Düsseldorf – Starre Betreuungszeiten in den Kitas machen es vielen Eltern unmöglich, voll berufstätig zu sein. Mit der Reform des Kinderbildungesetzes (KiBiz) will NRW-Familienminister Joachim Stamp jetzt ein zentrales Wahlkampfversprechen von CDU und FDP einlösen. „Wir wollen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, damit die Kitas morgens und abends länger öffnen können“, sagte der FDP-Politiker in Düsseldorf.
An bestimmten Standorten sollen auch 24-Stunden-Kitas möglich sein.
„Das kann ich mir an einer Uni-Klinik vorstellen“, sagte Stamp. „Der Arzt oder Pfleger bringt die Kinder abends ins Bett und holt sie nach der Schicht wieder ab.“
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Allerdings soll es bei der Vorgabe bleiben, dass die Kinder insgesamt nicht länger als neun Stunden betreut werden dürfen. Wer sein Kind um acht Uhr abgibt, muss also bis 17 Uhr wieder zur Stelle sein. Je nachdem, wie weit die Arbeitsstelle von der Einrichtung entfernt ist, kann dieses Korsett zu Problemen führen.
130 000 Erzieher fehlen
Der Verband Erziehung und Wissenschaft (VBE) glaubt nicht daran, dass die Kibiz-Reform, der große Wurf wird. „Zuerst muss das notwendige Personal vorhanden sein, dann kann die Flexibilisierung folgen“, erklärt des Landesvorsitzende Stefan Behlau. Wohnort und Haushaltslage der Kommunen dürften nicht länger entscheidend für die Qualität der frühkindlichen Bildung sein.Nach Einschätzung des Deutschen Beamtenbundes fehlen in Deutschland rund 130 000 Erzieherinnen und Erzieher.
Stamp will das neue Kita-Gesetz im Januar 2019 vorlegen und im Sommer 2019 durch den Landtag bringen. Zum Kita-Jahr 2020/21 soll das reformierte KiBiz dann in Kraft treten. Die CDU/FDP-Regierung hatte den rund 9800 Kitas in NRW bereits im vergangenen Jahr mit einer Finanzspritze in Höhe von einer halben Milliarde Euro unter die Arme gegriffen.An dem bisherigen Finanzierungssystem mit Pauschalen für jedes Kindertagesstätten-Kind will das Land weiterhin festhalten. Stamp geht davon aus, dass sich auch die Kommunen stärker als bisher an der künftigen Finanzierung beteiligen. Derzeit tragen sie rund 35 Prozent der Kosten. Der VBE verlangt eine dynamische Sockelfinanzierung, die unter anderem U-3-Plätze, Inklusion und Integration berücksichtigt.
In NRW hat sich die Zahl der Auszubildenden im Erzieherbereich seit 2008 von knapp 15 000 auf 25 000 erhöht. Pro Jahr gibt es rund 8000 Absolventen, rund 2000 Erzieherinnen gehen in Rente – oder hängen den Job an den Nagel. Eine Studie des Deutschen Kitaleitungskongress hatte ergeben, dass 80 Prozent der befragten Kitaleitungen eine mangelnde Wertschätzung durch die Politik beklagen. 76 Prozent der Befragten haben den Eindruck, die Öffentlichkeit habe ein vorurteilsbelastetes Bild von ihrer Arbeit.
SPD will Steuern investieren
Dennis Mälzer, Kita-Experte der SPD im Landtag, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, die angestrebte Flexibilisierung in Form von 24-Stunden-Kitas dürfe nicht dazu führen, „dass Kinder den Schichtdienst ihrer Eltern nachvollziehen müssen“. Der laute Ruf nach einer starken Beteiligung der Kommunen verkenne die deutlich verbesserte Finanzsituation des Landes, die Spielräume für eine durchgreifende Kita-Reform eröffne. „Die Steuereinnahmen sind deutlich verbessert, die Reform des Länder-Finanzausgleichs wird NRW ab 2020 zusätzliche Milliarden Euro bescheren“, so Mälzer.
Josefine Paul, Sprecherin der Landtags-Grünen für Kinder, Jugend und Familie erklärte, die angekündigten Kibiz-Eckpunkte seien kaum mehr als ein „verzagtes Zeitplänchen“. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Minister „weiter auf überholte Kindpauschalen“ setze. Stamp berief am Montag einer Expertenkommission ein, die das Ministerium bei der Kibiz-Reform beraten soll.