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Streit um geplante RodungenDroht im Hambacher Forst erneut eine Eskalation?

Lesezeit 3 Minuten
Umweltschützer protestieren im Bereich des Hambacher Forstes gegen geplante Rodungen.

Umweltschützer protestieren im Bereich des Hambacher Forstes gegen geplante Rodungen.

Gewaltbereite Aktivisten wollen die Rodung des „Sündenwäldchens“ verhindern.

Steht im Umfeld des Hambacher Forstes erneut eine große Polizeiaktion gegen Waldbesetzer an? Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in NRW will die drohende Rodung der eines Waldstücks im Bereich des Hambacher Forstes verhindern.

Es geht um das etwa sechs Hektar große „Sündenwäldchen“, in dem streng geschützte Tierarten wie Fledermäuse leben. Der Energiekonzern RWE hat von der Bezirksregierung Arnsberg mit der Genehmigung eines neuen Hauptbetriebsplans zum 1. Januar 2025 die Erlaubnis erhalten, den Bereich abzubaggern. „Die Rodung wäre der Gipfel eines Naturfrevels“, sagte BUND-Geschäftsführer Dirk Jansen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wenn die schwarz-grüne Landesregierung nicht einschreitet, werden wohl viele Umweltschützer CDU und Grünen bei der Bundestagswahl die Quittung erteilen.“

Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND in NRW.

Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND in NRW.

Ein großer Polizeieinsatz im Hambacher Wald könnte in NRW im Bundestagswahlkampf zu einem wichtigen Thema werden. „Man wird den Verdacht nicht los, dass die traditionelle Kumpanei der Landesregierungen in NRW mit RWE sich auch bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen fortsetzt“, sagte Jansen. Es sei völlig unverständlich, dass weder NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur noch Umweltminister Oliver Krischer (beide Grüne) eine klare Position für den Erhalt des „Sündenwäldchen“ bezögen. „Wir haben von den RWE-Anwälten den Hinweis bekommen, dass die Rodungen ab dem 13. Januar beginnen“, sagte Jansen.

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„Hier wird erneut versucht, klammheimlich Fakten zu schaffen“

Auf dem Gelände der ehemaligen Kartbahn in Kerpen-Manheim habe RWE bereits die Hebebühnen bereitgestellt, um die Fällungen durchführen zu können. Der BUND hat am Wochenende eine Mahnwache durchgeführt. Offenbar reisten am Sonntag auch vermummte Aktivisten an, die Baumhäuser im Sündenwäldchen errichten wollen. „Die Situation ist aufgeheizt“, berichtet Jansen. „Die Umweltschätzer fühlen sich getäuscht. Hier wird erneut versucht, klammheimlich Fakten zu schaffen.“

Grund für die Rodung ist diesmal nicht, dass RWE Kohle abbaggern will. Vielmehr will der Konzern in der Manheimer Bucht Material gewinnen, mit der die Stabilität der Tagebauböschungen verbessert werden soll. Laut BUND habe RWE aber nicht alle Alternativen geprüft. Die Naturschützer verweisen darauf, dass das Waldstück eine herausragende Bedeutung für den Biotop-Verbund habe. „Es ist unverantwortlich, bestehende und nachweislich beispielsweise von Bechsteinfledermäusen stark genutzte Grünkorridore und Trittsteinbiotope zu zerstören“, sagt BUND-Geschäftsführer Jansen.

Die Umweltschutzorganisation hatte am 3. Januar beim Oberverwaltungsgericht des Landes NRW in Münster eine neue Klage gegen den Braunkohletagebau Hambach eingereicht. Zusätzlich wurde der Erlass einer Zwischenverfügung beantragt, mit welcher bevorstehende Rodungsmaßnahmen im Umfeld des Hambacher Waldes unterbunden werden sollen. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

„Sündi bleibt“ ruft zum Widerstand auf

Im Januar 2023 war es bei der Räumung des Braunkohledorfs Lützerath zu Ausschreitungen von militanten Umweltaktivisten gekommen. Aktivisten hatten Tunnel gebaut, in denen sie sich verschanzt hatten. Unterdessen ruft ein Bündnis unter dem Slogan „Sündi bleibt“ zum Widerstand auf. Die Wald-Besetzung sei auch „ein Aufruf, Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten zu übernehmen und die politischen und wirtschaftlichen Kräfte herauszufordern, die weiterhin auf fossile Brennstoffe setzen“, heißt es auf der Internetseite von „Wald statt Asphalt“.

Lena Teschlade, Beauftragte der SPD-Landtagsfraktion für den Strukturwandel im Rheinischen Revier, warf der Landesregierung vor, ihr Versprechen, ein Ökoverbundsystem im Bereich des Hambacher Waldes zu errichten, zu brechen: „Dieser schwarz-grünen Landesregierung ist es bis heute nicht gelungen, den Konflikt um den Tagebau Hambach zu befrieden: Und wenn sie nicht aufpasst, wird er demnächst wieder eskalieren.“

Die Kreispolizeibehörde Rhein-Erft teilte auf Anfrage mit, „derzeit“ seien keine Einsätze zur Räumung des Sündenwäldchens geplant.