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KriminalitätZahl der straffälligen Kinder und Jugendlichen steigt

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ARCHIV - Polizeibeamte durchsuchen am 04.08.2011 in der U-Bahnstation Hermannstraße in Berlin eine verdächtige Person. Der Berliner Bezirk Neukölln will erneut strategisch gegen Kinder- und Jugendkriminalität vorgehen. (zu "Neukölln stellt Handlungskonzept für kriminelle Jugendliche vor" vom 20.11.2017) Foto: Maurizio Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Jeder fünfte Straftäter ist unter 14 Jahre alt.

Das Lagebild von Innenminister Herbert Reul (CDU) offenbart, dass die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren in NRW zunimmt. Ein Drittel hat demnach keinen deutschen Pass.

Rauben, prügeln, klauen. Das neue Lagebild Jugendkriminalität in NRW für 2023 zeichnet ein besorgniserregendes Bild. So stiegen die Deliktszahlen im Vergleich zum Jahr davor um knapp 15.000 Fälle auf nahezu 155.000. Jeder fünfte der gut 503.000 Tatverdächtigen an Rhein und Ruhr war unter 21 Jahren alt. Damit liegt die Zahl nur leicht unter der der Jahre 2014/2015, als mit 159.000 Straftaten ein Höchststand erreicht wurde.

In allen Altersgruppen registrierte das Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf erhebliche Zuwächse. Die Quote strafunmündiger, krimineller Kinder kletterte um mehr als sieben Prozent auf 22.469. Damit geht jedes fünfte Delikt auf das Konto Minderjähriger unter 14 Jahren. Bei den jugendlichen Tatverdächtigen stieg die Rate um gut sechs Prozent auf 47.602, die Zahl der heranwachsenden mutmaßlichen Kriminellen zwischen 18 und 21 Jahren kletterte um drei Prozent auf knapp 39.000. Insgesamt haben die LKA-Analytiker im Zehnjahresvergleich einen Höchstwert von rund 108.000 jungen Tatverdächtigen ausgemacht. Die WAZ hatte zuerst darüber berichtet.

Diebstahl liegt unter Jugendlichen ganz vorne

Jeder dritte Delinquent besitzt demnach keinen deutschen Pass. So wie der 18-jährige Syrer Mwafak S., der im Kurpark in Bad Oeynhausen den zwei Jahre älteren Musiker Philippos Tsanis aus nichtigem Grund in den Tod geprügelt haben soll. Derzeit muss sich der junge Mann vor eine großen Jugendstrafkammer in Bielefeld verantworten. Die Zahl der registrierten tatverdächtigen Ausländer ist doppelt so hoch wie ihr Bevölkerungsanteil in NRW von etwa 16 Prozent. Während die Zahl deutscher Gewalttäter um 500 auf 18.555 (plus 2,8 Prozent) anwuchs, ging die Quote bei den Nichtdeutschen um 17,8 Prozent auf 8476 hoch.

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Mit 35.000 Diebstahlsfällen liegen diese Delikte nach wie vor ganz vorne im Jugendkriminalitätsreport des Landes. Besonders immens fallen die Zunahmen beim Raub um mehr als einem Viertel (gut 4300 Fälle) aus. Um fast 20 Prozent stieg die Rate raubender Kinder auf 646. Ähnliche Zuwächse verzeichnete die Statistik bei Jugendlichen (20 Prozent). Auch die Zahl der Körperverletzungen (27.000 Straftaten, plus 7,1 Prozent) erhöhte sich. Bemerkenswert ist, dass 70 Prozent der Beschuldigten männlich waren.

38 Straftaten an NRWs Schulen - täglich

An den Schulen im bevölkerungsreichsten Bundesland scheinen die Straftaten zu explodieren. An jedem Tag im Jahr ereignen sich durchschnittlich gut 38 strafbare Vorfälle. Laut LKA ein Plus im Vergleich zu 2022 um 56,2 Prozent auf 14.080 Taten. Dabei wurden 628 Lehrer und Lehrerinnen verletzt. Knapp neun Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2024 endete der Prozess gegen einen 17 Jahre alten Oberstufenschüler, der an einem Gymnasium in Wuppertal vier Freunde wegen einer erlittenen Kränkung mit einem Messer angegriffen haben soll. Die Jugendstrafkammer verurteilte den Musterschüler zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft. Der Anwalt des Angeklagten will Revision gegen den Schuldspruch einlegen.

Auch die Opferzahl erreicht 2023 Rekordniveau (75088, plus 8,3 Prozent). So wurden am 10. Februar 2024 zwei 17- und 18-jährige ukrainische Basketballtalente am Bahnhof in Oberhausen von vier Jugendlichen überfallen. Ein 15-jähriger Deutsch-Türke hatte wie von Sinnen auf die Opfer eingestochen, als Komplizen agierten zwei jugendliche Syrer und ein Deutsch-Grieche. Sie alle waren bei der Polizei als Intensivtäter bekannt. Die Angeklagten wurden Mitte Dezember 2024 wegen gemeinschaftlichen Doppelmordes zu Haftstrafen zwischen achteinhalb und zehn Jahren verurteilt.

NRW-Innenminister Herbert Reul besorgen die Ergebnisse durch das neue Lagebild: „Wenn wir ehrlich sind, ist die gestiegene Jugendkriminalität auch ein Spiegel unserer Gesellschaft. Das ist nicht nur ein Problem der Jugend, sondern ein Weckruf an uns alle.“ Alarmiert zeigt sich der CDU-Politiker insbesondere darüber, „dass die Täter gewaltsamer werden. Wir haben es öfter mit Raub oder Diebstahl zu tun.“ In dem Kontext müsse man auch darüber nachdenken das Alter bei strafunmündigen Kindern zu senken, so Reul weiter. „Dabei geht es darum zu zeigen, dass diese Taten nicht als Kinderstreiche durchgehen, sondern Taten sind, die bestraft werden.“