Die neuen Kraftwerke sollen klimaschädliche Kohlekraftwerke ersetzen und einspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint.
NRW zweifelt an KraftwerksstrategieBund will Stromerzeugung durch neue Gaskraftwerke absichern
Die Bundesregierung hat sich auf einen Umbau der Stromversorgung in Deutschland geeinigt. Neue Gaskraftwerke, die später mit Wasserstoff betrieben werden, sollen künftig zur Absicherung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne als „Backups“ bereitstehen – zu möglichst niedrigen Kosten für die Stromkunden.
Nach langen Verhandlungen einigten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf eine Kraftwerksstrategie, wie die Bundesregierung am Montag mitteilte. Bis spätestens Sommer soll es eine politische Einigung über das Design des Strommarkts geben.
Mischung aus Erleichterung und Skepsis
Die Energiebranche wartet seit langem auf eine Strategie für neue Gaskraftwerke, deren Bau mehrere Jahre dauert. Mehrere Konzerne stehen in den Startlöchern. Die neuen Kraftwerke sollen klimaschädliche Kohlekraftwerke ersetzen und einspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, um die Stromnachfrage zu decken.
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Mit einer Mischung aus Erleichterung und Skepsis hat die Landesregierung auf die Kraftwerksstrategie reagiert. Das sei „eine sehr gute Nachricht für die Energiewende und den Wirtschaftsstandort Deutschland“, sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), auch wenn die Strategie „vom Umfang her erheblich knapper als ursprünglich angenommen ausfällt“.
Wenig Einsatz für zusätzliche Kraftwerke
Die Einigung sieht vor, Kapazitäten für Gaskraftwerke im Umfang von bis zu zehn Gigawatt auszuschreiben. Mit Blick auf die von der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsministerium errechnete Deckungslücke von 20 bis 25 Gigawatt bis 2030 sei klar, dass die Einigung auf zehn Gigawatt nicht ausreichend sind und weitere Maßnahmen erforderlich bleiben.
Aus diesem Grund arbeite die Landesregierung „intensiv an einer Energie- und Wärmestrategie mit Zielszenarien für eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung bis 2030 sowie 2045“, so Neubaur. Als Energie- und Industrieland müsste auch in Zukunft ein Viertel der deutschlandweiten Kraftwerksleistung in NRW vorgehalten werden.
Prozess dauert fünf bis sieben Jahre
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegen neben der RWE Power AG auch bei den Konzernen Uniper, Steag und Trianel Pläne für den Bau neuer Kraftwerke vor. Die Umsetzung dieser Pläne setze jedoch voraus, dass der Bund im Rahmen der Kraftwerksstrategie geeignete Voraussetzungen schaffe. In Düsseldorf ist man äußerst skeptisch, dass die neuen Gaskraftwerke am Strommarkt Ende 2030 zur Verfügung stehen. Solche Prozesse dauerten in der Regel fünf bis sieben Jahre. In NRW gebe es viele bereits bestehende Kraftwerksstandorte, die sich für den Neubau und Umrüstungen eignen und auch über die erforderliche Infrastruktur verfügen. Die Bundesregierung müsse wegen der Versorgungssicherheit mit Wärme die Kraft-Wärme-Kopplung einbeziehen. Das sei ein zentraler Baustein für einen effizienten Einsatz der neuen Kraftwerke.
Aus Sicht des Energiekonzerns RWE gehen die Eckpunkte der Kraftwerksstrategie des Bundes in die richtige Richtung. Auch der Einstieg in einen Kapazitätsmechanismus ab dem Jahr 2028 sei „ein effizienter Weg, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. „Die kurzfristig vorgesehenen Ausschreibungen von zehn Gigawatt wasserstofffähigen Gaskraftwerken ist die richtige Überbrückung. Wichtig sind jedoch die Detailbedingungen und dass die Ausschreibungen so schnell wie möglich erfolgen.“ RWE plane, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. Man prüfe mehrere bisherige Kraftwerksstandorte.
Unterdessen hat NRW beim Ausbau der erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr gut abgeschnitten. Wie aus Daten der Bundesnetzagentur hervorgeht, wurden 2023 in dem Bundesland Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 2586 Megawatt zugebaut – und zwar netto, also nach Abzug von stillgelegten Anlagen. Das waren etwa 15 Prozent des Zuwachses in ganz Deutschland.
Unter den Bundesländern kam nur Bayern mit netto 3682 Megawatt noch zügiger voran, auf Platz drei lag Baden-Württemberg (1946). Beim Zubau in NRW ging es 2023 größtenteils um Solarenergie (2130 Megawatt netto), aber auch um Windenergie (413 Megawatt) und Biomasse (43 Megawatt).