Der Bundeshaushalt für das Jahr 2022 hat es in sich. Der Etat mit einem Gesamtvolumen von 496 Milliarden Euro, Ende voriger Woche vom Parlament in Berlin beschlossen, steht ganz im Zeichen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Bereits das dritte Jahr in Folge nimmt der Bund hohe Kredite auf. In diesem Jahr sind es 138,9 Milliarden Euro.Finanzminister Christian Lindner (FDP) muss die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik in Kauf nehmen. 2023 will er dann schon wieder mit nur noch 7,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten auskommen.Doch wie soll das angesichts gewaltiger staatlicher Aufgaben gelingen?
Die gewaltigen Summen, die zum Beispiel für Energiewende und Digitalisierung, für gerechte Renten und Einkommen sowie die Modernisierung der Bundeswehr und des Zivilschutzes zusätzlich benötigt werden, lassen sich im Haushalt nicht ohne weiteres umschichten. Auf der anderen Seite, auch das ist klar, wären Steuererhöhungen nach dem Rasenmäherprinzip die falsche Maßnahme.
Italien macht es vor
Es klingt also naheliegend, dass sich nach den Grünen nun auch die Sozialdemokraten dafür aussprechen, Unternehmen höher zu besteuern, die infolge des Angriffskriegs gegen die Ukraine höhere Gewinne machen. Italien macht es der Ampel in Berlin vor: Für Energiekonzerne, die aus dem Ukraine-Krieg Profit schlagen, hat die Regierung von Premier Mario Draghi bereits im März eine Steuer auf sogenannte „Übergewinne“ eingeführt. Zudem wurden Jachten, Privatjets und Geldvermögen russischer Super-Reicher im Wert von mehr als einer Milliarde Euro konfisziert.
Die EU-Kommission gab den Mitgliedsstaaten grundsätzlich grünes Licht für eine Übergewinnsteuer. Die FDP und einige Ökonomen lehnen sie kategorisch ab. Parteichef Lindner argumentiert, man dürfe Energieunternehmen keine Investitionsanreize nehmen. Zudem sei eine Sondersteuer verfassungsrechtlich heikel. Eine weitere Kritik: Eine Sondersteuer für einzelne Branchen je nach Ertragslage öffne der Willkür und dem Populismus Tür und Tor.
Die befristete Extra-Steuer wird auf der Agenda nach oben rücken
Dabei wiegt aber auch das Gegenargument schwer: Sollen Konzerne als Krisengewinner ihre Gewinne steigern und ihre Aktionäre beglücken dürfen, während Millionen Menschen unter extrem hohen Preisen leiden müssen? Auch viele mittelständische Unternehmen fragen sich schon jetzt, wie sie angesichts der hohen Energiepreise überleben sollen. Die FDP sollte sich daher der Debatte über eine befristete Extra-Steuer nicht komplett verschließen. Sie könnte am Ende eines notwendigen Prüfprozesses womöglich doch ein sinnvolles Instrument sein, um einen Teil des Geldes, das die Allgemeinheit den Energie- und Mineralölkonzernen derzeit in die Kassen spült, dem Gemeinwohl zukommen zu lassen.
Spätestens wenn die Verbraucherpreise bis zum Herbst weiter in die Höhe schießen, wird das Thema ohnehin ganz oben auf der Agenda stehen.