei uns in der FDP ist jede selbstbestimmte Frau mit oder ohne Kopftuch herzlich willkommen“, sagte Stamp.
Integrationsstaatssekretärin Serap Güler hatte in der vergangenen Woche eine kontroverse Debatte über ein Kopftuch-Verbot für Mädchen an Kitas und Grundschulen ausgelöst. Stamp hatte der CDU-Politikerin beigepflichtet und sich damit auch Kritik aus den eigenen Reihen eingehandelt. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach sich insbesondere Justizstaatssekretär Dirk Wedel dagegen aus, ein Kopftuchverbot gesetzlich anzuordnen. Stamp erklärte in seiner Parteitagsrede: „Ziel ist nicht zwingend ein Gesetz. Wir müssen die Debatte ruhig und vernünftig führen und zu einem guten Ende führen.“
Stamps Rede dauerte rund 55 Minuten. Der Politiker aus Bonn stellte klar, er habe als Kinderminister auch eine Fürsorgepflicht für die muslimischen Mädchen. Es gehe nicht darum, eine Grundsatzdebatte über ein Kopftuchverbot anzuzetteln: „Das Gegenteil ist der Fall“, betonte Stamp. Der FDP-Landeschef verlangte einen Islam, der zu NRW passe. „Das kann kein nationalistischer und politischer Islam sein, bei dem eine Fahne über der Moschee weht“, erklärte Stamp.
Der Vize-Ministerpräsident von NRW stellte der schwarz-gelben Landesregierung in NRW ein gutes Zwischenzeugnis aus. An den NRW-Kitas solle es im Kindergartenjahr 2020/2021 spürbare Verbesserungen geben. Damit legte der Familienminister erstmals einen Zeitplan für die Umsetzung des angekündigten neuen Kinderbildungsgesetzes fest. Ziel der Reform ist es, die Unterfinanzierung des Kitasystems zu beenden.
Kritik an Echo-Verleihung
Mit Blick auf die Echo-Verleihung an die Gangsta-Rapper Kollegah und Farid Bang bekräftigte Stamp, die Liberalen müssten „Haltung zeigen“. „Ich schäme mich für die deutsche Musikindustrie“, rief der Parteivorsitzende unter Beifall in den Saal. In den Texten der Rapper gibt es antisemitische Zeilen. Stamp kündigte an, NRW werde jetzt selbst einen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem über den Bundesrat einbringen. Bei den Abschiebungen von Straftätern werde er „bis an die Grenze des Rechtsstaats“ gehen.
Bei seiner Wiederwahl als Landeschef erhielt Stamp 94,57 Prozent der Stimmen. Damit konnte er sein Ergebnis vom November 2017 (92,8 Prozent) leicht verbessern. Damals hatte Lindner den Landesvorsitz wegen seines Wechsels in die Bundespolitik vorzeitig abgegeben.