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Keine „Extrawurst“ für Tönnies?WDR-Bericht über den Fleischhersteller in der Kritik

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Fleischproduktion in deutschem Schlachtbetrieb (Symbolbild)

Düsseldorf/Köln – NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) soll sich im Gesundheitsausschuss des Landtags zu einem WDR-Bericht über die Corona-Regelungen für den Fleischhersteller Tönnies äußern. Das hat die SPD-Fraktion am Montag beantragt.

Einem Beitrag des Magazins „Westpol“ zufolge soll es eine „Lex Tönnies“ gegeben haben, die positiv getesteten Mitarbeitern die Möglichkeit eröffnet haben soll, die Quarantäne nach zwei Tagen beenden zu können. Der Vorgang müsse vollständig aufgeklärt werden, forderte SPD-Gesundheitsexperte Josef Neumann: „Der Minister muss alles auf den Tisch legen. Seine Glaubwürdigkeit in der NRW-Corona-Politik stehe auf dem Spiel.

Keine „Extrawurst" für Tönnies

Für Corona-Infizierte gilt grundsätzlich eine zehntägige Quarantäne, die bei einem milden Verlauf mittels PCR-Test auf sieben Tage verkürzt werden kann. Der Kreis Gütersloh soll laut WDR für das Tönnies-Personal eine Option eingeführt haben, die eine frühere Freitestung ermöglichte. „Das Vorgehen des Kreises Gütersloh und die mindestens stillschweigende Duldung durch die Landesregierung machen sprachlos“, sagte Mehrdad Mostofizadeh, Gesundheitsexperte der Grünen im Landtag. „Wieder einmal bekommt der Schlachthofriese Tönnies anscheinend eine Extrawurst gebraten – zulasten des Arbeitsschutzes der Mitarbeitenden“, fügte der Politiker aus Essen hinzu.

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Tönnies betreibt in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh Deutschlands größten Schlachthof. Im Sommer 2020 hatte er durch einen massiven Corona-Ausbruch auf dem Werksgelände in der Kritik gestanden. Die Grünen vermuten, dass es ein gewachsenes „Kooperationsprinzip“ zwischen dem Konzern und den Behörden gebe. Dadurch würde Tönnies mehr erlaubt als anderen Betrieben. Das NRW-Gesundheitsministerium indes weist diesen Vorwurf energisch zurück. Man verfolge gegenüber der Schlachtindustrie „ein sehr konsequentes Kontrollregime“, hieß es in einer Mittteilung. Bundesweit einzigartig sei zu Beginn des Jahres eine Testpflicht auch für geimpfte und genesene Mitarbeitende eingeführt worden.

Infizierte wurden zweimal getestet

Die Firma Tönnies habe dies in den ersten beiden Kalenderwochen des Jahres mit Hilfe von PCR-Tests gemacht. Da die als infiziert identifizierten Mitarbeitenden vor dem Jahreswechsel nicht schon einmal getestet worden seien, hätte der kurzfristig anberaumte zweite PCR-Test klären sollen, ob ein Betroffener am Anfang oder am Ende einer Infektion gestanden habe. „Ein ansteigender ct-Wert wäre Zeichen für eine bereits vorher überwundene Infektion und bei Symptomfreiheit keine weitere Isolierung erforderlich gewesen“, heißt es in der Stellungnahme des NRW-Gesundheitsministeriums.

Rechtsgrundlage für die eigenständige Entscheidung des Gesundheitsamtes sei die landesweit gültige Test- und Quarantäneverordnung. Mit dem Ministerium müsse nichts abgesprochen werden. Wegen der engmaschigen Überwachung der Firma Tönnies sei das Land allerdings transparent über das Vorgehen informiert worden, Bedenken habe es nicht gegeben.

Auch Kölns leitender Impfarzt hält die Vorwürfe für unberechtigt

Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ kommt in diesem Zusammenhang vor allem dem ct-Wert, der den Grad der Viruslast beschreibt, eine entscheidende Rolle zu. „Zur Beendigung“ einer Quarantäne seien unter anderem auch „ein negatives PCR-Resultat oder ein positives Testresultat mit einem CT-Wert höher als 30 zulässig“, heißt es auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts.

Von einer vorzeitigen Entlassung aus der Quarantäne betroffen sei ausschließlich Tönnies-Personal gewesen, bei dem der Ct-Wert sowohl beim ersten als auch beim zweiten PCR-Test über dem Schwellenwert 30 gelegen hätte, bestätigte der Kreis Güterloh auf Anfrage. Dies betreffe neun Personen, die frühestens nach dem vierten Tag wieder zur Arbeit gegangen seien. Es gebe keine Sonderregeln für Mitarbeitende des Fleischproduzenten. auch bei andere Personen sei man in der Vergangenheit so vorgegangen.

„Vorgehen in Gütersloh rechtens und medizinisch vertretbar“

Unter dieser Prämisse sei das dortige Vorgehen „rechtens und auch medizinisch vertretbar“ gewesen, sagte Jürgen Zastrow, Kölns leitender Impfarzt, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Denn bei einem CT-Wert über 30 geht man davon aus, dass die Menschen nicht mehr infektiös sind. Je höher der Wert, desto geringer ist die Virenlast.“ Und wenn der Zeitpunkt der Infektion nicht mehr feststellbar sei, könne die Sieben-Tage-Regel des Landes eben durch einen zweiten Test ersetzt werden.

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Nicht nur zum aktuellen Quarantäne-Management, auch bezüglich der coronabedingten Betriebsstilllegung und Quarantäne für zahlreiche Tönnies-Mitarbeiter im Frühjahr 2020 gibt es Neuigkeiten. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Minden muss das Land NRW in zwei Fällen Entschädigung zahlen. Dies waren die ersten Fälle dieser Art, die vor Gericht entschieden wurden. Mehr als 4500 juristisch ähnliche Fälle lägen noch beim Verwaltungsgericht Minden, sagte eine Gerichtssprecherin. Mehr als 3000 sind es nach Auskunft eines Sprechers etwa beim Verwaltungsgericht in Münster.

Land NRW muss Schadensersatz zahlen

Bei den jetzt entschiedenen Fällen gehe es um zwei Subunternehmen, die mit eigenen Mitarbeitern auf Tönniesgelände gearbeitet haben, sagte die Mindener Sprecherin. Tönnies selbst sei nicht direkt involviert. Die beiden Mitarbeiter seien im Juni und Juli - wie viele ihrer Kollegen - jeweils mehrere Wochen auf Anordnung des Kreises in Quarantäne gegangen. Die Subunternehmen hätten den Lohn plus Sozialabgaben in der Zeit von jeweils rund 1000 Euro weiterbezahlt, das Geld aber vom Land zurückgefordert. Das habe das Land verweigert und den Unternehmen vorgeworfen, die Mitarbeiter nicht ausreichend am Arbeitsplatz geschützt zu haben. In der Folge sei es zu Corona-Infektionen gekommen. Daher gebe es auch keinen Anspruch auf eine Lohn-Entschädigung aus dem Infektionsschutzgesetz.

Das Mindener Gericht folgte dieser Auffassung des Landes nicht. Eine Begründung für die Entscheidung nannte das Gericht zunächst nicht. Dafür müsse die schriftliche Fassung des Urteils abgewartet werden, sagte die Sprecherin.