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Kommentar

Kommentar zum Streit von Habeck und Lindner
Noch eine Runde Schattenboxen kann niemand gebrauchen

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Lesezeit 3 Minuten
Eigentlich Regierungspartner: Finanzminister Christian Lindner (FDP, l.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Eigentlich Regierungspartner: Finanzminister Christian Lindner (FDP, l.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Die kriselnde Wirtschaft braucht einen Schub Richtung internationale Wettbewerbsfähigkeit. Und was machen die zuständigen Minister?

Immerhin: Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner eint die Erkenntnis, dass die deutschen Unternehmenssteuern international nicht wettbewerbsfähig sind und die heimische Wirtschaft einen kräftigen Schub nach vorne braucht. Wie dies gelingen kann, ist auch kein Geheimnis: Steuererleichterungen, großzügigere Abschreibemöglichkeiten für Investitionen, Entbürokratisierung, Digitalisierung und eine taugliche Infrastruktur.

In einer Regierung, in der Vertrauen herrscht, hätten sich die beiden zuständigen Minister zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Plan ersonnen, wie sich in einer finanziell angespannten Haushaltslage der notwendige Schub nach vorne passgenau erzeugen lässt. Aber, ach – vertraulich können die beiden Minister nicht miteinander arbeiten. Die Sorge ist zu groß, dass eine Seite etwas an die Öffentlichkeit durchsticht und damit die Pläne des jeweils anderen Ministeriums vereitelt. Siehe Heizungsgesetz.

Habeck schlägt Schuldentopf vor, Lindner ist überrumpelt und kassiert die Idee

So schlägt Habeck im Bundestag einen neuen Schuldentopf in Form eines Sondervermögens zur Stabilisierung der Wirtschaft vor. Der überrumpelte Lindner kassiert die Idee und setzt die Forderung nach Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Unternehmen dagegen. Und flugs stecken der Grüne und der Liberale in der nächsten Runde Schattenboxen. Das hilft niemandem. Im Gegenteil: Es bestätigt nur die wachsende Zahl an Bürgerinnen und Bürgern, die das Vertrauen verloren haben, dass diese Regierung ihre Aufgaben bewältigen kann.

Gut zwei Jahre nach ihrem Start und einem dramatischen Absinken in den Umfragewerten hat die Ampel eigentlich die Chance zum Neubeginn. Landauf landab sind die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße, um ihre Demokratie zu verteidigen. Rechtsextremisten und AfD sind in der Defensive. Den Menschen fehlt der Glaube an die Regierung, nicht aber an die Demokratie.

Wenn es der Ampel-Koalition nun endlich gelänge, solides Regierungshandwerk an den Tag zu legen und nicht eine Schaufensterdebatte nach der anderen zu führen, könnten sich alle drei Parteien wieder stabilisieren. Teil eines Neustarts müsste zudem sein, das ständige sich gegenseitig Schlechtmachen einzustellen. Der Aufbruch für die Demokratie ist ein Momentum, das die Regierung nicht verpassen sollte. Denn eine Demokratie braucht nicht nur Demokraten, die für sie auf die Straße geht. Sie braucht auch eine Regierung, die mit tragfähigen Entscheidungen und Kompromissen die Zukunft sichern kann.

Die Union könnte endlich mal als konstruktive Opposition auftreten

Und für die Union gilt: Sie sollte sich endlich darauf verlegen, als konstruktive Opposition aufzutreten. Das gebieten die dramatischen Herausforderungen der Zeit. Wenn von der Union das Signal ausginge, dass sie erst an das Land und dann an sich selbst und ihren dringlichen Wunsch nach den Fleischtöpfen der Macht denken würde, bekäme auch sie mehr Zulauf. Auch wenn die Union in den Umfragen besser dasteht als die Ampel-Parteien, fehlt das Vertrauen in CDU und CSU, dass sie es wirklich besser machen würden als die Regierenden.

Eine entsprechend staatstragende Haltung könnten Friedrich Merz und seine Union in den Ländern zeigen, indem sie zum Beispiel dem geplanten Wachstumschancengesetz im Bundesrat zum Erfolg verhelfen. Freilich, das Gesetz aus dem Bundesfinanzministerium, das die Baubranche stärken und dem Wohnungsmangel entgegenwirken soll, löst auch Kosten bei Ländern und Kommunen aus. Da braucht es einen fairen Ausgleich. Nach zweieinhalb Monaten Vermittlungsausschuss sollte der aber mal gefunden sein. Die ständigen Verzögerungen notwendiger Maßnahmen kann sich Deutschland wirklich nicht mehr leisten.