Üblicherweise wird eine Gebühr fällig, wenn Rheinwasser entnommen wird. RWE aber will nichts bezahlen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist empört.
Geplante Tagebau-SeenRWE will nichts für das Rheinwasser bezahlen – NRW-Umweltminister „erstaunt“
Losgehen soll es erst in sechs Jahren, aber schon jetzt ist ein Streit über das Rheinwasser entbrannt. Damit sollen die rheinischen Tagebaue Garzweiler und Hambach nach dem Ende des Braunkohle-Abbaus in riesige Seen verwandelt werden. Der Konzern RWE Power, Betreiber der Tagebaue, bestätigte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, man gehe nicht davon aus, für das Wasser zahlen zu müssen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hingegen ist empört. Der Braunkohlekonzern müsse „ohne Wenn und Aber zur Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts“ verpflichtet werden, fordert NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen. Damit könnten jährlich etwa 17 Millionen Euro erzielt werden, die dann für den hiesigen Gewässerschutz eingesetzt werden sollten.
Das Vorhaben ist gigantisch. Wenn es gut geht, wird es Schätzungen zufolge etwa 40 Jahre dauern, bis die Kohle-Löcher vollständig geflutet sind. Der Tagebau Inden soll das Wasser aus dem Fluss Rur bekommen. Der bis zu 400 Meter tiefe Tagebau Hambach und der 200 Meter tiefe Tagebau Garzweiler sollen mithilfe einer Pipeline aus dem Rhein in Freizeit-Seen verwandelt werden. Das Rheinwasser wird zudem genutzt, um die Feuchtgebiete des Naturparks Schwalm-Nette wieder aufzufüllen, die durch den Tagebau austrocknen.
45 Kilometer lange Pipeline für das Rheinwasser
Geplant ist, dass eine Transportleitung das Wasser von Dormagen-Rheinfeld nach Grevenbroich bringen soll. Auch das hat die Landesregierung in ihrer Leitentscheidung bekräftigt. Noch gibt es die über 45 Kilometer lange Pipeline aber nur auf dem Papier. Aber inzwischen haben RWE und die 65 000-Einwohner-Stadt Dormagen eine Rahmenvereinbarung über Bau und Betrieb der Transportleitung geschlossen.
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Über ein „Entnahmebauwerk“ sollen laut Naturschutzbund bis zu 18 Kubikmeter Rheinwasser pro Sekunde aufgenommen und dann weitergeleitet werden. Pro Jahr summiere sich dies auf etwa 340 Millionen Kubikmeter. Diese Menge entspreche in etwa dem Fünffachen des Wasserverbrauchs von Düsseldorf. Mit einem Volumen von 4,3 (Hambach) beziehungsweise 1,5 Milliarden Kubikmetern (Garzweiler) würden die Tagebaue nach dem Bodensee zu den größten Seen Deutschlands gehören.
Umweltschutzbund und SPD bestehen auf Zahlungen
„Über Jahrzehnte hinweg hat die RWE Power AG durch das Abpumpen von Grundwasser den Gewässerhaushalt in der Niederrheinischen Bucht zerstört“, betont BUND-Sprecher Jansen. „Da ist es das Mindeste, dass der Verursacher dafür auch zur Kasse gebeten wird.“ Dies meint auch René Schneider, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW. „RWE hat am Braunkohle-Abbau jahrelang kräftig verdient“, so der Landespolitiker: „Jetzt muss das Unternehmen auch für alle Folgekosten wie für die Wasserentnahme für die Restsee-Befüllung aufkommen.“
So sieht es auch Antje Grothus von den Grünen. „Natürlich muss RWE für die Entnahme des Wassers zahlen, für die Region muss der Konzern den Zustand des Grundwassers vor dem Bergbau wiederherstellen“, so die Landtagsabgeordnete. So sei das „im Bergrecht und den Genehmigungen für die Kohletagebaue geregelt“. Auch für Ralf Nolten, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, erschließt sich auf der gegenwärtigen Rechtsgrundlage nicht, worauf sich die von RWE angedachte Befreiung stützen sollte. „Ich sehe auch keine Ermessenspielräume“, so Nolten. Über eventuelle oder tatsächliche Änderungen des Braunkohleplans sei in der Vergangenheit zwar intensiv diskutiert wurde. Um eine „entgeltfreie behördlich angeordnete Benutzung von Oberflächenwasser zur Tagebaubefüllung“ sei es dabei aber „jedenfalls nicht“ gegangen.
Nach dem Wasserentnahmeentgeltgesetz NRW (WasEG) jedenfalls erhebt das Land „für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern“ üblicherweise eine Gebühr in Höhe von fünf Cent pro Kubikmeter. Die Einnahmen sollen, gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, beispielsweise für die Renaturierung von Fließgewässern eingesetzt werden.
„Die Intentionen des Gesetzes“ würden auf die Befüllung der Tagebaue aber nicht zutreffen, sagte ein RWE-Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir entnehmen das Wasser doch nicht, um es zu verbrauchen. Wir überführen es lediglich aus ökologischen Gründen.“ Schriftlich hatte der Konzern zuvor umständlich wissen lassen, „die Überleitung von Rheinwasser“ diene schließlich „der Befüllung der Tagebauseen, der Ökowasserversorgung im Nordraum und der Wiederauffüllung der Grundwasserkörper“. Durch die „frühzeitige und schnellstmögliche Befüllung“ werde „die ökologische Situation im Rheinischen Revier in vielerlei Hinsicht verbessert“.
RWE beruft sich auf „ökologische Gründe“
Insgesamt also würde „eine Kostenbelegung der geplanten Zuführung von Rheinwasser ins Revier nicht der Lenkungsabsicht des Wasserentnahmeentgelts entsprechen“, ergänzte der Konzernsprecher. Und verwies auf „bereits bestehende Ausnahmeregelungen, in denen die Gebühr nicht bezahlt werden muss“. Die sind in Artikel 7 des Landesgesetzes festgelegt. Für „behördlich angeordnete Benutzungen“ beispielsweise entstehen keine Kosten. Oder für Löschwasser und für abgezapftes Wasser „zum Zwecke der Bewässerung landwirtschaftlich, gärtnerisch und forstwirtschaftlich genutzter Flächen“.
NRW-Umweltminister: „Jede Wasserentnahme ist nach dem Gesetz entgeltpflichtig“
Politisch fallen die Tagebaue und die geplanten Seen ins Ressort von Oliver Krischer, dem nordrhein-westfälischen Umweltminister. „Wir haben die Forderungen des RWE-Konzerns auf der einen Seite und des BUND auf der anderen Seite zur Kenntnis genommen und sind erstaunt“, sagte der Grünen-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Grundsätzlich gelte: „Jede Wasserentnahme – egal aus welchem Gewässer – ist nach dem Gesetz entgeltpflichtig“, so Krischer deutlich: „Das gilt selbstverständlich auch für die Entnahme von Rheinwasser zur Befüllung von Rest-Seen.“
Ob im Gesetz verankerte Ausnahmetatbestände beim Tagebau zur Anwendung kommen könnten, „müsste in einem Verfahren geprüft werden“. „Bis dahin gehen wir von Entgeltpflichtigkeit dieser Wasserentnahme aus – alle anderen Äußerungen dazu sind reine Spekulation“, betonte Krischer.