Die Hängepartie, wer schlussendlich die Räumung von Lützerath einleitet, ist vorbei: Heinsbergs Landrat Stephan Pusch wird einen Erlass dazu unterschreiben.
„Habe Bauchschmerzen bei der Entscheidung“Landrat macht den Weg frei zur Räumung von Lützerath
Das konkrete Ende von Lützerath rückt näher. Nachdem sich der Erkelenzer Bürgermeister Stephan Muckel (CDU) weigerte, die Räumung des von Aktivisten besetzten Braunkohledorfes einzuleiten, ist nun der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (ebenfalls CDU) am Zug. Dieser kündigt an, den Bescheid zur Räumung zu unterschreiben. „Ich habe Bauchschmerzen mit der Entscheidung“, sagt er am Mittwochmittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Stephan Muckel. „Aber ich muss die Verantwortung dafür übernehmen, dass der Rechtsstaat durchgesetzt wird.“
Muckel nutzt die Pressekonferenz in der Kreisverwaltung Heinsberg, um seinen Standpunkt zu untermauern. Er bleibt stur: „Wir lehnen diesen Tagebau ab“, sagt der Bürgermeister. Dass die Stadt Erkelenz nun die Räumung von Lützerath anordnen müsse, ist für ihn unverständlich. Bund und Land hätten beschlossen, die Braunkohle unter Lützerath abzubaggern – deshalb solle „diese staatliche Ebene“ die Entscheidung auch umsetzen. „Wenn bei Ihnen zuhause ein ungebetener Gast auf der Couch sitzt, rufen sie auch die 110 – nicht den Landrat oder den Bürgermeister. Ich bitte um Verständnis, dass wir zur Räumung aus städtischer Sicht nicht zur Verfügung stehen werden.“
Durch seine Weigerung hat Muckel die ordnungsrechtliche Weisung an den Landrat übermittelt. Dem Bürgermeister droht nun ein Disziplinarverfahren, welches theoretisch eine Gehaltkürzung oder gar eine Amtsenthebung zur Folge haben könnte.
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Pusch: „Wenn ich das mitmache, dann lege ich selbst die Axt an den Rechtsstaat“
Er habe für Muckels Weigerung „vollstes Verständnis“, sagt Pusch. „Wenn ein Drittel des Stadtgebietes abgebaggert wird, ist es eine Zumutung, dem Bürgermeister den Befehl zu geben, den letzten Ort zu räumen.“ Auch Pusch sieht die Verantwortung für die Räumung eigentlich bei Land und Bund. Vor einem Disziplinarverfahren habe er keine Sorge, sagt er, schließlich fühlen sich auch die Heinsberger als Opfer des Tagebaus. „Ich trenne hier das, was ich in der Position meines Amtes mache von dem, was ich persönlich davon halte.“
Doch wenn die Bundes- und Landesregierung als Vertreter des Volkes entscheiden, dass die Kohle gebraucht wird, dann müsse man das akzeptieren. Im Falle einer Weigerung von Pusch wäre die Bezirksregierung Köln zuständig; Diese habe Pusch bereits signalisiert, dass sie die Räumung einleiten würde.
Pusch betont, in Lützerath befinde sich eine Gruppe von Aktivisten, die die Legitimität des Staates in Frage stellen. Die im Falle einer Räumung in „martialischer Form sprechen, von Krieg reden.“ „Wenn ich das mitmache, dann lege ich selbst die Axt an den Rechtsstaat.“
Muckel: „Großen Respekt vor der Entscheidung des Landrates“
Der Landrat wird nun das Polizeipräsidium Aachen um Vollzugshilfe bitten, weil der Kreis Heinsberg selbst einen Polizeieinsatz in dieser Größenordnung nicht stemmen kann. Der dortige Polizeipräsident hatte betont, er wolle die Räumung ebenfalls nicht selbst anordnen, sondern nur Vollzugshilfe leisten. Seit Innenminister Reul ankündigte, Lützerath sei noch im Januar zu leeren, hat die Polizei in Aachen bereits mit der Vorbereitung des Einsatzes begonnen.
Muckel äußert Verständnis für Pusch. „Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung des Landrates“, sagt er. Mehrheitsentscheidungen müssten akzeptiert werden, das sehe er auch so. „Es kann jedoch nicht sein, dass gerade wir Lützerath räumen müssen, die immer friedlich gegen den Tagebau demonstriert haben.“
Vor der Räumung, sagt Pusch, möchte er gemeinsam mit Bürgermeister Muckel sowie Vertretern aus der evangelischen und katholischen Kirche nach Lützerath fahren und die dort ausharrenden Klimaaktivisten zu einem Gespräch bitten.