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Kommentar zu Emilia FesterEin peinlicher Shitstorm gegen die junge Generation

Lesezeit 3 Minuten
Emilia Fester DPA KOMM 180322

Die Grünen-Abgeordnete Emilia Fester ist das jüngste Mitglied des Bundestags.

Emilia Fester sitzt seit vergangenem September im deutschen Bundestag. Bis zu ihrer ersten Rede musste sich die Grünen-Politikerin, die zugleich die jüngste Abgeordnete in Berlin ist, bis zum Donnerstag gedulden. In einem emotionalen Beitrag spricht Fester vielen jungen Menschen aus der Seele, greift die AfD scharf an – und wird dafür als „#goere“ in den sozialen Medien abgestempelt. Ihr wird fehlende Professionalität und Populismus vorgeworfen, sie bekommt aber auch viel Zuspruch. Fest steht: Sie hat einen Nerv getroffen. Und gezeigt, wie moderne Politik funktionieren kann.

Denn der Bundestag lebt nicht nur von den Debatten innerhalb des Reichstags, die manchmal wie aus dem Ruder gelaufene Schulklassendiskussionen wirken, in denen Präsidenten Bärbel Bas zur Ordnung ruft. Er lebt auch von der sich daraus ergebenden öffentlichen Debatte über die Wortbeiträge. Und selten genug schafft es mal ein Videoclip aus dem phoenix-Livestream in die öffentliche Debatte auf Twitter, Instagram und Co.

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Dass sich der rechte Rand auf diesen Plattformen über Fester auslässt, ist kein Wunder. Sie ist jung, grün und sieht kritisch, was sich diese Menschen wünschen: die alte Bundesrepublik aus ihren Köpfen, die es so womöglich nie gegeben hat.

Aber auch die konservative Blase beschwert sich: Festers Beitrag sei unprofessionell, zu emotional, wenig faktenbasiert. Am Donnerstag ging ein Instagram-Reel von ihr herum, in dem sie auf einfach und flapsige Art die verschiedenen Impfpflicht-Gesetzesentwürfe erklärt. Fester verkürzt und simplifiziert, fast schon im Stil eines Rezo, aber falsch sind ihre Aussagen nicht, weder auf Instagram, noch im Bundestag

Mit den studienbasierten Ausführungen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat das wenig zu tun, Fester versteht aber moderne politische Kommunikation: Der durchschnittliche junge Mensch schaut keine zweistündigen Bundestagsdebatten im Livestream, sondern Instagram-Reels und Tik-Tok-Videos. Und mit denen lässt sich die Impfpflicht im Kern genauso gut erklären, wie in einer Bundespressekonferenz.

Das Echo auf Festers Rede ist auch deshalb so laut, weil sie die Impfpflicht-Gegner im Kern trifft. Faktenbasierte Argumente lassen sich in der eigenen Blase als „Fake News“ titulieren und mit den „alternativen Studien“ der Zoom-Bücherregal-Doktoren wegwischen. Eine junge Frau, die sich beklagt, dass sie seit zwei Jahren nicht mehr feiern und reisen kann, spricht aber vielen Menschen ungeachtet des Alters aus der Seele. 

Emilia Fester steht stellvertretend für eine neue Generation im Bundestag

Auch deshalb fällt Festers Gegnern nicht mehr ein, als sie als „#goere“ zu bezeichnen oder „Grüner Mist!“ in die Weiten Twitters hineinzuschreien. Dass sich auch die konservative Ecke meldet, ist nur logisch: Wir sind es einfach nicht gewohnt, dass unsere politischen Vertreter Lederjacke und Pullover tragen, sondern Anzug, Krawatte oder mindestens ein angemessenes Kleid.

Die Bundestagswahl 2021 hat in vielerlei Hinsicht die Zusammensetzung des Bundestags auf links gedreht, das macht sich auch in den Redebeiträgen bemerkbar. Sie sind weniger trocken, sprachlich vielleicht ein wenig ungeschliffener. Aber dennoch sind es Beiträge junger, kluger Menschen, die sich Gedanken und Sorgen um die Zukunft des Landes machen. Auch deswegen sind es vielleicht Politikerinnen wie Beatrix von Storch, die am lautesten während Reden wie der von Emilia Fester brüllen. Weil sie im Kern wissen, dass sie eine Gefahr für ihre fragwürdige Argumentationslinie sind.

Emilia Fester und ihre jungen Kolleginnen und Kollegen im Reichstag sind aber keine Gefahr. Sie sind unsere Zukunft. Wir sollten ihnen zuhören, anstatt sie zu belächeln. Oder als Göre zu bezeichnen.