Mit dem Einzug der AfD in den Landtag hat die Zahl der verbalen Ausfälle stark zugenommen. Parlamentspräsident André Kuper will die Politiker jetzt mit Geldstrafen zu mehr Disziplin zwingen.
Zur Rettung der DebattenkulturRügen im NRW-Landtag sollen künftig Geld kosten
Der Präsident des Landtags in NRW, André Kuper, will der Verrohung der parlamentarischen Sitten durch die Verhängung von Ordnungsgeldern für verbale Ausfälle entgegenwirken. Bislang haben die Rügen des Präsidiums für Politiker keine Folgen.
Setzt sich Kuper durch, könnten künftig Strafen von bis zu 2000 Euro für die Beleidigung der Sitzungsleitung oder des politischen Gegners drohen. Das sagte der Parlamentspräsident am Montagabend vor Journalisten in Düsseldorf.
Fraktionen müssen Abgeordnetengesetz ändern
Der Vorschlag des Präsidiums sei den fünf Fraktionen zugeleitet worden, hieß es. Aus ihren Reihen müsste ein Antrag auf entsprechende Änderungen des Abgeordnetengesetzes und der Geschäftsordnung kommen. Der Bundestag ahndet verbale Ausfälle derzeit mit 1000 Euro, im Wiederholungsfall können 2000 Euro verhängt werden. Kuper erklärte, er könne sich eine analoge Regelung in NRW vorstellen.
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In der Wahlperiode von 2017 bis 2022 hatte es 113 Rügen, Ordnungsrufe und Ermahnungen gegeben. Mit insgesamt 61 hatte die AfD mit Abstand die meisten kassiert. Auch in der neuen Legislatur wurden bereits acht Ordnungsmaßnahmen fällig – siebenmal waren AfD-Politiker betroffen.
Manche Politiker provozieren Rügen offenbar absichtlich, um sich damit in den sozialen Netzwerken zu profilieren. Geldstrafen, die direkt von den Diäten einbehalten würden, könnten ein wirksames Gegenmittel sein.
Grüne und Liberale sind offen für die Reform
Die Grünen begrüßten den Vorstoß. „Wir könnten uns Änderungen analog zu den Regelungen des Bundestags gut vorstellen, d.h. dass Abgeordnete bei Verstößen innerhalb oder außerhalb des Plenums und der Ausschüsse mit einem Ordnungsgeld belegt werden können“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Mehrdad Mostofizadeh dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Auch die Liberalen sind offen für Bußgelder. „Grundsätzlich begrüßen wir den Vorstoß des Landtagspräsidenten. Über die Ausgestaltung im Detail müssen wir diskutieren“, sagte der Abgeordnete Marcel Hafke unserer Zeitung.
Martin Vincentz, Fraktionschef der AFD, erklärte, die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen bedürfe einer „transparenten Infrastruktur, die gegen missbräuchliche oder parteiliche Ansätze immun“ sei. Die AfD sei aber im Landtagspräsidium nicht vertreten. Sollte sich das ändern, werde die AfD-Fraktion die Einführung eines Ordnungsgeldes im NRW-Landtag „gerne unterstützen“.
Vorbehalte bei der CDU
Vorbehalte gegen die Reform gibt es offenbar bei der CDU, der Kuper selbst angehört. „Wir beobachten fortlaufend, ob unsere parlamentarischen Ordnungsmaßnahmen ausreichend sind. Die Fraktionen des Landtags sind jederzeit in der Lage, falls der Bedarf da ist, nachzuschärfen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Matthias Kerkhoff. In der Fraktion gibt es Bedenken, weil Ordnungsgelder justitiabel seien. Man müsse auf die Verhältnismäßigkeit achten.
Sarah Philipp, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, mahnt, „nichts übers Knie zu brechen". Die Geschäftsordnung des Landtags sehe bereits heute zahlreiche Möglichkeiten vor, um unparlamentarisches Verhalten zu rügen und damit die Würde des Hauses zu bewahren.