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Kommentar

Kanzler-Partei
Wenn die SPD auch in Brandenburg verliert, sollte sie über ihr Führungspersonal nachdenken

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gedenkt bei einer Kranzniederlegung am Fronhof der Opfer der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Nach schlechten Ergebnissen in Sachsen und Thüringen rutscht die SPD tiefer in die Krise. Die Partei versteht nicht, warum sie nicht gut ankommt.

Es ist nicht viel, was der SPD an Lehren aus den historisch schlechten Wahlergebnissen ihrer Landesverbände in Sachsen und Thüringen einfällt. Besser erklären, mehr mit den Menschen reden, stärker führen. Wieder einmal. Abgesehen davon ist es fast eine Bankrotterklärung, wenn eine Kanzlerpartei immer wieder aufs Neue betonen muss, dass sie doch die stärkste Kraft in der Regierung sei und diese anführe.

Salopp gesagt pellt sich FDP-Chef Christian Lindner inzwischen ein Ei darauf, und für den Grünen-Vorsitzenden Omid Nouripour ist die Ampel ohnehin nur eine „Übergangskoalition“.

Sozialdemokraten haben ihre Strahlkraft verloren

Die SPD versteht nicht, warum sie nicht mehr gut ankommt. Ihre Themen sind für sich genommen alle wichtig. Mehr Bürgergeld, mehr Mindestlohn, bessere Rente, Asylrecht. Aber die Partei strahlt nicht mehr aus, dass sie diejenige ist, die für Gerechtigkeit im Land sorgen kann. Erreichen will sie die hart und fleißig arbeitende Mitte. Aber viele Arbeiter kehren ihr den Rücken.

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Es ist an der Zeit, dass sich die Partei von Olaf Scholz fragen sollte, ob sie die richtigen Schwerpunkte setzt. Und auch, ob sie das richtige Führungspersonal hat. Ein Jahr ist in der Politik eine Ewigkeit. Veränderungen bis zur Bundestagswahl wären möglich.

Doppelspitze der SPD funktioniert

Sie alle an der Spitze haben ihre Verdienste. Saskia Esken war als Vorsitzende anfangs belächelt worden. Kaum jemand hätte ihr zugetraut, dass sie die SPD nach Jahren des wilden bis boshaften Umgangs mit ihrem Spitzenpersonal wieder befriedet. Die Doppelspitze mit Lars Klingbeil, der ebenfalls auf Harmonie bedacht ist, funktioniert reibungslos.

Fraktionschef Rolf Mützenich hält seinen Laden geräuschlos zusammen. Ein Novum. Aus Kevin Kühnert, dem Gegner von Scholz zu Juso-Zeiten, ist ein Generalsekretär geworden, der den Kanzler loyal unterstützt. Und mit Scholz haben die SPD und das Land bekommen, was sie lange wussten: einen sehr klugen Menschen, der nicht gut erklären kann.

SPD: Richtungsweisende Landtagswahl in Brandenburg

Aber keine dieser Spitzen erwärmt derzeit wirklich die Herzen der Menschen oder genießt das nötige Vertrauen. Außerdem fehlen 35 Jahre nach dem Mauerfall Politikerinnen und Politiker aus den ostdeutschen Ländern in der Spitze. Der Osten tickt anders, sagt Sachsens Wahlkämpferin Petra Köpping. Dann muss es in der Führung Ostdeutsche geben, die das verstehen.

Die Ampel wird Scholz nicht retten, indem er Esken, Klingbeil und Kühnert den Wunsch erfüllt, nun endlich besser zu führen. Das setzte voraus, dass FDP und Grüne sich von ihrer Überzeugung verabschiedeten, dass die kleineren Partner sich über Auseinandersetzungen profilieren müssten.

Die SPD wird nun noch bis zur Landtagswahl in Brandenburg am 22. September stillhalten. Gewinnt Ministerpräsident Dietmar Woidke die Wahl gegen die AfD, wird die SPD neuen Mut schöpfen. Verliert sie dort, wo sie seit 1990 die Macht hat, dürfte die Lehre nicht eine bessere Führung sein, sondern eine andere Führung.