Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew attackiert den Kanzler. Die Propaganda aus Moskau wird immer schriller – und enthüllt die Absichten des Kremls.
Völkermord-Aufrufe im Staatsfernsehen„Auf die Knie“ – Moskau attackiert Kanzler Scholz mit Hasstirade
Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew hat mit scharfen Worten auf Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert. In einem ausführlichen Beitrag in seinem Telegram-Kanal bezeichnete Medwedew, der seit Kriegsbeginn für seine in obszöner Sprache formulierten Wutreden bekannt geworden ist, den Kanzler als „schale Leberwurst“ sowie „Scheisskopf“ und hat der Ukraine das Existenzrecht abgesprochen. Scholz hatte zuvor erklärt, die Ukraine lasse sich von Russland „nicht in die Knie zwingen“. Es könne für das Land nur einen „gerechten Frieden“ geben, erklärte der Bundeskanzler und fügte an: „Das muss Putin endlich erkennen.“
Die neuerliche Solidaritätsbekundung nahm der Moskauer Lautsprecher Medwedew nun zum Anlass zum verbalen Frontalangriff auf den deutschen Bundeskanzler. Die Ukraine sei bloß ein „Herrschaftsgebiet“ von den USA und der Nato, polterte Medwedew und beleidigte in seiner Schimpftirade auch den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell als „hässliches Klumpengesicht“. Scholz titulierte Medwedew unterdessen als „Wurstmann“, der die „wahnsinnig sprudelnde Korruption“ und die „Veruntreuung westlicher Hilfsgelder durch die Selenskyj-Clique“ fördere.
Moskauer Hasstirade gegen den Kanzler: Medwedew attackiert Scholz
Scholz sei eine „Schande“ polterte der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrats weiter. Der Kanzler sollte „auf die Knie gehen“ und „Buße vor den Ukrainern tun“ forderte Medwedew. Scholz habe das ukrainische Volk „zur Ausrottung verdammt“ und gleichzeitig „das Wohl der ihm anvertrauten Deutschen geopfert“, schrieb der enge Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin weiter. Der Bundeskanzler sei damit auch für „den historischen Vertrauensverlust in die SPD, der Willy Brandt und Helmut Schmidt sich mehrfach im Grabe umdrehen ließ“ verantwortlich, hieß es weiter.
Kurz zuvor hatte Medwedew mit ähnlich schriller Wortwahl die USA attackiert: „Mögen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten den direkten Einsatz russischer Waffen durch Dritte aus erster Hand erfahren“, schrieb der Sicherheitsratsvize bei X (vormals Twitter) nachdem Wladimir Putin die Möglichkeit russischer Waffenlieferungen an Feinde des Westens in den Raum gestellt hatte.
Medwedew für schrille Wutausbrüche bekannt: „Von Hass und Alkohol zerfressen“
„Diese Personen oder Regionen wurden absichtlich ungenannt gelassen, aber es können all jene sein, die die Yankees und Co als ihren Feind betrachten“, schrieb Medwedew. „Ihr Feind sind die USA, und das heißt, für uns sind sie Freunde.“ Medwedew hatte zudem zuletzt angedeutet, den US-Schauspieler George Clooney foltern zu wollen und ein geschichtsklitterndes Essay veröffentlicht.
Der Putin-Vertraute fällt seit Kriegsbeginn immer wieder mit derartig vulgär formulierten Ausfällen auf. Die „Hassrede“ gegen Kanzler Scholz sei selbst für Medwedews Verhältnisse „krude und primitiv“ und ein Zeugnis dafür, „wie tief die politische Elite in Russland mittlerweile gesunken“ sei, erklärte der Historiker Matthäus Wehowski im sozialen Netzwerk X. Medwedew habe im Westen einst als „liberale Hoffnung“ gegolten, erinnerte der Historiker. Mittlerweile sei der Ex-Präsident jedoch „von Hass und Alkohol zerfressen“ und werfe mit „vulgären Tiraden“ um sich.
Putins Propagandisten: „Er droht der Ukraine regelmäßig mit Genozid“
Tatsächlich liefert Medwedew derartige Wutausbrüche mittlerweile nahezu im Wochentakt ab. „Er droht der Ukraine regelmäßig mit Genozid, der Auslöschung ihrer Kultur, Sprache und Staatlichkeit“, fasste Wehowski zusammen. „Seine primitiven Hassbotschaften erreichen sprachlich jeden Tag neue obszöne Tiefpunkte.“
Allein ist Medwedew mit den schrillen Worten in Moskau nicht. Während Kremlchef Putin sich meist noch zurückhaltend ausdrückt, haben die russischen Propagandisten zuletzt spürbar den Ton verschärft – und damit die Völkermord-Absichten Russlands noch einmal unterstrichen.
In seiner populären Talkshow auf dem Sender Rossiya-1 forderte TV-Moderator Wladimir Solowjow zuletzt eine russische „Sanitärzone“, die sich bis zum Atlantik erstrecken müsse. Ukrainer verglich Solowjow, der zu den führenden Moskauer Propagandisten gehört, dabei mit „Bettwanzen“, die ausgerottet werden müssten, um die Ukraine „zu säubern“. Zuvor hatte Solowjow zu Wochenbeginn auch Deutschland mit der Besetzung durch russische Soldaten gedroht.
Politik-Experten: Moskauer Drohungen dienen zur Abschreckung des Westens
Insbesondere nach westlichen Waffenlieferungen oder anderen Arten neuer Unterstützung für die Ukraine kommen aus Moskau seit Kriegsbeginn immer wieder derart skurrile Töne. Medwedews Wutausbrüche in den sozialen Netzwerken haben dem Ex-Präsidenten Gerüchte über einen übermäßigen Alkoholkonsum eingebracht. In Memes wird der Putin-Vetraute regelmäßig für seine Ausbrüche verhöhnt.
Politik-Experten sehen in den wiederholten Drohungen unterdessen eine Abschreckungsstrategie des Kremls. Moskau wolle Angst schüren – und den Westen so von weiterer Unterstützung der Ukraine abbringen, hatte der Kölner Politik-Experte Thomas Jäger bereits im Vorjahr im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt. Auch die neuerlichen Aussagen aus Moskau sorgten bei Russland-Kennern in dieser Woche eher für Stirnrunzeln als für Furcht. „Ist die Lage in Moskau nun bereits so verzweifelt?“, fragte etwa der ehemalige Ministerpräsident von Schweden, Carl Bildt, bei X angesichts der immer schriller werdenden Propaganda aus Moskau.