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Neue Regeln für kirchliche VermögensverwaltungWerden die Bischöfe in NRW noch mächtiger?

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dpatopbilder - ARCHIV - 14.02.2024, Nordrhein-Westfalen, Köln: Rainer Maria Woelki, Kardinal von Köln, predigt im Dom. In der Aschermittwochsmesse bekommen katholische Gläubige ein Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet, was sie an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern soll.  (zu dpa: «Bischöfe betonen Kraft des Glaubens angesichts von Terror und Krieg») Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki bei einer Predigt im Dom.

Die alte Regelung verstößt in Teilen gegen das im Grundgesetz verankerte Recht der Religionsgemeinschaft, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.

Wie katholische und evangelische Pfarreien ihre Vermögen durch die Kirchenvorstände verwalten, ist in Nordrhein-Westfalen durch ein preußisches Gesetz von 1924 geregelt. Dieses staatliche Vermögensverwaltungsgesetz verstößt gegen das im Grundgesetz verankerte Recht der Religionsgemeinschaften, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln – denn es enthält Passagen, die bestimmte Entscheidungen der Kirchenvorstände von der formalen Zustimmung des Landes abhängig machen. Es ist also mit der Trennung von Staat und Kirche nicht vereinbar.

Deshalb sollen die Rechte der Kirchenvorstände ab 1. Juli durch ein kirchliches Gesetz geregelt werden. Der Landtag in Düsseldorf hat am Mittwoch in erster Lesung darüber beraten. Kritiker wie die Initiative „Kirche bleibt hier“ aus dem Bistum Aachen befürchten, dass durch die neue Regelung die Macht der fünf Bistümer Köln, Aachen, Essen, Münster und Paderborn gegenüber den Gemeinden noch zunehmen wird. Warum ist das so? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Worin unterscheidet sich das neue kirchliche Gesetz von der alten Regelung?

Im Entwurf des neuen Kirchenvorstandsgesetzes heißt es, oberstes Ziel der Reform sei, die Vermögensverwaltung in den Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden flexibler zu gestalten. „Am bewährten System der Kirchenvorstände“ werde festgehalten. Deren Amtszeiten sollen von sechs auf vier Jahre verkürzt werden und die Wahl aller Mitglieder in einem Rutsch erfolgen. Bisher wird jeweils die Hälfte der Mitglieder alle drei Jahre gewählt.

Die Vorstände sollen künftig auf mindestens fünf gewählte Mitglieder verkleinert werden können. Hinzu kommen der Pfarrer und eine Vertretung aus dem Pfarrgemeinderat. Gewählt werden können auch Menschen, die nicht im Gemeindegebiet wohnen. Zu Sitzungen kann per E-Mail eingeladen werden. Hybride oder rein digitale Sitzungen sind möglich.

Das klingt vernünftig. Was bemängeln die Kritiker?

Sie fürchten, dass die Macht der Bistumsspitzen vor allem über die Finanzen der Kirchengemeinden durch das neue Gesetz noch größer wird, heißt es in einer Erklärung der Initiative „Kirche bleibt hier“, die mit mehr als 140 Kirchenvorständen aus dem Bistum Aachen zusammenarbeitet. Eine Petition gegen die Neuregelung haben knapp 1000 Bürger unterschrieben.

Lässt sich das an konkreten Beispielen festmachen?

„Das ganze Verfahren ist ein Skandal“, sagt Gangolf Ehlen von „Kirche bleibt hier“. Künftig könnten Bischöfe und Generalvikare Kirchenvorstände „aus wichtigem Grund entlassen“ und müssten ihnen wie bei der alten Regelung keine grobe Pflichtverletzung mehr nachweisen. „Sie haben die Macht, wenn ihnen erarbeitete Konzepte von Laien und Mitarbeitern nicht passen, die Grenzen von Kirchengemeinden neu festzusetzen.“

„In Aachen wollte der Bischof gegen die Empfehlung einer beauftragten Arbeitsgruppe die bestehenden 326 Pfarren radikal auf acht bis zehn reduzieren und damit Strukturen zerschlagen“, so Ehlen. Nur eine Beschwerde der Laien von „Kirche bleibt hier“ in Rom habe diesen Plan zumindest vorerst stoppen können. Sei das neue innerkirchliche Gesetz einmal in Kraft, könnten die Bischöfe Änderungen „ohne jegliche Kontrolle vornehmen“. Eine Zustimmung des Landes sei dann nur noch formal erforderlich.

