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Prozess gegen TerrorvereinigungPläne für Umsturz und Entführung von Lauterbach – mehrjährige Haftstrafen

Lesezeit 3 Minuten
Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz lief fast zwei Jahre.

Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz lief fast zwei Jahre.

Den Gesundheitsminister entführen und die Regierung absetzen. Das gehörte laut Anklage zu den Plänen der „Vereinten Patrioten“.

Im Prozess um Pläne für einen Umsturz in Deutschland und eine Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind vier als Rädelsführer Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein fünfter Angeklagter erhielt vor dem Oberlandesgericht Koblenz eine Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Er war der einzige der fünf, der zuletzt nicht mehr in Untersuchungshaft gesessen hatte.

Mit den Urteilen endet das am 17. Mai 2023 gestartete Verfahren nach fast zwei Jahren. Auf der Anklagebank saßen vier Männer im Alter von 46 und 58 Jahren sowie eine 77 Jahre alte Frau. Der Gruppe wurde vorgeworfen, eine Terrorvereinigung mit dem Namen „Vereinte Patrioten“ gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein und ein hochverräterisches Unternehmen gegen den Bund vorbereitet zu haben.

Die vier Rädelsführer wurden zu Freiheitsstrafen zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie acht Jahren verurteilt worden. Einer der Angeklagten ist der aus Brandenburg stammende Sven Birkmann, der mit vollem Namen genannt werden möchte. Bei der angeklagten Frau handelt es sich um eine früher in Mainz tätige Lehrerin, die die Anklage für die „politische Vordenkerin“ der Gruppe hält. In dem Prozess hatte sie häufig Verschwörungstheorien aus dem Reichsbürger-Milieu geäußert.

Terrorvereinigung wollte Personenschützer „ausschalten“ und „Klabautermann“ entführen

Die Gruppe wollte Deutschland laut Anklage ins Chaos stürzen. Mit Sprengstoffanschlägen sollte demnach die Stromversorgung zerstört, in einer Aktion mit dem Namen „Klabautermann“ Lauterbach aus einer Talkshow entführt und seine Personenschützer „ausgeschaltet“ werden.

Angeklagte in Handschellen.

Die Angeklagten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Auch die restlichen Pläne klingen so abstrus wie gefährlich: Laut Anklage wollten sie die Regierung absetzen und in einer konstituierenden Versammlung neue Führungspersonen bestimmen und die Verfassung des Kaiserreichs von 1871 wieder einführen. Ein Schauspieler sollte als Bundespräsident oder Bundeskanzler im Fernsehen auftreten und die Absetzung der Bundesregierung bekanntgeben.

Ziel der Gruppe soll laut Bundesanwaltschaft die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gewesen sein. Bei der Festnahme der angeklagten Männer spielte ein verdeckter Ermittler eine wichtige Rolle – er hatte einem der Angeklagten Waffen zum Kauf angeboten.

Prozess in Koblenz: 106 Verhandlungstage und 38 Zeugen

In dem langen Prozess sagten 38 Zeugen aus, fünf Sachverständige wurden gehört. Dazu zählten ein Facharzt für Psychiatrie, jeweils ein Experte vom Bundeskriminalamt und vom Landeskriminalamt, der Leiter der Abteilung Risikomanagement und Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und ein Sachverständiger von der Bundesnetzagentur.

Sven Birkmann sitzt im Gerichtssaal.

Sven Birkmann (rechts) stammt aus Brandenburg und will mit seinem vollen Namen genannt werden.

Am Donnerstag fand in dem Prozess der 106. Verhandlungstag statt. An einem gewöhnlichen Sitzungstag sind 13 Justizwachtmeisterinnen und -wachtmeister im Einsatz gewesen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Weitere Prozesse um die Gruppe

Am Oberlandesgericht Koblenz läuft derweil noch ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Unterstützer der Gruppe. Unter den dort Angeklagten ist auch die Tochter von einem der nun schuldig gesprochenen Männer. Ein weiterer Mann wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt Ende November 2024 zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann sich an der Vorbereitung von Hochverrat beteiligte und Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war.

Die Ermittlungen zu den „Vereinten Patrioten“ waren einst auch Ausgangspunkt für die Ermittlungen zu der Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen, deren mutmaßliche Rädelsführer im Dezember 2022 verhaftet worden waren. Auch diese Gruppierung, der eine frühere AfD-Bundestagsabgeordnete angehört, soll vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. (dpa)