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Scholz mit Regierungserklärung„Ja, wir werden den Kampf gegen die Pandemie gewinnen“

Lesezeit 4 Minuten
Scholz Regierungserklärung

Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung

Berlin – Eine Woche nach seiner Wahl zum Bundeskanzler hat Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch um 9 Uhr im Bundestag das Programm seiner Ampel-Regierung für die kommenden vier Jahre vorgestellt. Zu Beginn rückte Scholz den Kampf gegen die Corona-Pandemie in den Mittelpunkt seiner Arbeit und rief zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf.

Die Menschen in Deutschland sollten den Mut nicht verlieren, so Scholz. Die Regierung werde das Coronavirus mit größter Entschlossenheit bekämpfen. „Ja, wir werden den Kampf gegen die Pandemie gewinnen“, sagte Scholz und erntete damit den ersten Applaus der Abgeordneten. „Helfen Sie mit, diese Aufgabe zu bewältigen“ appellierte der neue Bundeskanzler. Scholz rief die Bürgerinnen und Bürger zudem auf: „Lassen Sie sich impfen!“

Scholz will Politik des Respekts

Scholz will sich für mehr Respekt in Politik und Gesellschaft einsetzen. Keine Gruppe solle auf eine andere herabblicken und sie diskreditieren. „Wenn uns die Corona-Pandemie doch eines gelehrt hat, dann doch dieses: Es gibt keine höherwertigen oder niederen Tätigkeiten in diesem Land“, sagte Scholz und strich wichtige Berufsgruppen wie Supermarkt-Mitarbeiter und andere Berufe hervor. „Weniger Herablassung und mehr Würdigung“, seien angezeigt, so der SPD-Politiker.

Scholz schloss in die Politik des Respekts auch den Kampf gegen Rassismus ein. „Wir sind ein Land mit Migrationshintergrund, aber wir müssen ein noch besseres Integrationsland werden“, so Scholz. Die wichtigste Gefahr für das deutsche Staatswesen komme von rechts außen. „Die größte Bedrohung für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus“, sagte Scholz. Diese Einschätzung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) teile er.

Der Schwerpunkt für die Sicherheitsbehörden in den kommenden Jahren sei der Kampf gegen Extremismus und organisierte Kriminalität. Die Regierung werde ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen. Täter, die Hass und Hetze verbreiteten, würden identifiziert und strafrechtlich belangt, versprach Scholz.

Brinkhaus kritisiert Scholz' Regierungserklärung

An Scholz' 1,5 Stunden lange Regierungserklärung schloss sich eine rund zweieinhalbstündige Aussprache an, in der der Unionsfraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) erstmals die Rolle des Oppositionsführers einnahm.

Brinkhaus hielt der neuen Koalition zahlreiche falsche Weichenstellungen vor und kündigte eine konstruktive, aber kritische Oppositionsarbeit an. In Scholz' Regierungserklärung habe er von einer großen Linie und Begeisterung über Fortschritt und Zukunft nichts gesehen. Mit einer Umschichtung von Corona-Mitteln zu anderen Projekten im Nachtragshaushalt säge Finanzminister Christian Lindner (FDP) an den Fundamenten der Schuldenbremse, sagte Brinkhaus.

In der Migration mache es ihm Angst, dass die Ampel-Koalition offenere Grenzen und schnelleren Zugang zu Sozialsystemen anstrebe. Wichtig sei, dass es weiter nicht nur einen fördernden, sondern auch einen fordernden Sozialstaat gebe. Das geplante Bürgergeld sei aber das Gegenteil davon. Bei mehr Nachhaltigkeit komme es auf die Umsetzung an. Daher gelte es nun, jedes Gramm CO2 und jeden Meter Stromleitung zu zählen.

Brinkhaus wünschte der neuen Regierung Glück. Was gut für das Land sei, sei auch Maßstab für Oppositionsarbeit. Der Unionsfraktionschef betonte, es werde „keine Koalition in der Opposition“ mit AfD und Linke geben. Die AfD verstehe sich „als Opposition zur parlamentarischen Demokratie“. An die Adresse der neuen Koalition mahnte Brinkhaus: „Respekt ist keine Einbahnstraße.“ Die Ampel könne dies auch zeigen, indem sie die 70 Jahre alte Sitzordnung im Bundestag respektiere und nicht mit ihrer Mehrheit umwerfe. Im Gespräch ist, dass die FDP von ihrem Platz im Plenum neben der AfD auf den der Unionsfraktion rücken könnte, so dass diese dann neben der AfD sitzen müsste.

Scholz reist nach Regierungserklärung nach Brüssel

SPD, Grüne und FDP hatten Anfang Dezember - rund zehn Wochen nach der Bundestagswahl - den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Vor einer Woche war Scholz vom Bundestag zum neunten Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. Zu den Hauptthemen seiner Regierungserklärung werden der Kampf gegen die Corona-Pandemie und die geplanten Maßnahmen gegen den Klimawandel zählen. Es dürfte aber auch um außenpolitische Themen gehen, wie die durch den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine ausgelöste Krise.

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Nach der Debatte reist Scholz nach Brüssel, wo er am Gipfeltreffen der sogenannten östlichen Partnerschaft teilnimmt. Dabei handelt es sich um Beratungen der EU mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und der Ukraine, bei denen es auch um die aktuelle Krise gehen wird. Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron wollen sich vor dem Gipfel mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Am Donnerstag nimmt Scholz an seinem ersten regulären EU-Gipfel als Kanzler teil. (dpa)