Am Donnerstag hat die Bundesregierung neue Maßnahmen bekanntgegeben, um die Bevölkerung gegen Terror zu schützen.
Ampel-PläneWer Terror verhindern will, darf nicht (nur) über Abschiebung sprechen
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Dass Bund und Länder eine „Arbeitsgruppe Migration“ gründen wollen, ist richtig und wichtig. Die Frage, wie wir künftig damit umgehen wollen, dass eine nicht abreißende Zahl an Menschen vor Krieg und Krisen, vor allem aber vor Armut und Perspektivlosigkeit zu uns flieht, muss grundsätzlich geklärt werden. Dass es jedoch ein mutmaßlich islamistischer Anschlag war, der eine einwöchige Asyldebatte ausgelöst hat, ist trotzdem irritierend.
Zwar kann es keinen falschen Zeitpunkt dafür geben, das Generationenthema Migration neu zu denken. Unabhängig davon, wie man den aktuellen Umgang Europas mit dem Einwanderungsdruck moralisch bewertet, muss man einsehen: Wo demokratisch gewählt wird, stimmt die Wählerschaft entlang ihrer eigenen Interessen. Solange eine Mehrheit sich also vom Ausmaß der Migration überfordert fühlt, wird sie jede Partei abwählen, die ihr dieses Gefühl nicht nimmt.
Kann Migrationspolitik Terror verhindern?
Das ist schwierig genug. Unverantwortlich ist es aber, den Eindruck zu erwecken, eine bessere Migrationspolitik könnte Taten wie in Solingen oder Mannheim verhindern. Reichlich spät lässt die Bundesregierung nun erkennen, dass sie das begriffen hat: Nach Morden durch einen Afghanen und einen Syrer braucht es wirksame Schritte gegen islamistische Radikalisierung und dschihadistischen Terror. Denn die Fiktion, man müsse nur alle Syrer und Afghanen loswerden, kann ja nicht allen Ernstes als seriöser Vorschlag verhandelt werden.
Zu Recht haben viele Deutsche nach der Meldung aus Solingen ein emotionales „Es reicht!“ in sich hinein- oder in die Welt herausgebrüllt. Aber sobald die Emotion abkühlt, müsste doch klar sein, dass nicht jeder Syrer oder Afghane eine tickende Zeitbombe und ein potenzieller Messermörder ist. Oder?
Seit Solingen wird gefahndet, wessen Versagen dazu führte, dass der Verdächtige nicht nach Bulgarien abgeschoben wurde – einem unserer EU-Partner, der überhaupt noch Flüchtlinge zurücknimmt, wenn auch zurückhaltend. Man versetze sich kurz in die dortigen Verantwortlichen, die diese deutsche Debatte verfolgen. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Bulgariens Zurückhaltung künftig noch größer wird.
Erst an Tag 6 nach dem islamistischen Mordanschlag hat die Bundesregierung nun angekündigt, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus auszuweiten und öfter mit Vereinsverboten gegen islamistische Vereine vorzugehen. Warum war nicht das die erste Reaktion der Bundespolitik?
Wo ist die Kritik an Sicherheitsbehörden?
Warum hat die Öffentlichkeit nicht zuerst gefragt, wieso Heimbetreiber und Sicherheitsbehörden nicht erkannt haben, dass sich da ein Syrer in einem deutschen Flüchtlingsheim in den Dschihadismus hineinradikalisiert hat? Fehlte das Personal, die Expertise, die Zugriffsmöglichkeit oder die Sensibilisierung?
Der Bundes- oder Landesregierung vorzuwerfen, dass der Solinger Täter nicht einer der nur zwölf Asylbewerber war, die Bulgarien pro Woche aus Deutschland zurücknimmt, ist im Nachhinein billig. Berechtigt ist dagegen die Frage, ob die Behörden ausreichende Schlüsse daraus gezogen haben, dass seit dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober 2023 auch in Deutschland die Islamisten wieder verstärkt Flagge zeigen und wieder vermehrt Rekrutierungserfolge feiern. Für die potenziellen Terroristen spielen nationale Grenzen eine viel kleinere Rolle als in unserer aktuellen Diskussion.
Es gibt keine einfachen Lösungen im Kampf gegen den Dschihadismus. Aber es gilt, das Sicherheitspaket der Ampel jetzt nicht entlang der Frage zu bewerten, ob Asylbewerber ausreichend abgeschreckt werden. Wir müssen darüber sprechen, ob die Schritte gegen den Islamismus ausreichend sind.