Als zweitstärkster Kraft im neuen Bundestag stehen der AfD bestimmte Ämter zu - doch noch ist nicht sicher, ob sie die auch besetzen darf.
Neuer BundestagAfD beansprucht wichtige Gremienposten im Bundestag

Der Eingang des Reichstages in Berlin bei Nacht. (Archivbild)
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Wenn sich am Dienstag der neue Bundestag konstituiert, ist die AfD erstmals zweitstärkste Kraft - etabliert wie andere Fraktionen ist sie dort aber längst nicht. Einen Vizepräsidenten wird sie wohl auch im neuen Parlament nicht stellen, und auch einige wichtige Ausschussposten dürften ihr vorenthalten bleiben. Die AfD-Spitze fordert Normalität für ihre Fraktion ein. Die anderen Fraktionen bleiben skeptisch - Streit ist programmiert.
Was will die AfD?
„Wir fordern ausnahmslos alle Rechte und Ämter ein, die uns als zweitstärkste Fraktion im Bundestag zustehen“, sagte AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann zu AFP. „Sollten die politischen Gegner weiterhin versuchen, uns Rechte und Ämter vorzuenthalten, würden sie sich damit über das Votum von über zehn Millionen Wählern hinwegsetzen, die uns zu größten Oppositionsfraktion gemacht haben.“
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Die AfD fordert einen Vizepräsidenten im Bundestag, zudem Vorsitz-Posten in Bundestagsausschüssen und einen Platz im Parlamentarischen Kontrollgremium.
Wie ist die Situation bei den Vizepräsidenten?
Das Bundestagspräsidium wird bei der konstituierenden Sitzung am Dienstag gewählt. Die voraussichtliche Präsidentin Julia Klöckner (CDU) wird nach ihrer Wahl einzeln über ihre Stellvertreter abstimmen lassen. Deren Zahl ist nicht vorgeschrieben, die Geschäftsordnung sieht aber aus jeder Fraktion mindestens einen Vizepräsidenten vor. Die AfD scheiterte aber bisher 26 Mal mit einen ihrer Kandidaten. Wen sie nun nominiert, steht Baumann zufolge noch nicht fest.
Rücken die anderen Fraktionen von ihrer Blockade ab?
Wahrscheinlich nicht. Sie ließen keine Abkehr von ihrer bisherigen Linie erkennen. „Der AfD geht es nur um Posten statt um echte Politik“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast zu AFP. Grünen-Geschäftsführerin Irene Mihalic betonte gegenüber AFP: „Abgeordnete sind bei der Wahl der Vize-Präsidenten sowie der Ausschussvorsitzenden in ihrer Entscheidung frei.“
Sollte es dabei bleiben, glaubt der AfD-Politiker Baumann an ein weiteres Erstarken seiner Partei. Eine weitere Blockade „dürfte dazu beitragen, dass die AfD im nächsten Bundestag die größte Fraktion stellt“, sagte er.
Warum ist das Parlamentarische Kontrollgremium so heikel?
Das PKGr kontrolliert die Nachrichtendienste des Bundes, unter anderem den Verfassungsschutz, der die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachtet. Hätte die AfD im PKGr einen Platz, könnte sie Akteneinsicht und Zutritt zu den Dienststellen des Verfassungsschutzes verlangen, der die Partei ja selbst beobachtet. 2017 wurde die AfD noch ins im PKGr gewählt, 2021 aber nicht mehr. Der AfD ist das ein Dorn im Auge, weil sie ihre Beobachtung für unrechtmäßig hält und Einblick in die Arbeit des Verfassungsschutzes verlangt.
Was machen die Ausschüsse?
Hier findet die wesentliche Gesetzgebungsarbeit statt. Sie bereiten die Entscheidungen für das Plenum vor. Der scheidende Bundestag hat 25 ständige Ausschüsse. Wie viele Ausschüsse der neue bekommt, ist noch unklar. Jede Fraktion entsendet je nach Größe unterschiedlich viele Abgeordnete - auch die AfD.Die Vorsitzenden haben eine bedeutende Position: Sie bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie. Auch repräsentieren sie die Ausschüsse in der Öffentlichkeit.
Wie ist die Sache geregelt?
Wie die Ausschüsse zu ihren Vorsitzenden und Stellvertretern kommen, handeln die Fraktionen untereinander aus. Wenn sich die Fraktionen nicht einigen, wird die Zahl der Vorsitzposten mit einem mathematischen Verfahren berechnet. Der AfD hätten danach im scheidenden Bundestag drei Ausschüsse zugestanden - für Inneres, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit.
Und nun?
Bliebe es bei 25 Ausschüssen, stünden der AfD entsprechend ihrem Sitzanteil nun sechs davon zu. Welche sie beansprucht, soll noch entschieden werden.
Nach parlamentarischem Brauch übernimmt ein Mitglied der größten Oppositionsfraktion - nun also wie 2017 wieder der AfD - unter anderem den Vorsitz im wichtigen Haushaltsausschuss. Damals war das der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer.
Wie reagiert die AfD bisher auf die Blockade?
Im Gesundheitsausschuss sorgte die AfD für einen Eklat: Der AfD-Angeordnete Kay-Uwe Ziegler nahm den Vorsitzenden-Platz ein und erhob kurzerhand Anspruch auf die Sitzungsleitung. Auch vor dem Bundesverfassungsgericht wollte die AfD die Ausschussvorsitze einklagen - allerdings erfolglos. (afp)