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Faeser verbietet rechtsextreme GruppeWas über das Neonazi-Netzwerk „Hammerskins“ bekannt ist

Lesezeit 3 Minuten
Polizisten sichern Beweismittel in dem Haus eines bundesweit bekannter Rechtsextremisten.

Deutschlandweit führten Polizisten am Dienstagmorgen Razzien bei Mitgliedern der rechtsextremen „Hammerskins“ durch. Auch in vier Städten in Nordrhein-Westfalen gab es Durchsuchungen.

In Nordrhein-Westfalen fanden am Dienstag vier Razzien bei Mitgliedern der Neonazi-Gruppe statt. Doch wer sind die „Hammerskins“?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Dienstagmorgen die rechtsextreme Gruppe „Hammerskins Deutschland“ verboten. Ab sechs Uhr morgens durchsuchten Polizisten die Wohnungen von 28 Mitgliedern in zehn Bundesländern – auch in Nordrhein-Westfalen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) begrüßte bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz die Entscheidung aus Berlin: „Mit dem Verbot können wir eine langjährige Organisation von überzeugten Rechtsextremisten auflösen“, sagte Reul.

Wer sind die Hammerskins?

Die Hammerskins sind ein Neonazi-Netzwerk, das sich 1986 in den USA gegründet hat. Ihre Dachorganisation „Hammerskin Nation“ ist in mindestens zehn europäischen Ländern aktiv, der deutsche Ableger existiert seit 1991. Ihr Erkennungszeichen sind zwei gekreuzte Hämmer vor einem Zahnrad.

Die Ideologie: „Es geht um den Aufbau eines nationalsozialistischen Europas, um einen strammen Rassismus, strammen Antisemitismus, und sie zeigen einen positiven Bezug zum historischen Nationalsozialismus“, sagt Dierk Borstel, Professor für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Dortmund. „Damit sind sie eine der zentralsten und wichtigsten Strukturen des modernen Rechtsextremismus.“ In Deutschland hatten die Hammerskins bis zu ihrem Verbot nun rund 130 Mitglieder.

Wie sind die Hammerskins strukturiert?

Im deutschen Rechtsextremismus galten die streng hierarchisch organisierten Hammerskins bis dato als eine Art Elite. Das bedeutet: Sie nahmen nicht jeden auf, und wer als Nicht-Mitglied die Erkennungszeichen der Hammerskins trug, dem drohten ernste Probleme. Ihre Unterstützer sammelten sich in der Organisation „Crew 38“, die nun ebenfalls verboten ist. „Es gab natürlich Erkennungszeichen, aber im Endeffekt war das eine verdeckte Organisation“, sagt Borstel.

Dierk Borstel steht vor dem Eingang der FH Dortmund

Dierk Borstel ist Professor an der FH Dortmund. Der Sozialwissenschaftler forscht zu Rechtsextremismus.

Früher standen die Hammerskins in Konkurrenz zu den mittlerweile verbotenen Organisationen Blood & Honour und Combat 18, so Borstel. Diese Rivalität war demnach eher ökonomisch als ideologisch: Auch die Hammerskins verdienten Geld mit Rechtsrock-CDs und -Konzerten. Bei solchen Events zeigten Besucher wiederholt den Hitlergruß. Zudem engagierten sich die Hammerskins auf Kampfsportevents und waren an der Entstehung der rechtsextremen Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ beteiligt.

In welchen Städten in NRW führten Polizisten Razzien durch?

In Nordrhein-Westfalen wurden am Dienstagmorgen vier Wohnungen durchsucht: in Düsseldorf, in Bochum, in Wetter an der Ruhr und in Goch. Insgesamt waren 90 Polizisten im Einsatz. Drei der Hammerskins-Mitglieder waren bei der Razzia zu Hause, eine vierte Person konnte die Polizei in Baden-Württemberg festnehmen.

Auf regionaler Ebene betrieben die Hammerskins mehrere Untergruppen, sogenannte „Chapter“ - ähnlich wie bei Rockerclubs. In NRW gab es zwei „Chapter“: „Westfalen“ und „Rheinland“.

Was wurde bei den Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen gefunden?

Die Polizei beschlagnahmte Vereins-Patches, Hakenkreuz- und Vereinsfahnen, Schlagringe, IT-Technik, über 1000 Musikdatenträger mit rechtsradikalen Liedern, Betäubungsmittel in geringer Menge und „zahlreiche andere Gegenstände mit verbotenen rechtsradikalen Symbolen“, sagte Innenminister Reul. „Offensichtlich war es Zeit, dort aufzuräumen.“

Wie bewertet das NRW-Innenministerium das Verbot?

Innenminister Reul erklärte auf der Pressekonferenz, die Hammerskins und ihre Anwärter hätten in der Vergangenheit wiederholt an Schieß- und Waffentrainings teilgenommen „Man kann nur spekulieren, worauf die sich da vorbereitet haben.“ Lebenselixier der Hammerskins sei eine rechtsextremistische Weltanschauung.

Die Gruppe habe sich den Schutz der „weißen arischen Rasse“ und den Kampf gegen eine propagierte „Umvolkung“ auf die Fahnen geschrieben. „Wir kennen diese Sprüche: Deren Ideologie, ihr rechtsextremistisches Weltbild, besteht darin auszugrenzen und Menschen mit anderer ethnischen Herkunft zu entmenschlichen“, sagt Reul. „Ich bin froh, dass wir diese Gruppe heute verboten haben.“

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, ist bei einer Pressekonferenz zu sehen.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU): „Ich bin froh, dass wir diese Gruppe heute verboten haben.“

Jürgen Kayser, Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, geht von einer niedrigen zweistelligen Zahl von Mitgliedern und Anwärtern in NRW aus. „Die Hammerskins vertreten in der rechtsextremistischen Szene eine besonders menschenverachtende und demokratiefeindliche Gesinnung“, so Kayser. „Sie gelten als gewaltbereit, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht.“

Welche Wirkung hat das Verbot auf die Szene?

Natürlich hat ein Vereinsverbot eine gewisse Wirkung: Die Polizei kann Wohnungen durchsuchen, Gelder beschlagnahmen, sie hat die Chance, Netzwerke aufzudecken. Und es schreckt ab. „Ein repressiver Druck macht auf jeden Fall Sinn“, sagt Borstel. Die Mitglieder bleiben jedoch meist in der rechtsextremen Szene aktiv. „Es darf nicht der Eindruck entstehen: Die Hammerskins gibt es nicht mehr.“