Nach erneutem Wirbel verzichtet die HSPV NRW auf Konsequenzen gegen Stephan Anpalagan. Bahar Aslan kritisiert die Hochschule.
Aslan kritisiert PolizeihochschuleKeine Konsequenzen für Dozent nach Gestapo-Tweet – Kölner Lehrerin soll weiterhin gehen
Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (HSPV) hat einen umstrittenen Tweet des Lehrbeauftragten Stephan Anpalagan missbilligt, will sich aber nicht von ihm trennen. Der Fall erinnert an jenen der Kölner Lehrerin Bahar Aslan, die im Mai nach einem Tweet ihren Job an der Polizeihochschule verloren hatte. Wie Aslan am Donnerstag auf X, das vormals Twitter hieß, berichtet, halte die HSPV die Trennung in ihrem Fall allerdings aufrecht.
Wieder Wirbel an Polizeihochschule NRW: Dozent Anpalagan reagiert auf Polizeigewerkschafter Ostermann
Im aktuellen Fall hatte der Journalist Anpalagan am vergangenen Freitag an die Adresse des Bundespolizisten und Gewerkschafters Manuel Ostermann getwittert: „Vielleicht sollte ein Mitglied der Gestapo-Nachfolgeorganisation kleinere Brötchen backen.“ Ostermann hatte zuvor den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) als „führenden Genossen der SED-Nachfolgepartei“ bezeichnet.
Die Äußerung hatte für Diskussionen im Internet gesorgt. Anpalagan, der sich auf seiner Homepage als Journalist, Strategieberater und Musiker bezeichnet, ist nach Angaben der HSPV seit 2022 Lehrbeauftragter im Fach „Interkulturelle Kompetenz“.
Anders als im Fall Bahar Aslan: Gespräch mit Stephan Anpalagan einizige Konsequenz
„Die Hochschulleitung missbilligt den Vergleich, den Herr Anpalagan in seinem Tweet geäußert hat, als unsachlich und kritisiert die damit mögliche Diffamierung von Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland“, so ein Sprecher der HSPV.
Die Hochschulleitung habe den fachlich zuständigen Landeskoordinator für das Fach „Interkulturelle Kompetenz“ gebeten, „dies in einem Gespräch mit Herrn Anpalagan so zu vermitteln.“ Darüber hinaus sehe man gegenwärtig aber keinen Interventionsbedarf. „Die bestehenden Beauftragungen bleiben insofern bis auf Weiteres bestehen“, so der Sprecher.
Anpalagan sagte auf Anfrage der Deutschen Nachrichten-Agentur: „Der Tweet war Mist. Dass die Polizei der Bundesrepublik in der Nachfolge und daher auch in der historischen Verantwortung für die Taten der Polizei des Nationalsozialismus steht, ist auch Teil des Curriculums an der HSPV NRW. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.“
Kölner Lehrerin: Polizeihochschule hält an Rauswurf von Bahar Aslan fest
Der aktuelle Fall erinnert an die Dozentin Bahar Aslan, die im Mai von der Polizei-Hochschule wegen eines Tweets herausgeworfen worden war. Aslan – im Hauptberuf Lehrerin an einer Schule in NRW – hatte an der HSPV ebenfalls einen Lehrauftrag für „interkulturelle Kompetenzen“.
Ihr Tweet lautete damals: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“
Aslan hatte später eine „unglückliche Wortwahl“ eingeräumt und gesagt, es tue ihr leid, wenn sich Polizisten angesprochen fühlen, die vorbildlich ihren Dienst verrichten würden. Am Donnerstag veröffentlichte Aslan Auszüge aus einem Widerrufsschreiben, mit dem die HSPV die Trennung ihr gegenüber begründet habe.
Polizeihochschule begründet Trennung in Schreiben an Bahar Aslan
„Ihre öffentlichen Äußerungen im Internet haben u. a. auch dazu geführt, dass die HSPV NRW eine Vielzahl von Drohungen erhalten hat“, heißt es darin laut Aslans Angaben. Sie habe mit ihrem Tweet den „Hochschulfrieden“ gestört, laute es weiter in dem Schreiben, erklärte Aslan.
Die HSPV sei eine „weltoffene Hochschule“ schreibt die Polizeihochschule demnach zudem in dem Dokument, das Aslan in Auszügen öffentlich machte. Der Ruf der HSPV habe durch Aslans Äußerung „nachhaltig Schaden nehmen“ können.
„Das ist auf mehreren Ebenen unfassbar“, kommentierte die Lehrerin das Schreiben der HSPV. Das Vorgehen sei ein „Armutszeugnis“ und einer „öffentlichen Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht würdig“. Sie kündigte zudem an, zusammen mit ihrem Anwalt in die nächste Instanz gehen zu wollen. Aslan hatte Ende Mai eine Klage gegen den Widerruf ihrer Lehrtätigkeit an der HSPV NRW eingereicht.
Bahar Aslan über Vorgehen der Polizeihochschule: „Das ist auf mehreren Ebenen unfassbar“
Zuvor hatte die Pädagogin breite Unterstützung von Prominenten, Wissenschaftlern und Politikern in einem offenen Brief erhalten, der von der „Zeit“ veröffentlicht worden war. Einer der federführenden Autoren des Briefs war der nun in die Kritik geratene Anpalagan.
Sie freue sich, dass Anpalagan weiter an der HSPV tätig sein könne, schrieb Aslan zu der Debatte um ihren ehemaligen Kollegen. „Offensichtlich ist man doch in der Lage, konträre, kritische oder unliebsame Äußerungen auszuhalten“, erklärte Aslan auf X. „Warum war das in meinem Fall nicht möglich?“ (mit dpa)