Übergriffe auf die queere Community nehmen zu. Die Gleichstellungsministerin will CSDs besonders schützen, sagt sie vor dem Cologne Pride.
NRW-Ministerin Paul zu Angriffen auf CSDs„Anfeindungen und Übergriffe auf unsere offene Gesellschaft nehmen zu“
Frau Paul, NRW gibt 145.000 Euro für die CSDs – ist das nicht etwas bescheiden?
Josefine Paul: Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Anliegen aus dem Koalitionsvertrag schon zu dieser CSD-Saison umsetzen konnten. Das Land fördert damit die Sichtbarkeit und das vielfältige Engagement der LSBTIQ*-Community. Gerade kleine Vereine und Initiativen wollen wir mit bis zu 5000 Euro unterstützen. Die CSDs werden größtenteils ehrenamtlich organisiert. Hier wollen wir einen Beitrag leisten und Workshops oder konkrete Sachkosten fördern.
Was tut die Landesregierung für die LSBTIQ*-Communities abseits der großen Städte, insbesondere auch für junge Menschen?
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Wir wollen Engagement auch in kleineren Städten und im ländlichen Raum stärken. Dort sind queere Strukturen oft noch nicht so ausgebaut. Mit unserem Projekt „Blick*“ stärken wir vor allem Netzwerke vor Ort und beteiligen Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Volkshochschulen oder den Einzelhandel. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Als Landesregierung unterstützen wir queere Strukturen in der Jugendarbeit mit mehr als einer Million Euro im Jahr. Daneben fördern wir Beratungsangebote und haben zusätzlich Mittel für innovative und bedarfsorientierte Projekte auf mehr als 700.000 Euro erhöht.
Anfeindungen und Attacken auf und gegen die Queer-Szene nehmen zu. Müssen die CSDs jetzt besonders geschützt werden?
Die CSD-Saison ist in vollem Gange und leider gab es bereits Übergriffe in ganz Deutschland. Ich bin noch immer betroffen, wenn ich an den tödlichen Angriff auf Malte C. beim CSD in Münster 2022 denke. Wir werden uns aber als offene Gesellschaft nicht einschüchtern lassen und stellen uns konsequent gegen Diskriminierung, Hass und Gewalt. Bundesweit werden täglich zwei queerfeindliche Angriffe gemeldet. Diese Entwicklung macht mehr Sicherheit für CSDs notwendig, damit sich alle Teilnehmenden sicher fühlen können. Daher können Organisatoren unsere CSD-Förderung auch für Gewaltpräventionskonzepte oder Security einsetzen.
Die Queer-Bewegung ist auch eine Zielscheibe der AfD. Befürchten Sie, dass die Solidarität mit der Queer-Bewegung fragiler wird?
Wer Minderheiten zur Zielscheibe macht, hat sich aus dem demokratischen Diskurs verabschiedet. Queere Menschen und queeres Engagement sind ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft. Das sieht auch die übergroße Mehrheit der Menschen in unserem Land so und zeigt sich auch an der breiten Beteiligung am CSD. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gleichzeitig Anfeindungen und Übergriffe auf unsere offene Gesellschaft zunehmen. Wir sind jeden Tag gefordert, die Errungenschaften einer offenen Gesellschaft zu verteidigen.
Es kommen auch Geflüchtete nach NRW, die zu LSBTIQ*-Communities gehören. Wie unterstützen und schützen Sie diese Menschen?
NRW steht zu seiner humanitären Verantwortung, Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung zu uns fliehen, Schutz zu bieten. Dies gilt insbesondere auch für vulnerable Menschen. In Landesunterkünften haben wir dafür spezielle Konzepte. Darüber hinaus gibt es in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen und Erstaufnahmeeinrichtungen Angebote der sozialen Beratung. Dieses Angebot weiten wir nun auch auf die Notunterkünfte des Landes aus.
Sie haben kürzlich eine Studie gefördert, die die Situation von queeren Menschen im Berufsleben untersucht: Wie sieht es hier aus?
Die Ergebnisse zeigen, dass Diversity Management in vielen kleinen und mittleren Unternehmen schon eine große Rolle spielt – auch vor dem Hintergrund des überall zu spürenden Fachkräftemangels. Aber nicht überall gibt es die finanziellen oder personellen Ressourcen, um dieses Engagement auszubauen. Hier helfen wir mit der Netzwerkstelle „Unternehmen Vielfalt“, die mit Workshops und Beratungsangeboten unterstützt und Personalverantwortliche in den Betrieben informiert. Wir werden uns auch weiterhin für Diversity Management in kleinen und mittleren Unternehmen einsetzen.