Chef-Gewerkschafter Michael Mertens mahnt drei dringende Veränderungen für die Einsatzkräfte im Land beim NRW-Innenministerium an.
Wechsel des Kölner PolizeipräsidentenNRW-Polizeigewerkschaft kritisiert Innenminister Reul
Michael Mertens schlägt zum Ende der parlamentarischen Sommerpause Alarm. „Es wird Zeit für klare Ansagen“, sagt der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Gleich an drei Punkten muss aus seiner Sicht „dringend etwas getan werden. Bei wichtigen Polizeithemen verharren Politik und Innenminister im Ungefähren – das kann nicht so bleiben.“
Insbesondere beim Thema Bodycams sieht der Chefgewerkschafter NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in der Pflicht. Seit dem Einsatz in Dortmund im August 2022, bei dem ein 16-jähriger Geflüchteter aus dem Senegal, durch einen Polizeibeamten erschossen wurde, ist die Diskussion um die Mini-Kameras wieder in vollem Gange. Keiner der zwölf Beamte vor Ort hatte auf den Knopf seiner Bodycam gedrückt. Folglich bleibt der exakte Geschehensablauf bis heute im Unklaren. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat fünf Polizisten, darunter den Einsatzleiter wegen der Anstiftung zur Körperverletzung angeklagt. Der Schütze muss sich wegen Totschlags vor dem Schwurgericht verantworten.
Vor dem Hintergrund weist Mertens auf die unbefriedigende Rechtslage hin: „Die schwelende Bodycam-Debatte belastet unsere Kolleginnen und Kollegen.“ Nach jedem kritischen Einsatz werde von der Politik und Teilen der Medien nach Bildern aus den Kameras gerufen. Dabei seien sie nicht angeschafft worden, um Beweise zu sichern, „sondern ausdrücklich wegen ihrer deeskalierenden Wirkung in Konfliktsituationen“. Nach wie vor liege es im Ermessen des Beamten, ob er das Gerät einschalte. „Wenn der Minister das ändern will, muss er klipp und klar sagen, in welchen Situationen die Kameras laufen sollen“, fordert Mertens. Dafür müsse eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden.
„In NRW würde ich heutzutage zur Bundespolizei gehen, da verdient man bis zu 500 Euro mehr im Monat"
Ein weiteres Manko macht Mertens im Berufsbild aus: Der Polizeiberuf an Rhein und Ruhr werde immer unattraktiver. Vor allem bei der Bezahlung bieten andere Bundesländer und gerade auch der Bund bessere Konditionen. „In NRW würde ich heutzutage zur Bundespolizei gehen, da verdient man bis zu 500 Euro mehr im Monat. Hier muss die Landesregierung nachbessern, um den Job wieder attraktiver zu machen“, fordert Mertens und verweist auch auf das magere Zulagensystem. Seinen Angaben zufolge erhalten die Beamten für Dienste etwa in der Nacht seit 1992 einen Zuschlag von 1,32 Euro pro Stunde. Selbst der Innenminister habe in einem Schreiben in der Sache Handlungsbedarf eingeräumt. Den sieht der der GdP-Landesvorsitzende zudem bei den seit 20 Jahren geltende Wochenarbeitszeit von 41 Stunden für Beamte in NRW. Sie müssten reduziert werden.
Kritik kommt von Mertens auch im Hinblick auf unbesetzte Führungspositionen. Teils seit einem Jahr gibt es demnach Vakanzen auf den Leitungsposten der Großstadtpräsidien in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Oberhausen. Im Herbst 2023 werden die Chefsessel in Köln, Aachen und Mönchengladbach frei. „Hier wird fahrlässig ein verheerender Eindruck provoziert: Dass Polizeipräsidentinnen und -präsidenten nicht so wichtig seien“, so Mertens. Tatsächlich sei das Gegenteil der Fall: „Eine Führung ist elementar für die Funktionsfähigkeit einer Behörde!“
Wechsel des Kölner Polizeipräsidenten Schnabel Gegenbeispiel für Kontinuität
Auch im Fall des Kölner Polizeipräsidenten Falk Schnabel, der im Oktober auf den höher dotierten Chefposten nach Hamburg wechselt, wirft der NRW-GdP-Vorsitzende dem Innenminister Fehler vor. Reul hatte Schnabel, damals Leitender Oberstaatsanwalt in Düsseldorf, abgeworben und im Dezember 2020 zum Polizeipräsidenten in Münster ernannt. Nach knapp anderthalb Jahren avancierte der Jurist in Köln zum Leiter der größten Polizeibehörde im Land mit den höchsten Bezügen.
„Dieser Vorgang hinterlässt doch den Eindruck: Ich brauche nicht lange irgendwo zu bleiben, alsbald geht es die Karriereleiter schnell weiter hinauf. Und dann kommt noch ein besser bezahltes Angebot aus Hamburg und schwupps verschwinden wir nach anderthalb Jahren vom Rhein wieder an die Alster.“ Hier wünscht sich Mertens mehr personelle Kontinuität in den Behördenspitzen.