Die Preise für Bestattungen steigen und unterscheiden sich je nach Region stark. Was ein Beerdigungstrend und das Kölner Modell damit zu tun haben.
Preissprünge von 1400 EuroWarum Sterben in manchen NRW-Städten so viel teurer ist
Bekanntlich gibt es nichts umsonst, außer den Tod. Doch so ganz stimmt das Sprichwort natürlich nicht. Denn während das Leben durch die Inflation teurer wird, steigen auch die Kosten für das Sterben. In diesem Jahr sind die Friedhofsgebühren in der Region beispielsweise in Leichlingen, Leverkusen oder Frechen in die Höhe geschossen, teilweise um mehr als 100 Prozent.
Noch auffälliger als die mancherorts steigenden Preise sind jedoch die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Städten. Dies zeigt eine Auswertung der Bestatter-Verbrauchervereinigung Aeternitas für einige Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.
Preisunterschiede von bis zu 1400 Euro
Wer einen Angehörigen in einem Erdreihengrab in Hamm beisetzt, zahlt dafür 1729 Euro, in Köln sind es schon 2395 Euro und in Leverkusen sogar 3147 Euro. Bei den Urnengräbern ist die Preisspanne ebenfalls beträchtlich: 895 werden in Bergisch Gladbach fällig, während man in Köln 2434 Euro bezahlen muss. Als Angehöriger kommen dann noch die Kosten für das Bestattungsunternehmen und die Trauerfeier obendrauf. Wie lassen sich diese großen Preisunterschiede erklären?
Zunächst: Ein Vergleich ist kompliziert, denn die Leistungen, die unter dem gleichen Namen angeboten werden, können unterschiedlich ausfallen. Darauf weist auch die Stadt Köln auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hin. So sieht Bergisch Gladbach für das Urnenreihengrab eine Nutzungsdauer von 15 Jahren vor, in Köln sind es 20 Jahre. Dort werden die Urnen- wie Erdreihengräber außerdem von der Friedhofsverwaltung gepflegt – und nicht von den Angehörigen, erklärt Alexander Helbach, Pressesprecher von Aeternitas: „Die entsprechenden Personalkosten für 20 Jahre sind in den Gebühren für die Grabstätten enthalten, was absolut unüblich ist.“
Und doch: Allein mit einer unterschiedlichen Nutzungsdauer und einem anderen Leistungsumfang lassen sich die gravierenden Preisunterschiede zwischen Städten wie Leverkusen und Hamm kaum erklären. Obwohl die Nutzungsdauer fünf Jahre kürzer ausfällt, zahlt man in Leverkusen (20 Jahre) rund 1400 Euro mehr für ein Erdreihengrab als in Hamm (25 Jahre). In unserer Übersicht stellen wir den jeweiligen Preis pro Jahr dar. Auch hier zeigt sich: Zwischen Städten wie Köln und Hamm besteht ein großes Preisgefälle. Wie kann das sein?
Laut Helbach hängen die Preisunterschiede auch mit der Anzahl der Friedhöfe in einer Kommune zusammen: „Zum Beispiel haben manche Kommunen eher wenige, große Friedhöfe zu unterhalten, was weitaus günstiger ist als eine Vielzahl kleinerer Friedhöfe.“
Harald Schledorn vom Bund der Steuerzahler in NRW nennt einen weiteren Grund: „Je nach dem Bodenpreis, der in Ansatz gebracht wird, kann der Grundstückswert zu einem Faktor werden, der jede Grabnutzungsgebühr explodieren lässt.“
Helbach: Höhe der Friedhofsgebühren auch politische Entscheidung
Allerdings: Die Höhe der Gebühren habe auch mit Politik zu tun, so Helbach: „Ein entscheidender Faktor für die großen Unterschiede ist die politische Entscheidung, zu wie viel Prozent sich die Friedhöfe allein über Gebühren finanzieren müssen.“ Manche Kommunen bezuschussen die Pflege der Friedhöfe aus anderen Geldtöpfen. Wer das nicht tut, muss höhere Gebühren verlangen.
Was aber alle Friedhöfe eint: Der Kampf mit steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen - was sich vielerorts auch in den Gebühren niederschlägt. Und das hat vor allem mit einem Kulturwandel in der Bevölkerung beim Thema Tod zu tun.
Christian Jäger, Pressesprecher beim Bestatterverband NRW, erzählt: „Als ich um die Jahrtausendwende in der Branche anfing, lag der Anteil der Urnenbestattungen bei etwa 40 Prozent, heute sind etwa drei Viertel der Bestattungen Kremierungen.“
Urnenbestattungen immer beliebter
Für die Friedhofsbetreiber wird das zum Problem, wie Helbach von Aeternitas ausführt. „Der Trend zur Feuerbestattung geht mit platzsparenderen und meist auch günstigeren Grabformen einher, trotz weiter steigender Kosten.“ Denn auch wenn die Urnen weniger Platz wegnehmen, muss trotzdem der ganze Friedhof gepflegt werden.
In Köln hat man dieses Problem schon 2001 zum Anlass genommen, die Gebühren grundsätzlich zu überarbeiten. Bei dem sogenannten Kölner Modell spielt die Fläche, die ein Grab beansprucht, keine Rolle mehr bei den Kosten für die Gräber. Die Stadt sieht darin ein Erfolgsmodell. Durch das Kölner Modell sei es der Stadt gelungen, die Gebühren seit zehn Jahren stabil zu halten, so eine Sprecherin der Stadt. Urnengräber seien zwar teurer, Sarggräber aber günstiger geworden. In absoluten Preisen mag das stimmen, aber unser Vergleich zeigt, dass Sargreihengräber in Köln pro Jahr immer noch sehr teuer sind, was mit der kurzen Nutzungsdauer von zwölf Jahren zusammen hängt.
Und an dem Vorgehen gibt es auch aus anderen Gründen Kritik: „Wir halten dieses Modell für nicht verursachergerecht und lehnen es daher ab“, sagt Schledorn vom Bund der Steuerzahler. „Ein Angehöriger, welcher ein Urnengrab besitzt, sollte nicht eine gleich hohe Grabnutzungsgebühr entrichten, wie für ein Sarggrab, weil der Flächenverbrauch eines Urnengrabes auf dem Friedhof deutlich geringer ist.“
Auch Christian Jäger vom Bestatterverband hält das Modell für ungerecht: „So eine Gebühr sollte nach Wirklichkeitsmaßstäben berechnet werden, also nach Nutzungsdauer und Grabfläche.“ Das Kölner Modell mache kalkulatorisch keinen Sinn, so Jäger.
Die Stadt Köln verteidigt ihre Berechnungen: Unabhängig von der Größe des Grabes nehme jeder Angehöriger den Friedhof, seine Wege, die sanitären Einrichtungen und Wasserentnahmestellen gleichermaßen in Anspruch, so die Sprecherin der Stadt. „Die Größe der jeweiligen Grabstätte spielt bei dieser Kostenumlage kaum eine Rolle.“
Für Helbach von Aeternitas steht unabhängig davon fest: „Die Gebühren werden weiter steigen“. Und das nicht nur wegen des Wandels der Todeskultur: „Die Inflation wird in nächster Zeit erst mit Verzögerung in den Kalkulationen ankommen.“ Schon deshalb wird der Tod auch in Zukunft alles andere als umsonst sein.