Papst Franziskus setzte sich immer für eine gerechte Ordnung der Gesellschaft ein. Für ihn bedeutete Arbeit ein Leben in Würde.
„Mit Arbeit spielt man nicht“Warum ein zentrales Vermächtnis des Papstes ganz aktuell ist

Papst Franziskus hält während einer seiner wöchentlichen Generalaudienzen im Jahr 2022 eine Ansprache an die Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom.
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Papst Franziskus ist tot, und nicht nur die katholische Welt erwartet mit Spannung, wer ihm folgen wird. Der nächste Papst wird auch an seinem Vorgänger gemessen werden, der in einer so pluralen und sich rasch verändernden Welt wichtige Hinweise für eine gerechte Ordnung der Gesellschaft gegeben hat. Dazu gehört das Arbeitsleben.
Anders als seine Vorgänger verfasste Franziskus keine Sozialenzykliken im eigentlichen Sinne, jene päpstlichen Lehrschreiben, die beginnend mit „Rerum novarum“ im Jahr 1891 die soziale Frage zu beantworten suchten. Dafür traten neue Themen stärken in den Vordergrund: „Laudato si“ gilt als die erste päpstliche „Umweltenzyklika“, fortgesetzt und konkretisiert in „Fratelli tutti.“ Aber gerade hier spricht Franziskus auch den Wert der Arbeit und die Bedingungen guter Arbeit explizit an. Die aus christlicher Sicht notwendige Solidarität erfasse auch und vor allem die Arbeitswelt.
Die Bemühungen zur Integration in den Arbeitsmarkt sind dabei ethische Pflicht, denn sie zu unterlassen führt zu Ausgrenzung und Zurückweisung. Der Wille zum profitablen Unternehmen darf berücksichtigt werden und kann handlungsleitend sein, darf die Folgen aber nicht ausblenden: „Diese Aussonderung zeigt sich auf vielfältige Weise, wie etwa in der Versessenheit, die Kosten der Arbeit zu reduzieren, ohne sich der schwerwiegenden Konsequenzen bewusst zu werden, die eine solche Maßnahme auslöst; denn die entstandene Arbeitslosigkeit führt direkt zu einer zunehmenden Verbreitung der Armut.“
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Damit kommt dem Arbeitsrecht eine zentrale Funktion in der Suche nach sozialer Gerechtigkeit zu, denn ihr Fehlen gehört zu den vielfältigen strukturellen Ursachen der Armut: „Ungleichheit, das Fehlen von Arbeit, Boden und Wohnung, die Verweigerung der sozialen Rechte und der Arbeitsrechte“.
Papst Franziskus: Mit der Arbeit spielt man nicht
In Übereinstimmung mit den großen Sozialenzykliken seiner Vorgänger betonte Franziskus in „Fratelli tutti“: Die Arbeit ermöglicht ein Leben in Würde. „Das große Thema ist die Arbeit“, schreibt Franziskus. Wirkliche Volksnähe bedeute, den Menschen die Möglichkeit zur Entfaltung seiner Kräfte durch Arbeit zu geben. „Den Armen mit Geld zu helfen, muss in diesem Sinn immer eine provisorische Lösung sein, um den Dringlichkeiten abzuhelfen. Das große Ziel muss immer sein, ihnen mittels Arbeit ein würdiges Leben zu ermöglichen.“
Zahlreiche Gelegenheiten nutzte Franziskus dazu, eine zentrale Botschaft zu adressieren: „Col lavoro non si gioca“ – Mit der Arbeit spielt man nicht. So kritisierte er in einer Generalaudienz vor etwas mehr als zehn Jahren den Konzern Thyssen-Krupp, der angekündigt hatte, in seinem italienischen Werk in Terni Stellen zu streichen. Wer das tue, um mehr Geld zu verdienen, der nehme den Menschen ihre Würde.
Größtes Gesellschaftsproblem ist der soziale Sprengstoff
Papst Franziskus hielt mit seiner Option für die Arbeitenden nicht hinter dem Berg. Noch vor etwa anderthalb Jahren forderte er in einer Ansprache an französische Unternehmer die Schaffung von Arbeitsplätzen, besonders für junge Menschen. Jeder neue Arbeitsplatz „ist geteilter Reichtum. Ein Reichtum, der nicht in den Banken landet, die Finanzinteressen produzieren, sondern der investiert wird, damit mehr Menschen arbeiten und ihr Leben menschenwürdiger gestalten können. Und wenn es stimmt, dass die Arbeit den Menschen veredelt, dann stimmt es umso mehr, dass es der Mensch ist, der die Arbeit veredelt. Wir, und nicht die Maschinen, sind der wahre Wert der Arbeit.“
All das mag auch diejenigen zum Nachdenken anregen, denen das päpstliche Framing zu fromm ist. Die Arbeitslosenquote steigt aktuell. Im historischen Vergleich sind die Zahlen immer noch niedrig, aber die Prognose verheißt nichts Gutes. Das aktuell größte Problem unserer Gesellschaft ist der soziale Sprengstoff, an den die Parteien der Ränder schon die Lunte gelegt haben. Gesellschaftlicher Friede braucht sozialen Frieden. Sozialer Friede braucht soziale Sicherheit. Soziale Sicherheit braucht Arbeit, von der man leben kann.
Die Integration in den Arbeitsmarkt muss ein zentrales Ziel der Weiterentwicklung des Arbeitsrechts, aber auch des Sozialrechts sein. Arbeit muss sich lohnen – und sie muss so gestaltet sein, dass sie dem Menschen dient.
Es wird vielleicht nicht ohne Schweiß und Tränen gehen. Modifizierung und Flexibilisierung müssen in Angriff genommen werden; sicherlich behutsam, aber doch konsequent und ohne Furcht vor dem Druck derer, deren Blick allein auf die gerichtet ist, die Arbeit haben. Arbeitsrechtlicher Schutz auf dem Rücken derer, die den Weg in den Arbeitsmarkt nicht finden, ist kein Fortschritt in der sozialen Entwicklung. Die Hinweise des verstorbenen Papstes sind dabei von bleibendem Wert.