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Strukturwandel im Rheinischen RevierJens Schmitz, Schichtleiter im Tagebau, klettert künftig Windräder hinauf

Lesezeit 3 Minuten
Jens Schmitz in einem Windrad

Jens Schmitz aus Bedburg, der bisher noch Schichtleiter Tagebau ist, soll künftig in und auf Windrädern arbeiten.

Spätestens 2030 sollen die Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier abgeschaltet werden. Für einige Mitarbeiter von RWE bedeutet das: Sie müssen umschulen.

Jens Schmitz ist schwindelfrei. In seinem jetzigen Job als Schichtleiter der Stromversorgung im Tagebau war das nicht wichtig. Aber an seinem künftigen Arbeitsplatz in und auf Windrädern ist das zwingende Voraussetzung. „Ich schnuppere gerade in den Beruf des Windtechnikers rein“, sagt der Bedburger, der von der Kraftwerkssparte RWE Power zu RWE Renewables wechseln wird, der Wind- und Solarsparte. Dort sieht er seine Zukunft.

So wie Schmitz, der gerade einen Intensivlehrgang Windkraft absolviert, sollen bis 2030 insgesamt etwa 50 Fachkräfte von Tagebauen und Kraftwerken hin zu Windrädern und Photovoltaikanlagen wechseln. Schließlich brauchen die ebenso Wartung und Instandhaltung wie Bagger, Kessel und Leitstände.

Der 31-Jährige verkörpert quasi für die Verwandlung des Rheinischen Reviers: Weg von der Kohle, hin zu Erneuerbaren Energien. „Wir wollen Wind und Solar massiv ausbauen“, sagt Katja Wünschel, Vorstand von RWE Renewables Europa und Australien. „Und nirgends kann man die Transformation hin zu den Erneuerbaren Energien besser zeigen als im Rheinischen Revier.“

Revier liefert die Hälfte der nicht-fossilen Energie von RWE in Deutschland

Pressetour bei RWE am Tagebau Garzweiler. Rundherum stehen 35 Windkraftanlagen in mehreren Windparks, an einer rekultivierten Tagebauböschung sammeln Photovoltaikmodule Sonnenenergie, und in einer Agri-PV-Anlage testet das Unternehmen gemeinsam mit Bauern der Region, wie sich Landwirtschaft und Photovoltaik am besten verbinden lassen. Schon bald sollen hier Himbeeren, Gerste, Weizen oder auch Kartoffeln zwischen den Modulen wachsen.

Für RWE ist das Revier schon jetzt das Herzstück bei der nicht-fossilen Energieerzeugung. Bis zu 300 Megawatt Leistung können die Wind- und Solaranlagen rund um die Tagebaue erreichen. Das allein ist fast die Hälfte der derzeit rund 700 Megawatt, die RWE-Anlagen in ganz Deutschland in der Spitze liefern können.

Mit der Wucht eines Kraftwerks können die Anlagen trotzdem nicht mithalten: 2200 Megawatt schafft allein das Kraftwerk Niederaußem. Der 1000-Megawatt-Block kann laut RWE rund 100.000 Haushalte mit Energie versorgen.

Aber solche Vergleiche will man hier gar nicht ziehen. Zum einen hinke der Vergleich, weil Sonne und Wind nicht immer verfügbar seien, die Kohlekraftwerke hingegen immer laufen könnten, sagt Sinje Vogelsang, Sprecherin von RWE Renewables. Zum anderen sei es das Ziel, den Anteil von Braunkohlestrom am Markt so gering wie möglich zu gestalten. „Je mehr wir an Erneuerbaren Energien ausbauen, desto mehr können wir an Braunkohlestrom abschalten.“

RWE drängt auf mehr Tempo bei Genehmigungsverfahren

Das erklärte Ziel: ein Gigawatt an Leistung aus Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 in Nordrhein-Westfalen. Wobei NRW für den Konzern vor allem bedeutet: das Rheinische Revier. „Wenn möglich, mehr“, sagt Katja Wünschel.

Um das zu erreichen, drängt RWE auf mehr Tempo bei den Genehmigungsverfahren. Zwar sei NRW im bundesweiten Vergleich „Genehmigungsmeister“ bei den Windkraftanlagen. „Aber aktuell dauert es von der ersten Idee bis zur Umsetzung noch viele Jahre“, sagt Jens Edler-Krupp, Leiter der Projektentwicklung Wind bei RWE Renewables. Dreieinhalb Jahre seien es bei Photovoltaik-Anlagen, viereinhalb bei Windrädern, weil dort etwa wegen des Schalls noch zusätzliche Prüfungen erforderlich seien. „Kommt der Flächenankauf noch dazu, können es gerne sechs Jahre werden.“

Elektriker Jens Schmitz weiß noch nicht, wann er seine Transformation von der Braunkohle hin zu den Erneuerbaren abgeschlossen haben wird. Irgendwann werde er zu Renewables wechseln. „Der Kohleausstieg steht bevor, und trotzdem habe ich eine Perspektive in einem zukunftssicheren Job“, sagt Schmitz. „Besser kann es nicht laufen.“