Berlin – Vor dem 50. Jahrestag des Olympia-Attentats von 1972 hat die Bundesregierung die deutsche Verantwortung für die damaligen Ereignisse bekräftigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) freue sich sehr über die erzielte Einigung mit den Familien der israelischen Opfer, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. „Es ist gut, dass auch die Aufarbeitung der Geschehnisse Teil dieser Einigung ist. Deutschland stellt sich hier seiner Verantwortung.” Es seien weiterhin Fragen offen, die nun hoffentlich beantwortet werden könnten.
Das Bundesinnenministerium bestätigte am Freitag offiziell, dass die Einigung eine Entschädigungsleistung für die Hinterbliebenen der Opfer von 28 Millionen Euro vorsieht. 22,5 Millionen Euro zahle der Bund, 5 Millionen Euro das Land Bayern und 500.000 Euro die Stadt München, sagte ein Sprecher.
Am 5. September 1972 hatten palästinensische Terroristen bei den Olympischen Spielen in München die israelische Mannschaft überfallen. Elf Mitglieder des Teams und ein Polizist wurden getötet, die meisten von ihnen bei der misslungenen Befreiungsaktion der Polizei am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Die Sicherheitsvorkehrungen galten als mangelhaft. Um eine angemessene Entschädigung für die Hinterbliebenen der Opfer wurde jahrzehntelang gerungen. Eine Einigung kam erst kurz vor dem Jahrestag zustande.
Steinmeier-Entschuldigung geplant
Am Montag wird es in Fürstenfeldbruck eine Gedenkveranstaltung geben. Daran nehmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Israels Staatspräsident Izchak Herzog und Hinterbliebene teil. Steinmeier wird sich in seiner Rede voraussichtlich zur deutschen Verantwortung für die Ereignisse bekennen und die Hinterbliebenen um Entschuldigung bitten. In Berlin werden am Amtssitz des Bundespräsidenten und am Reichstagsgebäude die Flaggen auf halbmast gesetzt. Das teilten das Bundespräsidialamt und der Bundestag am Freitag mit.
Aus Sicht von Steinmeier trägt der deutsche Staat in dreierlei Hinsicht Verantwortung, wie es am Freitag aus dem Bundespräsidialamt hieß. So sei er bei den Olympischen Spielen seiner Schutzpflicht für die israelischen Sportler nicht nachgekommen. Dann sei die Befreiungsaktion katastrophal verlaufen. Angeschlossen daran habe sich die Weigerung, die Vorgänge aufzuklären und den Angehörigen der Opfer die Wahrheit über das Geschehene und Schiefgelaufene zu sagen. „50 Jahre sind eine beschämend lange Zeit”, hieß es. Es sei überfällig gewesen, aus dieser Verantwortung Konsequenzen zu ziehen, wie dies jetzt mit der Einigung mit den Familien geschehen sei.
Hebestreit sagte in der Bundespressekonferenz, die Regierung nehme die Gedenkfeier zum Anlass für eine klare politische Einordnung: „Deutschland bekräftigt seine Verantwortung für die Fehler, die 1972 vor Ort, aber auch in den Jahrzehnten danach begangen worden sind. Ferner erhalten die Familien eine angemessene Entschädigung als Anerkennung für ihr jahrzehntelanges Leid.” Das Gedenken am Ort der schrecklichen Ereignisse und genau 50 Jahre danach werde für die Hinterbliebenen ein „schwerer Gang”, sagte der Regierungssprecher. „Deutschland wird besonders an diesem Tag Seite an Seite mit den Hinterbliebenen stehen.”
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