Was fordert die Initiative?

Für wesentliche Entscheidungen muss es aus ihrer Sicht ein Kontrollgremium geben. Sie schlägt dazu den Wirtschafts- und Kirchensteuerrat des jeweiligen Bistums vor. Bereits jetzt müsse ein Untergremium, der Vermögensrat, die Zustimmung erteilen, bevor eine Kirchengemeinde einen „wesentlichen Vermögensstand“ verkauft. Überdies müssten kirchliche Verwaltungsgerichte, die es inzwischen für Arbeitsrecht und Datenschutz gibt, auch für die Finanzen der Kirchengemeinden eingerichtet werden. Bisher haben die Mitglieder von Kirchenvorständen keine Möglichkeit, den im Grundgesetz garantierten Rechtsweg zu beschreiten.

„Es ist in Ordnung, dass Staat und katholische Kirche ein gutes Verhältnis pflegen. Die katholische Kirche ist eine immer noch unverzichtbare Säule der sozialen Infrastruktur in unserem Staat“, sagt Ehlen. „Es ist jedoch nicht in Ordnung, dass der Staat es versäumt, für den gesetzlichen Rahmen dieser sozialen Einrichtungen, Mindeststandards zu fordern, die in einem demokratischen Staat selbstverständlich sein sollten.“

Um wie viel Geld geht es eigentlich?

Der Gesamtbetrag der Haushalte der fünf katholischen Bistümer in NRW beträgt laut Initiative rund 2,5 Milliarden Euro. „Davon sind geschätzt rund zwei Milliarden Euro verfügbare Nettohaushalte. Der Rest kommt aus staatlichen Zahlungen und geht direkt zum Beispiel an katholische Schulen“, heißt es in einer Mitteilung. Nach den Strukturreformen habe eine einzelne Kirchengemeinde Haushalte von häufig mehr als zwei Millionen Euro zu verwalten. Die Kirchenvorstände seien zwar dem Gesetz nach für die Vermögen und Haushalte verantwortlich, müssten aber „für fast jede Entscheidung von Bedeutung die Zustimmung des Bischofs einholen“.

Gibt es eine Alternative zu dem neuen kirchlichen Gesetz?

Nein. Sollte der Landtag der Neuregelung nicht zustimmen, würde er sich verfassungswidrig verhalten. „Natürlich sehen wir die Gefahr, dass es innerhalb der katholischen Kirche künftig weniger demokratisch zugehen könnte“, sagt Dirk Wedel, religionspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Ich kann mich aber nicht verfassungswidrig verhalten.“ Es gebe eine objektive Rechtsverpflichtung, das verfassungswidrige Vermögensverwaltungsgesetz aufzuheben.

„Ich verstehe den Unmut“, so Wedel. „Deshalb haben wir darüber nachgedacht, wie man an anderer Stelle die demokratischen Strukturen vielleicht stärken kann.“ Aus diesem Grund haben SPD und FDP am Mittwoch im Landtag einen Antrag zu einer Verfassungsänderung eingebracht. Es geht um den Artikel 23, Absatz 2 der Landesverfassung. Dort heißt es bisher: „Zur Änderung dieser Kirchenverträge und zum Abschluss neuer Verträge ist außer der Zustimmung der Vertragspartner ein Landesgesetz erforderlich.“

Danach können Verträge zwischen dem Land und den Kirchen nur mit beiderseitiger Zustimmung gekündigt werden. Das, so fordern SPD und FDP, muss sich ändern. Künftig sollen auch einseitige Kündigungen möglich sein. Darüber werde aber so schnell nicht entschieden, sagt Wedel, „weil wir die Landesverfassung nicht ständig ändern wollen. Wir legen das jetzt mit in den großen Korb möglicher Verfassungsänderungen, über die schon länger gesprochen wird. Wie zum Beispiel das Wahlrecht mit 16.“