Die diesjährige Weltklimakonferenz findet in der Diktatur Aserbaidschan statt. Sicherheitsbeamte warnen Politiker vor staatlicher Spionage.
Klimakonferenz COP29 in BakuEU-Politiker reisen mit Wegwerfhandys und abgeschirmten Taschen in die Diktatur
Weltklimakonferenz in der Diktatur Aserbaidschan, zu der zehntausende Gäste erwartet werden. Aus Angst vor Hackerangriffen und staatlicher Spionage reist die EU-Delegation mit gesicherten Wegwerfhandys und Laptops in die Hauptstadt Baku, wie der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor dem Abflug in Brüssel sagte. „Ich gehe davon aus, dass ich rund um die Uhr überwacht werde“, sagte Bloss. Sicherheitsbeamte hätten ihn und andere EU-Abgeordnete gewarnt, dass ihre Kommunikation abgehört werden könne.
Gesicherte Laptops und unregistrierte Prepaidhandys, sogenannte Burner Phones, wie sie häufig von Kriminellen benutzt werden, sollen den Politikern sicheres Arbeiten ermöglichen. Der Sicherheitsdienst des EU-Parlaments wird die Geräte nach der Klimakonferenz auf mögliche Spionagesoftware untersuchen. „Ich bin überzeugt, dass man versuchen wird, mich auszuspionieren“, sagt Bloss. Er bekommt außerdem eine Tasche, die nach außen abgeschirmt ist und vor Spionage schützen soll.
Vertreter westlicher Demokratien „tagtäglich im Fokus der Spionage autokratischer Mächte“
Bloss und die CDU-Politikerin Andrea Wechsler sind die einzigen beiden deutschen EU-Abgeordneten in der 15-köpfigen Delegation, die nach Baku reist. Ob Wechsler auch Angst hat, ausspioniert zu werden? Als EU-Abgeordnete habe sie nichts zu befürchten, sagt sie auf Nachfrage. „Natürlich sind westliche Demokratien und ihre Vertreter tagtäglich auch im Fokus der Spionage autokratischer Mächte – unabhängig von dieser spezifischen Delegationsreise“, räumt Wechsler ein.
Auch Staats- und Regierungschefs aus aller Welt reisen nach Baku, darunter die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der polnische Regierungschef Donald Tusk und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte seine Teilnahme wegen der geplatzten Regierung in Deutschland bereits vor einigen Tagen abgesagt. „Auch die EU wird dieses Jahr keine große Präsenz haben“, sagte ein Diplomat und verwies auf die schlechte Menschenrechtslage. Einen großen Pavillon und viele Events werde es nicht geben.
Aserbaidschans Präsident Alijew sperrt Kritiker ein und fördert Öl und Gas
Für die EU wird Ratspräsident Charles Michel in der ersten Woche der Klimakonferenz über die Eindämmung der Klimakrise und den Umgang mit ihren Folgen verhandeln. In der zweiten Woche wird das EU-Verhandlungsteam von Klimakommissar Wopke Hoekstra geleitet. Die Delegation des EU-Parlaments soll dafür sorgen, dass Michel und Hoekstra die ehrgeizigen Positionen auf der Konferenz auch durchsetzen.
Schon die Wahl des Gastgeberlands und Verhandlungsführers Aserbaidschan für die Klimakonferenz ist ein Politikum. Staatschef Ilham Alijew sperrt seine Kritiker nicht nur hinter Gittern ein und lässt Umweltproteste gewaltsam niederschlagen. Er will auch weiter massiv Öl und Gas fördern. Das sei „ein Geschenk Gottes“, sagte er noch im April. Dabei ist die Förderung fossiler Energieträger ein Klimakiller, Unmengen an Treibhausgasen werden freigesetzt. Eigentlich sollte die COP29 in Osteuropa stattfinden, doch Russland drohte, alle osteuropäischen Länder zu blockieren.
Will Aserbaidschan sein schlechtes Image aufpolieren?
Grünen-Politiker Bloss glaubt, dass Aserbaidschan mit der Klimakonferenz sein schlechtes Image aufpolieren will. Er spricht von einer „fossilen Diktatur“, deren Macht auf Öl und Gas basiere. Er plant vor Ort auch ein Treffen mit dem Antikorruptionsaktivisten Gubad Ibadoghlu, der wegen seiner Kritik an der Öl- und Gasindustrie seines Landes verhaftet wurde. Ibadoghlu hatte unter anderem erklärt, dass Aserbaidschan künftig russisches Gas nach Europa verkaufen müsse, um die Verträge mit der EU zu erfüllen.
Für Europa ist Aserbaidschan ein wichtiger Gaslieferant, vor allem seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die EU ist der größte Abnehmer des Landes, viele Exporte gehen nach Italien und Deutschland. Unternehmen aus Ungarn und der Slowakei arbeiten an weiteren Deals. „Das EU-Abkommen mit Aserbaidschan diente der Gewährleistung einer stabilen Energieversorgung in Europa nach Beginn des Ukraine-Krieges“, sagte Wechsler.
Klar sei, dass jedes Abkommen dieser Art nur eine Übergangslösung auf dem Wege zur Defossilisierung im Lichte der EU-Klimaziele sei. Die Kernanstrengung Europas sei der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, so die CDU-Politikerin.