Ein Bundeswehroffizier wird Spionage für Russland vorgeworfen. Wer ist Thomas H. und was führte er im Schilde?
„Schutzmaßnahmen hochgefahren“Mutmaßlicher Spion ist Bundeswehroffizier – und sympathisiert wohl mit AfD
Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwochabend in Koblenz einen Mitarbeiter der Bundeswehr-Beschaffungsbehörde BAAINBw wegen des Vorwurfs der Tätigkeit für einen russischen Geheimdienst festnehmen lassen. Inzwischen werden immer mehr Details zum Verdächtigen, der nun in Untersuchungshaft sitzt, bekannt.
Wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bestätigte, handelt es sich bei Thomas H. um einen Bundeswehroffizier. „Der Generalbundesanwalt hat heute einen deutschen Offizier festnehmen lassen, der dringend verdächtig ist, für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Ich danke allen, die daran beteiligt waren. Wachsamkeit bleibt das Gebot der Stunde“, schrieb Buschmann auf X, ehemals Twitter.
Verhafteter Bundeswehroffizier soll „aus eigenem Antrieb“ russischer Botschaft Informationen angeboten haben
Wie die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mitteilte, ist der Beschuldigte dringend verdächtig, für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Er soll sich von Mai 2023 an „aus eigenem Antrieb“ mehrfach an das russische Generalkonsulat in Bonn und die russische Botschaft in Berlin gewandt und eine Zusammenarbeit angeboten haben. Dabei habe er Informationen aus seiner beruflichen Tätigkeit übermittelt - „zwecks Weiterleitung an einen russischen Nachrichtendienst“.
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Der Fall birgt durchaus Brisanz, das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz ist zuständig für die Ausstattung der Bundeswehr mit Material und Waffen sowie die Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Wehrtechnik. Das Wissen beziehungsweise die Weitergabe von Informationen, von denen Thomas H. Kenntnis hatte, hätte möglicherweise Auswirkungen auf die Sicherheit in Deutschland haben können.
Mutmaßlicher Spion Thomas H. war Bundeswehroffizier und offenbar AfD-Sympathisant
Laut einem Bericht des „Tagesspiegel“ soll der verdächtige Offizier, dessen Arbeitsplatz sowie dessen Wohnung durchsucht wurden, bei der Bundeswehr bereits intern wegen seiner Sympathie für die AfD und deren Russland-Politik aufgefallen sein.
Nach Informationen des SWR fiel der Beschuldigte bei der Überwachung russischer Einrichtungen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz auf. Mit den Ermittlungen ist das Bundeskriminalamt beauftragt, das in diesem Fall mit dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenarbeitet. Thomas H. droht im Falle einer Verurteilung eine lange Haftstrafe.
Nancy Faeser lobt nach Verhaftung von mutmaßlichem Spion die Behörden
Bundesinnenministerin Nancy Faeser lobte die Arbeit der Sicherheitsbehörden ausdrücklich. „Auch dieser Fall zeigt, dass unsere Sicherheitsbehörden russische Spionage in Deutschland im Blick haben und konsequente Maßnahmen dagegen treffen“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). „Unsere Sicherheitsbehörden sind äußerst wachsam. Wir haben Kräfte gebündelt und Schutzmaßnahmen hochgefahren, um uns gegen die aktuellen Bedrohungen zu wappnen.“
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe auch die Sicherheitslage in Deutschland verändert. „Die Bedrohung durch Spionage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe hat eine andere Dimension erhalten.“
Reaktionen nach Verhaftung von Bundeswehroffizier Thomas H.: Lob und Sorge
Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien lobten den Erfolg der Sicherheitsbehörden ebenfalls, zeigten sich angesichts des Falles aber mitunter auch besorgt. Die Festnahme sei als „Erfolg der Spionageabwehr“ einzuordnen, sagte Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der Vorsitzende des Geheimdienstkontrollausschusses im Bundestag. Gleichzeitig mahnte er, Deutschland stehe „dramatisch im Fokus anderer Nachrichtendienste, insbesondere aus autokratischen Ländern wie Russland oder China.“
Ähnlich äußerte sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Otte. „Der Fall zeigt, dass die Behörden des Verfassungsschutzes und des Militärischen Abschirmdienstes hellwach sein müssen“, so Otte.
Spionage für Russland in Deutschland: Bereits einige Fälle in der jüngeren Vergangenheit
Im Dezember vergangenen Jahres hatte ein mutmaßlicher Spionagefall im Bundesnachrichtendienst (BND) international für Wirbel gesorgt. Ein hochrangiger Mitarbeiter war wegen des Verdachts auf Landesverrat festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, geheime Informationen an einen russischen Nachrichtendienst weitergegeben zu haben.
Im Umfeld der Bundeswehr gab es im vergangenen Jahr einen weiteren Fall, bei dem ein Reserveoffizier wegen geheimdienstlicher Tätigkeit auf Bewährung verurteilt wurde. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte beim Angeklagten laut Tagesschau eine „extrem russlandfreundliche Einstellung“ und einen Drang, „sich bei russischen Militärangehörigen beliebt und wichtig zu machen“ fest.
Die deutschen Sicherheitsbehörden haben die Anstrengungen gegen Spionage durch russische Dienste zuletzt verstärkt. Als Reaktion auf den Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten europäische Staaten zudem russische Agenten ausgewiesen. Die Bundesregierung erklärte 40 Angehörige der russischen Botschaft in Berlin zu unerwünschten Personen. (mit dpa)