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Streit in Partei nach Brandbrief„Man fühlt sich an Trump erinnert“ – SPD-Historiker attackiert Mützenich

Lesezeit 4 Minuten
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, nimmt an der Sitzung des Bundestags teil. Die Kritik an dem Kölner Politiker innerhalb der Partei reißt nicht ab. (Archivbild)

Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, nimmt an einer Sitzung des Bundestags teil. Die Kritik an dem Kölner Politiker innerhalb der Partei reißt nicht ab. (Archivbild)

Der Streit in der SPD brodelt weiter. Historiker Behrends legt mit Kritik am Kölner Rolf Mützenich und Ralf Stegner nach – die Reaktion folgt prompt.

Der nach einer Rede von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich entbrannte parteiinterne Streit lodert weiter. Nachdem mehrere Historiker mit SPD-Mitgliedschaft zuletzt in einem Brandbrief an die Parteispitze den Kurs der Partei im Umgang mit Russlands Aggression kritisiert haben, hat mit Jan C. Behrends einer der Unterzeichner nun nachgelegt. „Was die Genossen Ralf Stegner und Rolf Mützenich angeht, fühlt man sich ein bisschen an Donald Trump erinnert“, sagte Behrends in einem Interview mit dem „Spiegel“. Der ehemalige US-Präsident tue Expertise „generell als falsch oder gefährlich“ ab.

SPD-Historiker attackiert Rolf Mützenich und Ralf Stegner: „Empathielosigkeit“

Die Rhetorik der beiden prominenten SPD-Politiker verfange zudem vor allem an den „Rändern der Gesellschaft“, so der Historiker. Natürlich müsse man es in einer demokratischen Gesellschaft „aushalten, dass auch Leute gegen Waffenlieferungen sind“, führte Behrends aus. Der Umgang mit Intellektuellen, die anderer Auffassung seien, sei mittlerweile jedoch oftmals „populistisch“, bemängelte der Historiker.

Wer Waffenlieferungen an Kiew infrage stelle, sei nicht automatisch ein „Putinfreund“, erklärte Behrends weiter. „Aber ein gerüttelt Maß an Empathielosigkeit gegenüber der ukrainischen Bevölkerung muss man schon mitbringen“, fügte er an. Das „Einfrieren“ des Krieges würde der russischen Armee „nur eine Verschnaufpause“ ermöglichen, erklärte Behrends.

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„Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einem von Putin dominierten Europa aufwachsen“

Der Historiker wies auch darauf hin, dass bisher keine ausreichende Reaktion auf den russischen Kurs erfolgt sei. „Wir sehen, dass Russland komplett auf Kriegswirtschaft umgeschaltet hat – und reagieren nicht“, erklärte Behrends. „Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einem von Putin dominierten Europa aufwachsen.“

Die Entscheidung, wer Kriegspartei werde, hänge auch nicht von Waffenlieferungen ab, so der Historiker, sondern werde „im Kreml festgelegt“. Der Gegner entscheide über diese Frage, erklärte Behrends. „Und dann verteidigt man sich entweder – oder unterwirft sich.“

Rolf Mützenich steht für „Einfrieren“-Rede im Bundestag in der Kritik

Zuvor hatte der Kölner SPD-Politiker Mützenich mit einer Rede im Bundestag für viele Reaktionen und mitunter scharfe Kritik gesorgt. Mützenich hatte vom „Einfrieren“ des Krieges gesprochen. Vielen Experten zufolge, käme das jedoch einem Diktatfrieden und somit einem russischen Sieg gleich, weshalb der Vorstoß teilweise harte Kritik auf sich gezogen hatte.

Die kam schließlich auch von den Historikern innerhalb der SPD, die den Brandbrief an die Parteispitze verfasst hatten. Dort werfen Martina Winkler, Dirk Schumann, Heinrich August Winkler, Gabriele Lingelbach und Behrends der Partei Wissenschaftsfeindlichkeit vor und attackierten die Russlandpolitik der Partei.

Bundeskanzler Scholz reagiert nicht auf Brandbrief der SPD-Historiker

Danach habe sich eine „unvorhergesehen Dynamik“ entwickelt, erklärte Behrends nun. Die Parteibasis habe „positiv“ auf das Schreiben reagiert. „Die Kritik kam meinem Gefühl nach eher aus den Reihen der AfD- und Sahra-Wagenknecht-Befürworter“, so Behrends.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe bisher nicht auf das Schreiben der Historiker reagiert. SPD-Chef Lars Klingbeil bot den Historikern jedoch ein Gespräch an, das Ende April stattfinden soll.

Eine negative Reaktion auf die Aussagen Behrends folgte am Freitag unterdessen prompt vom ebenfalls kritisierten Ralf Stegner. Behrends vergleiche Mützenich und ihn mit Trump, „weil wir angeblich nicht auf ‚DIE‘ Wissenschaft hören wollten“, schrieb Stegner im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). „Mir war nicht bewusst, dass die (legitime) Polemik von fünf Historikern (…) bereits ex cathedra als DIE Positionierung der Geschichtswissenschaft zu einer aktuellen politischen Frage zu gelten hat“, fügte Stegner an.

Ralf Stegner reagiert: „Pauschal formulierte mit Unterstellungen gespickte Anklage“

In weiteren Beiträgen warf Stegner Behrends zudem vor, den Brandbrief zum „Gebot“ für eine Neuausrichtung der Partei „hypen“ zu wollen. Der sei zwar eine „legitime Positionierung“, aber auch nicht mehr als das, so der SPD-Politiker, der den Brief zudem als „pauschal formulierte mit Unterstellungen gespickte Anklage“ bezeichnete, die was Belege und Begründungen angehe „eher dünn“ sei.

SPD-Fraktionschef Mützenich reagierte am Freitag zunächst nicht öffentlich auf die Aussagen von Behrends. Nach vorherige Kritik hatte Mützenich seine Position jedoch bekräftigt. Er betonte jedoch auch, er habe sich im Bundestag „klar für die Unterstützung der Ukraine, auch mit Waffen und Munition, ausgesprochen“.

Darüber hinaus habe er, wie viele vor ihm, „angeregt, nicht nur über Militärhilfen, sondern auch über die Bedingungen für ein mögliches Kriegsende nachzudenken“, so Mützenich, der auch betonte: „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen.“