Die Parteien der Mitte sind nicht fähig, in einer Krise einen Kompromiss zu finden. Das politische Theater im Bundestag offenbart, dass es an versöhnenden Persönlichkeiten fehlt.
Chaos im BundestagSündenfall für die Demokratie
Nun haben wir also in rasendem Tempo einen Vorgeschmack auf österreichische Verhältnisse bekommen und werden schmerzlich an Weimar erinnert. Die Parteien der Mitte sind nicht fähig, in einer Krise einen Kompromiss zu finden. Es fehlen ihnen die versöhnenden Persönlichkeiten mit kühlem Kopf, die über ihre Parteigrenzen hinweg einen Konsens erzielen und damit Deutschland vor wachsendem Einfluss von Rechtsextremisten schützen.
Ganz grundsätzlich haben sich Demokraten an diesem 31. Januar 2025 an der Demokratie versündigt. Schämt Euch!
Der Auslöser für die politische Eruption im Land ist schwerwiegend. Innerhalb eines halben Jahres haben vier Männer aus Syrien, Afghanistan und Saudi-Arabien in vier Städten Menschen, auch kleine Kinder, ermordet. Männer, denen Deutschland Schutz vor Menschenrechtsverletzungen in ihren Ländern gewährt hat. Das muss Konsequenzen haben. Der Rechtsstaat muss wehrhaft sein. Gesetze müssen verschärft werden, aber – ganz wichtig –, auch angewendet werden. Dafür müssen Behörden besser ausgestattet werden.
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Das politische Klima in Deutschland wird weiter vergiftet
Zu den Fakten: Die Ampelparteien hatten der Verschärfung des Europäischen Asylsystems zugestimmt und ein zusätzliches Sicherheitspaket beschlossen. Beides wird von der Union im Bundesrat blockiert, weil ihr das nicht weit genug geht. Es passiert also nichts. Und auch die neuen Vorschläge der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik werden nicht Realität. Es passiert also weiter nichts. Aber das politische Klima in Deutschland wird weiter vergiftet.
Zu Friedrich Merz. Er hat nicht davon abgelassen, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik für ein Gesetz eine Mehrheit durch die Hilfe einer rechtsradikalen Partei in Kauf zu nehmen. Gegen den Willen regierender CDU-Politiker in den Ländern. Sie hatten angekündigt, dieses Gesetz im Bundesrat scheitern zu lassen, weil sie wie SPD und Grüne einen Stopp des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, deren Leben in ihrer Heimat gefährdet ist, für unvereinbar mit Grundgesetz und EU-Recht halten.
Friedrich Merz hat sein Wort gebrochen. Im November hatte der Unionsfraktionsvorsitzende gesagt, er wolle nicht auch nur ein einziges Mal mit der AfD eine Mehrheit herbeiführen. Er klang überzeugt und glaubwürdig. Und dann hat er sich bereits am Mittwoch für einen Antrag zur Migrationspolitik eine Mehrheit mithilfe der AfD beschafft. Das ist ein großer Triumph. Für die in Teilen rechtsextreme AfD. Und das ist Spaltpotenzial für die demokratische Gesellschaft in Deutschland. Und seine Union.
Der Mann, der Bundeskanzler werden will und dafür in Ermangelung einer absoluten Mehrheit einen Koalitionspartner suchen müsste, hat bereits als Mann der Opposition die Suche nach einem Kompromiss verweigert. Er ist nicht davor zurückgeschreckt, gemeinsame Sache mit Rechtsextremisten zu machen. SPD und Grüne baten am Ende einer dramatischen Debatte flehentlich darum, doch noch einmal in Ruhe zu verhandeln – so wie es die FDP zu Beginn des Tages als Brücke vorgeschlagen hatte, sich dann davon aber keinen Erfolg mehr versprach.
Es gibt diesen Spruch, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Merz hat sein Versprechen gebrochen, keine Mehrheit mithilfe der AfD herbeizuführen. Nun verspricht er, nach der Wahl am 23. Februar keine Koalition mit der AfD einzugehen. In Österreich hatte die konservative ÖVP jegliche Kooperation mit der FPÖ ausgeschlossen. Und nun wird ein Rechtsextremer Bundeskanzler. Immerhin: Das Gesetz wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt, obwohl Union, FDP, AfD und BSW Zustimmung angekündigt hatten und zusammen eigentlich über genügend Stimmen verfügt hätten.