Beim Angriff der Hamas gerät auch ein Musikfestival unter Beschuss. Überlebende Besucherinnen und Besucher berichten von einem Massaker.
„Es war ein Schlachtfeld“Mindestens 260 Tote nach Hamas-Angriff auf Musikfestival in Israel
Nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas aus dem Gazastreifen haben Einsatzkräfte auf dem Gelände eines Musikfestivals in der israelischen Negev-Wüste mindestens 260 Leichen gefunden. Das berichtete die Nachrichtenwebsite Ynet unter Berufung auf den Rettungsdienst Zaka am Sonntagabend. Die Gesamtzahl der Opfer dürfte höher liegen, da auch andere Rettungsdienste im Einsatz waren.
Offenbar 22-jährige Deutsch-Israelin unter den Opfern
Hamas-Terroristen attackierten am Samstag die Teilnehmer des Supernova Festivals nahe der Grenze zum Gazastreifen und verschleppten auch zahlreiche Menschen von dort in den Gazastreifen. Auch eine Deutsche soll unter den Opfern sein, wie der „Spiegel“ berichtete. Auf einem Hamas-Video soll die 22-jährige Deutsch-Israelin Shani Louk zu erkennen sein, wie ihre Mutter dem Medium sagte. Die junge Frau habe demnach mit dem Gesicht nach unten auf einer Ladefläche eines Pick-ups gelegen, mehrere Männer hätten auf ihr herumgetrampelt. Die Mutter habe ihre Tochter an einem markanten Tattoo erkennt. Ob die 22-Jährige noch lebte, sei unklar.
Das Festival wurde von Tausenden Menschen besucht. Israelischen Medien zufolge sollen zahlreiche Frauen vergewaltigt worden sein, bevor sie getötet oder verschleppt wurden. In sozialen Medien und von Nachrichtenmedien veröffentlichte Videos zeigten Dutzende Festivalbesucher, die über eine freie Fläche rannten, während Schüsse zu hören waren. Viele versteckten sich in nahe gelegenen Obstplantagen oder wurden auf der Flucht niedergestreckt. Medien zitierten Augenzeugen, die von einem Massaker sprachen.
Festivalbesucher: „Es war furchtbar, es war ein Schlachtfeld“
„Sie waren überall mit ihren automatischen Waffen“, zitierte die BBC die Festivalbesucherin Gili Yoskovich. Sie habe zunächst versucht, mit dem Auto zu flüchten, versteckte sich aber wenig später. „Sie gingen von Baum zu Baum und schossen. Überall. Von zwei Seiten. Ich sah, wie die Menschen um mich herum starben“, erzählte sie. Yoskovich habe gedacht: „Okay, ich werde sterben. Es ist okay, atme einfach, schließe deine Augen.“ Nach drei Stunden sei ihr mithilfe israelischer Soldaten schließlich die Flucht gelungen, berichtete Yoskovich der BBC.
„Die Leute rannten in alle Richtungen, sprangen in jedes Fahrzeug, das sie sahen, und flohen“, erzählte ein Festivalbesucher namens Omer der israelischen Zeitung „Haaretz“. Er habe sich zunächst hinter einem Felsen versteckt und habe „Allahu akbar“-Rufe gehört. Schließlich sei er mit weiteren Besuchern in ein Auto gestiegen und habe versucht zu fliehen. „Aber die Straße war voller ausgebrannter Autos, und die Terroristen begannen, auf uns zu schießen.“ Der Fahrer sei den Kugeln ausgewichen. „Es war furchtbar, es war ein Schlachtfeld.“
Arik Nani beschrieb, wie sie stundenlang versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. „Wir rannten zu den Feldern und hörten hinter uns ständiges Feuer, sahen Menschen rennen und fallen. Wir versteckten uns im Gebüsch, während Kugeln über unsere Köpfe flogen“, sagte Nani, die diese Woche ihren 26. Geburtstag feiert. Sie werde ihn in Trauer, aber dankbar feiern. „Ich habe nicht gedacht, dass ich es schaffen würde“. Sechs Stunden sei sie dehydriert und mit einer Verletzung an der Hand gerannt bis sie es schaffte, in eine Notunterkunft zu kommen.
Ein anderer Festivalgast sagte dem israelischen Channel 12 laut eines Berichts von „blick.ch“, dass der Raketenlärm zunächst wie ein Teil der Musik klang. Plötzlich spürten wir die Kugeln um uns herum.“ Mit Freunden sei er dann zu den Autos gelaufen. Durch die Menschenmassen sei der Ausgang aber nicht erreichbar gewesen.
Frauen stellen sich zwei Stunden lang tot
Die 20-jährige Festivalbesucherin Noya Reuven berichtete gegenüber der „Times of Israel“ von einer Massenpanik. Ihr sei es zwei Stunden nach Beginn des Angriffs gelungen, das Gelände zu verlassen und in eine Seitenstraße zu fahren, wo sie ein Ehepaar aufgenommen habe.
Eine weitere Besucherin sei bei dem Versuch, dass Gelände zu verlassen, von etwa fünf Bewaffneten angegriffen worden, schrieb „Times of Israel“. Sie hätten auf ihr Auto geschossen, das daraufhin nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei. Der Fahrer eines Jeeps habe sie und eine Freundin aufgenommen, dieser wurde aber kurz darauf erschossen. Der Jeep sei in einem Graben gestürzt. Die beiden Frauen hätten sich nach dem Crash für zwei Stunden lang tot gestellt, bis sie hebräisch sprechende Soldaten hörten, die sie in ein Krankenhaus brachten.
„Lasst das keinen neuen Holocaust werden“
Viele Angehörige suchen immer noch verzweifelt nach Vermissten. „Ich weiß nicht, ob meine Tochter irgendwo blutend liegt, ich weiß nicht, ob man sie nach Gaza verschleppt hat, ich weiß nicht, ob sie leidet“, sagte Ahuwa Maizel am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Das letzte Mal als sie mit ihrer Tochter sprach, sei am Samstagmorgen um kurz nach 7 Uhr gewesen. Ihre Tochter Adi habe angerufen und gesagt: „Hier ist ein Massaker, sie richten ein Massaker an, Hunderte Terroristen schießen um sich.“ Dann sei die Verbindung abgebrochen.
„Falls sie jemand gefangen hält, bitte, bitte, bleibt menschlich. Wir haben alle die gleiche DNA, wir sind alles nur Menschen“, sagte Maizel unter Tränen. Die Ungewissheit sei nicht auszuhalten. Unschuldige Menschen dürften nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden. „Lasst das keinen neuen Holocaust werden.“
Die islamistische Hamas hatte am Samstagmorgen von Gaza aus überraschend Raketenangriffe gegen Israel begonnen. Gleichzeitig drangen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor und griffen wehrlose Menschen in mehreren Orten in Grenznähe an. Bei dem Terrorakt wurden wohl mindestens 700 Menschen in Israel getötet. Bei israelischen Gegenangriffen kamen im Gazastreifen mehr als 400 Menschen ums Leben. (RND)