Hendrik Wüst ist angewidert, Karl Lauterbach spricht von einer „Schande“. Auch Experten sind nach Demos, bei denen radikale Islamisten beteiligt waren, besorgt.
„Das widert mich an“Wüst, Scholz, Lauterbach – Drastische Worte nach Demowochenende
Nach mehreren propalästinensischen Demonstrationen am Wochenende ermittelt die Polizei in diversen Fällen wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Politiker wählen über die Parteigrenzen hinaus drastische Worte – und diskutieren über mögliche Konsequenzen.
Tausende bei propalästinensischen Demonstrationen in Deutschland
9.000 Teilnehmer in Berlin, 17.000 in Düsseldorf, 1.300 in Bremen: Bei propalästinensischen Kundgebungen am Wochenende, bei denen radikale Islamisten teilnahmen, fertigten die Beamten Dutzende Anzeigen. In Essen wurden Transparente unter anderem mit der Forderung nach der Errichtung eines islamistischen Kalifats eingezogen, in Düsseldorf Plakate, auf denen der Holocaust relativiert wurde. Mehrere Spitzenpolitiker haben nach den Demonstrationen am Wochenende Stellung bezogen und dabei Klartext gesprochen.
„Was wir am Wochenende bei Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen erlebt und gesehen haben, trifft auf die absolute Ablehnung der Landesregierung. Ich kann für mich persönlich sagen: Mich widert das an“, sagte der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gegenüber dem WDR.
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Hendrik Wüst verurteilt islamistische Propaganda auf Demonstrationen in NRW
„Wer in einem Kalifat leben will, der ist hier in Deutschland schlicht falsch. Ob Salafisten, Islamisten, Extremisten – das gehört konsequent verboten. Wir müssen unsere freie Gesellschaft verteidigen“, so der CDU-Politiker weiter.
Sein Parteikollege Herbert Reul befand, dass bei der Demonstration in Essen am Freitagabend eine „neue Qualität“ erreicht worden sei. Der NRW-Innenminister warf die Frage auf, „wie wir eigentlich mit Gruppen umgehen, die so etwas als Vorwand benutzen“.
Karl Lauterbach bezeichnet Vorfälle in Berlin als „Schande“
Karl Lauterbach sprach in Bezug auf Vorfälle in Berlin von einer „Schande“. Der Bundesgesundheitsminister teilte in den sozialen Medien Aufnahmen von Menschen vor einer Starbucks-Filiale – die propalästinensischen Demonstranten hatten das Geschäft dort offenbar boykottieren wollen, weil der Gründer von Starbucks jüdischer Herkunft ist.
„Dass so etwas in Deutschland noch einmal stattfindet ist eine Schande. Wir haben, das muss man zugeben, das Ausmaß des latenten Antisemitismus massiv unterschätzt. Der Fehler muss korrigiert werden“, forderte Lauterbach auf X, vormals Twitter.
Olaf Scholz mit klarer Kante gegen Antisemitismus
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rief die Menschen in Deutschland angesichts antisemitischer Vorfälle zum „Schutz von Jüdinnen und Juden“ aufgerufen. „Wer Juden in Deutschland angreift, greift uns alle an. Deshalb sollten wir uns alle für den Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland einsetzen, da geht es um Zivilcourage“, sagte Scholz dem „Mannheimer Morgen“.
Antisemitismus sei nicht akzeptabel. „Wir haben glasklare Gesetze: Es ist strafbar, israelische Fahnen zu verbrennen. Es ist strafbar, den Tod von Unschuldigen zu bejubeln. Es ist strafbar, antisemitische Parolen zu brüllen“, sagte Scholz weiter.
Friedrich Merz fordert mit Blick auf Vorfälle bei Demos auf Stopp der Einbürgerungs-Reform
CDU-Chef Friedrich Merz sagte mit Blick auf das Demonstrationsgeschehen vom Wochenende: „Wenn wir im Staatsbürgerschaftsrecht so vorgehen, dann dürfen wir uns über weitere Demonstrationen dieser Art nicht wundern.“ Merz drängte auf in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am Sonntag darauf, dass die Ampel-Regierung ihre geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts stoppen müsse. Man müsse genau hinschauen, wer eingebürgert werden solle.
Während Politiker die Geschehnisse in Deutschland mit zunehmender Schärfe verurteilen, sorgen sich Experten angesichts der Größe und der Vorkommnisse bei den Demonstrationen. Politikwissenschaftler und Nahostexperte Frank Neumann spricht auf X von einem „Riesenproblem“ in Bezug auf den aktuell in Deutschland zum Teil offen zur Schau gestellten Antisemitismus.
„Ich studiere seit knapp 25 Jahren Extremismus und seit über 15 Jahren Islamismus -- in all seinen Ausprägungen. Was aktuell passiert, macht mir große Sorgen“, so Neumann. Islamisten würden mit dem Leiden der Palästinenser Massen mobilisieren und bei den Kundgebungen ihre eigenen, extremen Botschaften unterbringen.
„Sie sagen: ‚Die Deutschen hassen nicht nur die Palästinenser, sie hassen Dich, weil Du Muslim bist. Du musst entscheiden: Bist Du Muslim, oder bist Du Deutscher? Beides geht nicht. Und wenn Du Muslim bist, musst Du für Deine Leute kämpfen.‘ So funktioniert Radikalisierung.“ Die Integrationspolitik in Deutschland müsse auf den Prüfstand.