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BSW-ChefinWagenknecht attackiert Weidel – AfD steht für „Aufrüsten für Donald“

Lesezeit 4 Minuten
BSW-Gründerin und Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht hat beim Parteitag vor allem die AfD scharf angegriffen. Chris Emil Janssen

BSW-Gründerin und Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht hat beim Parteitag vor allem die AfD scharf angegriffen. Chris Emil Janssen

Fast schon trotzig stimmt Sahra Wagenknecht ihr Polit-Start-up in Bonn auf den Wahlkampf ein. Die Stimmung sei besser als berichtet.

Der Ort war äußerst symbolisch: Mitten im alten Regierungsviertel in Bonn traf sich am Sonntag das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu seinem Parteitag. Ein Ort voller Nostalgie für eine bessere Zeit, zumindest wenn man Sahra Wagenknecht heißt: „Wir wollen das deutsche Erfolgsmodell einer sozialen Marktwirtschaft mit starkem Mittelstand, international erfolgreichen Industrieunternehmen und sozialem Zusammenhalt wiederbeleben, weil es den Menschen damit einfach besser ging“, sagt sie im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Es ist eine Tatsache, dass in der Bundesrepublik noch vor 30 Jahren viele Dinge besser funktionierten als heute.“

In ihrer Rede zog Wagenknecht erwartbar eine positive Bilanz des ersten Jahres ihrer Partei. In den Koalitionsverträgen in Brandenburg und Thüringen habe die Partei „in einer kriegsbesoffenen Zeit die Friedensfrage in den Mittelpunkt gerückt“. Wagenknecht sagte weiter: „Das ist doch etwas, da können wir stolz auf uns sein.“

Kämpferisch attackierte sie die Kritiker des BSW und seiner Kaderparteistrukturen: „Euer Zorn ehrt uns, euer Zorn spornt uns an.“ Der Wahlkampf werde schwierig für eine junge Partei, da viele Menschen taktisch wählen würden, warnt Wagenknecht. Aber das BSW werde als erste Partei in der Bundesrepublik bei ihrem ersten Antritt in den Bundestag kommen, versprach Wagenknecht.

Die Inszenierung von Sarah Wagenknecht funktioniert

Was beim BSW funktioniert, ist auf jeden Fall die Inszenierung: In Bonn wird der Kongresssaal verdunkelt, die BSW-Delegierten schwenken Leuchtbänder, Einmarschmusik läuft vom Band: Die Parteigründerin und -chefin schreitet ans Rednerpult und kann sich zunächst nicht gegen den Applaus durchsetzen. Als es ruhiger wird, kritisiert sie als Erstes die kritischen Presseberichte der vergangenen Tage: „Und da schreiben die, die Stimmung im Raum ist schlecht, wo sind die denn?“

Die Partei hat sechs Wochen vor der Wahl an Aufmerksamkeit und Momentum verloren – zudem brechen alte Probleme wieder auf. Sorgenkind des BSW ist Hamburg, wo am 2. März auch das Landesparlament gewählt wird. Hier macht die Wagenknecht-Truppe vor allem mit Chaos von sich reden. Nur ein Beispiel: Dem „BSW-Rebellen“ Dejan Lazic wurde der Zutritt zum Landesparteitag am Samstag mit der Polizei verwehrt. Auch in Bonn kam Lazic nicht rein.

Wagenknecht-Kritiker: „Das ist komplett irre“

Zudem kursiert eine gnadenlose Abrechnung des Parteimitbegründers Torsten Teichert. Der 67-Jährige war einst persönlicher Referent des Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi. Er trat aus der SPD aus, war wenige Wochen bei der Linken, gründete das BSW mit und verließ es enttäuscht wieder. Wagenknecht habe ihn und viele andere „zuerst getäuscht – und dann enttäuscht“, schreibt er in einem Brief an die „liebe Sahra“, über den der „Spiegel“ berichtet. Er wirft Wagenknecht „klammheimliche Sympathie für das AfD-Denken“ vor.

„Wir brauchen keinen neuen Führer-Kult. Wir brauchen keine undemokratischen Parteistrukturen. Wir brauchen keine Hetze gegen Ausländer, Asylbewerber und Migranten“, schreibt Teichert. Wagenknecht habe der „gesellschaftlichen Linken eine weitere Spaltung zugefügt“. Linke, die nicht „selbstgerecht“ sein wollten, müssten „moderne Konservative“ werden. „Das ist komplett irre.“

Sevim Dagdelen: „Ami go home“

Die BSW-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen hat den Abzug aller US-Truppen aus Deutschland gefordert. „Wir können uns die 37.000 US-Soldaten in Deutschland schlicht nicht mehr leisten“, sagte Dagdelen beim Bundesparteitag des Bündnisses Sahra Wagenknecht in Bonn. „Deshalb sagen wir auch: Ami go home.“ US-Atomwaffen sollten ebenfalls weg aus Deutschland.

Sie wandte sich zudem erneut gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und sprach von „US-Angriffswaffen“. „Wir wollen keinen Krieg gegen Russland von deutschem Boden, wir wollen Frieden mit Russland“, sagte Dagdelen unter sehr großem Applaus der rund 600 anwesenden Mitglieder.

Sie fügte hinzu: „Die Vasallentreue deutscher Regierungen gegenüber den USA, diese Vasallentreue gegenüber den USA, die muss endlich ein Ende finden.“ Deutschland verdiene „Souveränität“.

Wagenknecht attackiert Weidel

BSW-Chefin Wagenknecht attackierte in ihrer Rede alle politischen Konkurrenten, am härtesten aber die AfD. Alice Weidels Forderung, 5 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Rüstung zu stecken, bringe der Partei einen neuen Namen ein: AfD stehe aus ihrer Sicht nun für „Aufrüsten für Donald (Trump)“, ruft Wagenknecht.

Eine halbe Stunde schneller als geplant kommt der BSW-Parteitag zum Ende. Das Schlusswort hat das einfache Parteimitglied und zugleich graue Eminenz des BSW, Sahra Wagenknechts Ehemann Oskar Lafontaine (81). „Es geht um zwei Dinge, um den Frieden und um die drohende Deindustrialisierung Deutschlands“, sagt er – und wirbt als Erstes für russisches Gas und Öl. Erneut relativiert er Putins Überfall auf die Ukraine mit dem Argument, die USA hätten „viel mehr Angriffskriege“ geführt. (mit dpa)