Die Staatskanzlei in Düsseldorf ist die Regierungszentrale von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Der marode Altbau soll in ein repräsentatives Schmuckkästchen umgebaut werden. Dabei sind den Planern die Kosten extrem aus dem Ruder gelaufen.
Alarmierender BerichtKosten bei Umbau von Wüsts Staatskanzlei explodieren
Ob die Geschichte wahr ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Altgediente Ministerial-Mitarbeiter berichten, der Umzug der Staatskanzlei in den Altbau am Rheinufer habe eine ganz spezielle Antriebsfeder gehabt. In dem alten Gemäuer konnte der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bequem die Fenster öffnen – und an der frischen Luft mit Blick auf den Rhein Zigarillo rauchen. „Im Stadttor wäre das so nicht möglich gewesen“, heißt es. Laschet hat sich zu der Legende nie geäußert. Fest steht aber: Wenn man sein Büro betrat, war oft das Fenster offen – und Tabakrauch lag in der Luft.
2017 hatte Laschet die Landtagswahl überraschend gewonnen und ein schwarz-gelbes Regierungsbündnis gebildet. Zu einer seiner ersten Entscheidungen zählte, den Umzug der Regierungszentrale vom „Stadttor“ in das historische Landeshaus zu verkünden.
Der Altbau war Laschet wohlbekannt. In seiner Zeit als Integrationsminister der Rüttgers-Regierung von 2005 bis 2010 hatte er dort einen Dienstsitz. Wenn es spät wurde, übernachtete Laschet bisweilen in seinem Refugium, das mit Ledersofa und TV wohnlich eingerichtet war.
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Sanierungsbedarf war unbekannt
Laschets Vorliebe für den Altbau mag nachvollziehbar sein – den Steuerzahler kommt sie teuer zu stehen. Ein Bericht der Staatskanzlei für den Hauptschuss des Landtags, der jetzt veröffentlicht wurde, nennt neue Zahlen. „Die Summe der beauftragten Kosten sowie des noch nicht beauftragten Budgets beträgt 41,6 Millionen Euro.“ So steht es in dem Papier, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Hinzu komme „ein knapp zweistelliger Millionenbetrag“ für baulich-technische Sicherungsmaßnahmen.
Ursprünglich waren die Planer von Kosten in Höhe von 33,65 Millionen Euro ausgegangen. Das war aber eine optimistische Kalkulation. Die Haustechnik war marode, die sanitären Anlagen zum Teil in einem peinlichen Zustand. Im großen Konferenzraum unter dem Dach war es im Sommer so heiß, dass Gäste zu kollabieren drohten. Klimatechnik gab es nicht. Der Altbau versprühte im Innern den Charme der 60er Jahre.
Landesbetrieb Bau und Liegenschaften führte keine Bestandsaufnahme durch
Der Landesbetrieb Bau und Liegenschaften (BLB) wurde 2018 damit beauftragt, den Umbau des „alten Kastens“ in eine moderne Regierungszentrale zu organisieren. Das Problem: Eine seriöse „Bestandsaufnahme“, die Grundlage für jede Umbaukostenberechnung, wurde nicht durchgeführt. Die hätte einen „Leerzug“ vorausgesetzt, rechtfertigt sich der BLB heute. Unter der Maßgabe „der schnellstmöglichen Fertigstellung und höchstmöglichen Kosteneffizienz“ sei entschieden worden, den Umbau im „laufenden Betrieb“ durchzuführen.
Die Folge: Der tatsächliche Sanierungsbedarf war unbekannt. Bei der Öffnung von Wänden und Decken kam es immer wieder zu bösen Überraschungen. „So wurden unerwartete statische Ertüchtigungen erforderlich, da Bestandspläne nicht mit der Realität übereinstimmten“, heißt es in dem Bericht. Decken verfügten teilweise nicht über die nötige Traglast – und am Haupteingang habe ein Fundament gefehlt. Dies führte zu Mehrkosten und Zeitverzug.
Corona warf Zeitpläne um
Die Opposition im Landtag sieht allerdings noch andere Gründe für die Kostenexplosion. Die SPD kritisiert, die Wüst-Regierung habe eine Luxus-Sanierung bestellt. Von einem „herrschaftlichen Anwesen“ ist da die Rede. Solche Vorwürfe sorgen bei den Wüst-Strategen für Kopfschütteln. Im Vergleich mit der monumentalen Bayerischen Staatskanzlei am Münchner Hofgarten sei die Regierungszentrale in Düsseldorf ein Zweckbau.
Ursprünglich sollte der Umbau der Staatskanzlei Rhein schon 2022 abgeschlossen sein. Doch daraus wurde nichts. Die Corona-Pandemie führte über zwei Jahre zu Lieferengpässen und massiven Personalausfällen. Die Flutkatastrophe im Jahr 2021 habe mehrere am Bau beteiligte Firmen „in zum Teil existenzieller Weise“ getroffen, was einen „Planungs- und Ausführungsverzug“ verursacht habe, berichtet die Staatskanzlei. Zudem habe der Krieg in der Ukraine zu Lieferengpässen insbesondere im Stahlbau geführt und sei zu einem Treiber der Inflation geworden. In der Zeit von 2019 bis Mai 2023 seien die Baukosten um 39,7 Prozent gestiegen.
Die SPD ist mit dem vorgelegten Papier nicht zufrieden. Die erwähnten Preissteigerungen würden allen keine Erklärung dafür liefern, „weshalb die Kosten jetzt mehr als doppelt so hoch sind, als bislang eingeräumt“, so die SPD-Politikerin Elisabeth Müller-Witt. Es stelle sich die Frage, warum die tatsächlichen Kosten erst auf Druck öffentlich wurden. Der Eindruck, dass „hier etwas verschleiert“ werden sollte, so Müller-Witt, sei nicht ausgeräumt.