Düsseldorf – Der bisherige Parteichef der NRW-FDP, Joachim Stamp, will sich Anfang kommenden Jahres von der Führung der Partei zurückziehen. In einem Schreiben an die FDP-Parteimitglieder, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, schreibt der Politiker aus Bonn, er werde sich „nicht erneut um ein Führungsamt bewerben“. Nach 13 Jahren, in denen er in der Landespolitik verschiedene Spitzenämter bekleidet habe, werde er sich „neuen Herausforderungen widmen.“ Jetzt gelte es, „die Ärmel hochzukrempeln“ und die „FDP optimal aufzustellen“.
Stamp war von Teilen der FDP für das schlechte Abschneiden bei der Landtagswahl im Mai verantwortlich gemacht worden, bei der die Liberalen auf 5,9 Prozent abstürzten. In Parteikreisen hieß es, Stamp werde im kommenden Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit eine Rolle in der Bundesregierung übernehmen und nach Berlin wechseln.
Platz im Bundesinnenministerium
Den Informationen zu Folge gilt es als so gut wie sicher, dass der Noch-Parteichef Beauftragter für Abschiebungsfragen im Bundes-Innenministerium werden soll. „Dann wird Joachim auch sein Landtagsmandat zurückgeben“, sagte ein Insider unserer Zeitung.
Über den Rückzug von Stamp soll heute Abend bei einer Sitzung des Parteivorstands der FDP im Alten Bahnhof von Düsseldorf-Gerresheim beraten werden. Wunsch-Nachfolger des früheren Vize-Ministerpräsidenten ist offenbar Fraktionschef Henning Höne, der intern Interesse an einer Kandidatur geäußert haben soll. Es habe Vorteile, wenn Partei- und Fraktionsvorsitz in einer Hand liegen würde, hieß es in der Landtagsfraktion. Die Jungen Liberalen hatten sich im Gegensatz dazu in einem Strategiepapier dafür ausgesprochen, Spitzenämter auf mehrere Schultern zu verteilen.
Kritiker sprechen von Befreiungsschlag
Stamp-Kritiker in der FDP sprachen nach der Rückzugs-Nachricht von einem „Befreiungsschlag“. Sollte der Parteichef in die Bundespolitik wechseln, würde die Gesundheitsexpertin Susanne Schneider für ihn ins Parlament nachrücken. Stamp ist in der Fraktion derzeit für Petitionen sowie Frauen- und Gleichstellungspolitik zuständig.
Ob die früheren FDP-Minister Yvonne Gebauer (Schule) und Andreas Pinkwart (Wirtschaft) ihre Mandate bis zum Ende der Legislaturperiode behalten, ist noch unklar. Für Pinkwart war zwischenzeitlich eine Rolle als Aufsichtsrat der Deutschen Bahn im Gespräch.
Harter Kurs gegenüber Gefährdern
Stamp hatte den Parteivorsitz 2017 von seinem Vorgänger Christian Lindner übernommen. Der studierte Theologe setzte sich als Integrationsminister für ein modernes Einwanderungsgesetz ein, bei der Abschiebung von Gefährdern verfolgte er einen harten Kurs. Für Schlagzeilen sorgte 2018 die Abschiebung von Sami A. nach Tunesien, die erfolgte, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein vorläufiges Abschiebeverbot bestätigt hatte.
In der Koalition mit der CDU entwickelte Stamp ein freundschaftliches Verhältnis zu Ex-NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und zu dessen Nachfolger Hendrik Wüst. In der FDP wird kritisiert, von der Harmonie habe nur die CDU profitiert – Stamp sei es nicht gelungen, im Wahlkampf die politischen Alleinstellungsmerkmale der FDP herauszuarbeiten.
Der nächste Parteitag der NRW-FDP wurde von April 2023 auf den Januar vorgezogen. Der Vater von zwei Töchtern kündigte seine Bereitschaft an, dem künftigen Zukunftsteam weiter „mit Rat und Tat zur Seite“ zu stehen.